Reformationstag (31. Oktober 2013) - Kirchengemeinde Blankenese

Reformationstag (31. Oktober 2013) - Dankesfest für die Beteiligten am Regionalen Kulturprogramm des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentags

31. Oktober 2013 von Kirsten Fehrs

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Ehrengäste,

selbst zu Gast heiße ich Sie herzlich willkommen zum Kultur- und Kirchenfest! Ich begrüße alle, die am Regionalen Kulturprogramm des Hamburger Kirchentags beteiligt waren und alle, die der Kirchengemeinde Blankenese verbunden sind, in deren Räumen wir heute feiern dürfen. Auch dafür sage ich schon jetzt herzlichen Dank, liebe Frau von Quistorp.

 

Diese Kirchengemeinde ist ja selbst ein exemplarischer Fall… dafür, dass Kunst und Kirche ein Verhältnis haben. Oder haben können: die Ausstellung „Arte susteMobile“, deren Abschluss wir gerade erleben, zeigt es. Faszinierend, wie die eigentlich doch sehr spröden Begriffe wie „Nachhaltigkeit“ und „Mobilität“ durch – im wahrsten Sinne  – bewegende Weise künstlerische Veranschaulichung erhielten. Danke, Frau von Quistorp, dass Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, Schirmherrin einer so gelungenen Kunst-Kommunikation zu sein.

 

Und weiter geht´s mit nachhaltigem Dank, denn wenn ich auch nicht wie vorhin angekündigt einen Festvortrag halte, so soll es doch wenigstens eine dankbare Rede zum Fest sein. So danke ich erst einmal allen, die das Regionale Kulturprogramm des Kirchentages zu dem gemacht haben, was es gewesen ist: eine Begegnung von Kunst und christlichem Glauben auf höchstem ästhetischem und inhaltlichem Niveau! Mit Witz, Geradlinigkeit, Irritation, Esprit!

Ich danke allen Beteiligten von Herzen. Es hat mir so viel Freude gemacht, mit Ihnen, den unterschiedlichen Kulturschaffenden im Regionalen Kulturbeirat  zusammen zu arbeiten. Was hat sich da alles entwickelt! Es atmeten die Horizonte. Es entstand Inspiration durch Gegenseitigkeit, durch Interesse – im wörtlichen Sinne durch das an Geist, was inter-esse, was zwischen uns ist.  Danke sage ich für diese Gegenseitigkeit, für Geistesblitz und Energie, für Zeit, Geduld und Mut und Experimentierfreude! Ich bin wirklich froh, Sie kennen gelernt zu haben und hoffe schwer auf Fortsetzung!

 

Danke sage ich auch Ihnen, den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern, für ihre Lust zum verbalen und nonverbalen Dialog. Danke, dass Sie uns Anteil haben nehmen lassen an Ihrem Schaffensprozess, an den Kreuz- und den queren Gedanken, die Infragestellung des Unsagbaren, die Freude an Kunst und ihre Frage nach Gott. Ich danke für Engel und Filme, Skulptur und Wagnis. Danke auch den Kirchengemeinden, die sich auf ein ungewöhnliches Unternehmen eingelassen haben und „Artists“ in ihre „Parish“ aufgenommen haben! Bei manchen wurde es der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Danke, dass sie sich haben fragen lassen und nachdenklich machen, wie wir als ChristInnen in dieser Welt eigentlich verständlich von Gott reden – oder vielleicht gerade nicht nur reden sollten… Sondern feiern.

 

Und zwar alle gemeinsam (zusammen natürlich mit den Organisatoren des Kirchentages). Denn alle Genannten haben dazu beigetragen, diese einzigartige Verbindung von Inspiration und Religion, von Kreativität und Neugierde, von Kunst und Kirche zu ermöglichen.

Ich fand faszinierend, wie sich, bei allen Unterschieden,  Kunst und Religion als Verwandte zeigten. Geradezu als Schwestern: Verwandt in ihrer Eigenschaft zu überraschen, Perspektiven zu verrücken oder gar auf den Kopf zu stellen. Darin haben beide eine große inspirierende Kraft. Und mehr noch: So wie viele religiöse Äußerungen eine Ausdrucksform brauchen, die auch künstlerisch gestaltet wird, haben umgekehrt Kunstwerke vielfach eine transzendente Dimension. Kunst und Religion brauchen mehr als das gesprochene Wort. Denn sie stehen für menschliche Grundeigenschaften: Die Sehnsucht nach Transzendenz und den Drang zur kreativen Äußerung. Dank  der unterschiedlichen künstlerischen (auch Musik-) Projekte auf dem Kirchentag habe ich noch einmal neu verstanden: Kunst ist eine geistvolle, inspirierte Gestaltungskraft, mithilfe derer Leben und Welt bewältigt werden. Religiöse Empfänglichkeit wie künstlerische Gestaltung machen jeweils auf ihre Weise das Geheimnis der Welt zugänglich. Und für beide ist schließlich unverzichtbar, die eigenen Gaben wie die eigene Begrenztheit zu akzeptieren und sich einzuüben in der Offenheit für den schöpferischen Geist und Einfall. Es ist sicher kein Zufall, dass sowohl ein bedeutender Theologe (Friedrich Schleiermacher) wie auch ein berühmter Künstler (Joseph Beuys), beide aus ihrer Perspektive, formuliert haben: Alle Menschen sind Künstler.  Oder noch pointierter dem Evangelium nahe ist Picasso: "Jedes Kind ist ein Künstler. Das Problem ist nur, wie man ein Künstler bleibt, wenn man größer wird."

 

Und ich sehe prompt Tausende von Kindern, die auf dem Kirchentag eine Kirche bauen. Mit buntem Kreuz, Lebenswort, Engeln und Wächtern des Lebens. Mit Pinsel, Stein, Hammer. Es sind so viele Bilder in mir vom Kirchentag. Bei Ihnen allen sicherlich auch. Vielleicht erzählen wir uns nachher davon. Wir haben aber auch Bilder gemacht – aus über 11000 Fotographien haben wir ein Buch zusammengestellt, das einfach Spaß macht. Wenig Text, viel Bild – voilà ein schönes Geschenk, fanden wir, für Sie und Euch – in bewährter Weise wird diese kleine symbolische Geste des Dankes nachher von Georg Büsch an die Frau und an den Mann gebracht.

 

Doch nicht allein zurück soll der Blick gehen. Sondern auch nach vorn. Nicht zufällig feiern wir heute, am  31. Oktober. Reformationstag. Martin Luther schlägt 95 Thesen an die Kirchentür zu Wittenberg. Es reicht. Protest, sagt er- es muss sich etwas ändern in dieser selbstzufriedenen Kirche, die unmoralisch, ablassgierig mit der Furcht vor Tod und Hölle ihr einträgliches Geschäft betreibt. Es war der Ruf nach Freiheit. Freiheit vom  bisherigen Welt- und Kirchengefüge. Protest sagte er mit einer Lebensüberschrift, die er höchst treffend so auf den Punkt brachte: Wo Christus ist, geht er allzeit wider den Strom.

 

Und so sind wir Protestanten bis heute. Mal mehr, mal weniger fromm. Mal mehr, mal weniger impulsiv (oder gar politisch!), sobald Menschenrecht und Schöpfungswürde mit Füßen getreten werden. Derzeit ist das höchst konkret. Sie wissen alle, die Situation der Flüchtlinge aus Lampedusa beschäftigt uns gehörig. Wir kommen schlicht an Grenzen. Auch wenn die herzliche, liebevolle Aufnahme der jungen afrikanischen Gäste in der St. Pauli-Kirche ihresgleichen sucht. Über hundert Ehrenamtliche versorgen sie seit 5 Monaten. Von morgens bis abends: Frühstücksdienst, Deutschunterricht, Waschen, Gesundheitsdienst, Nachtwache. Die Klasse 10 b von der Stadtteilschule nebenan gar hat einen Brief an mich geschrieben. Dass die Flüchtlinge seit den Polizeieinsätzen große Angst hätten. Und dass sie ihre Turnhalle als Winterquartier zur Verfügung stellen möchten und ob ich diese Turnhalle nicht weihen oder segnen könnte, damit dann die Polizei nicht herein kann. Ist das nicht ein Hoffnungszeichen, dass sich etwas ändern wird in dieser Welt? Und also: die Reformation ist jung! Obwohl sie 2017 500 Jahre alt wird….Apropos: wäre es nicht wunderbar, unser Zusammenwirken fortzuführen? Nicht so viel reden, sondern tun? Dr. Günther Wasserberg, der Beauftragte des Sprengels für das Thema, wird uns nachher mit einem kurzen Statement aufklären, wie auch künstlerisch das Reformationsjubiläum bedacht werden kann. 

 

Liebe Gäste, mit dem Dank, mit Rückblick und Ausblick ist alles gesagt, was zur Begrüßung zu sagen ist. Mit anderen Worten: das Fest kann beginnen. Das Fest, wie Sigmund Freud gesagt hat, der gebotene Exzess: dem werden wir uns jetzt hingeben und ich freue mich auf den nächsten Programmpunkt, der da lautet: Eröffnung des Buffets!

Datum
31.10.2013
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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