23. September 2023 | Hauptkirche St. Petri Hamburg

Übergabe der Erntekrone durch den LandFrauenverband Hamburg an die Freie und Hansestadt Hamburg

23. September 2023 von Kirsten Fehrs

Ansprache zu Deuteronomium 8,7-10

Liebe Erntedank-Gemeinde,

es muss einfach gleich am Anfang gesagt sein und nicht erst am Schluss: Von Herzen dankbar bin ich, dass es Sie und euch gibt! Euch, die Kinder, und Sie, die Landfrauen und Landwirte, die Sie mit all Ihren Erzeugnissen unser Leben bereichern, mit Obst und Gemüse, Getreide und Honig, mit Trachten und Erntekronen, Majestäten und was weiß ich noch alles.

Dankbar also, dass es euch gibt, freue ich mich, Sie und euch wiederzusehen. Nicht nur heute, bei meiner sage und schreibe 12. Erntekrone-Übergabe, sondern auch schon in den vergangenen Wochen und Monaten, in denen ich das Glück hatte, mehrfach an Schützenfesten, Bibelfliesenausstellungen und Jubiläen in den Vier- und Marschlanden teilzuhaben.

Und jedes Mal, wenn ich durch die Dörfer komme, staune ich über die unglaubliche Schönheit unseres Hamburger Landes. Die vielen Gärten und die Dove-Elbe, die schönen Häuser und Öko-Knicks, dieses sagenhaft frische, grüne, fruchtbare Land – es gibt doch wirklich etliche Erdenfleckchen, da hat Gott, unser Schöpfer, wahrlich nicht nur geübt, oder?

Das hat er wohl sowieso nie müssen, der große Weltenarchitekt mit all seinen Lebenswundern. Denkt nur, wie großartig allein ein Wirsingkohl mit all seinen Blättern und Rillen gebaut ist! Ein Wunder der Natur. Nein, Gott war immer schon ein Meister darin, uns staunen zu lassen und uns segenserfüllt und frei zu machen. Ich lese aus dem 5. Buch Mose, aus einem wunderschön farbenreichen Erntetext aus dem 8 Jahrhundert vor Christus:

„In ein schönes und fruchtbares Land wird Gott euch bringen.In der Ebene wie im Bergland gibt es dort Quellen und Bäche, die unerschöpflich aus der Tiefe hervorsprudeln. Es gibt Weizen und Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel, Olivenbäume und Honig. Es ist ein Land, wo ihr genug Brot zu essen habt; es wird euch an nichts fehlen. […] Wenn ihr euch dann satt gegessen habt, sollt ihr dem Herrn, eurem Gott, aus vollem Herzen danken für das gute Land, das er euch gegeben hat.“

Klingt fast wie das Paradies, nicht wahr? So verheißungsvoll. Die Verheißungen in der alten Bibel, sie sind oft so bilderreich und lebensnah. Man sieht alles vor sich – so wie hier am Altar: Honig, Gerste, Weizen und Äpfel – nur Oliven gibt‘s hier weniger.

Diese bildreichen Verheißungen haben und hatten vor allem einen Sinn: den Menschen Mut zu machen und Hoffnung. Indem sie ein Bild vom guten Leben in sich hinein senken konnten, das Farbe hat und Lebenskraft. Mit der Botschaft, dass das Leben auf dich wartet. Gutes Leben. Und diese Botschaft war damals so nötig wie heute. Denn das Volk Israel im 8. Jahrhundert vor Christus war komplett in der Krise. Ohne Heimat. Auf der Flucht. Hungrig. Und vor allem durstig nach Gerechtigkeit. Gerade haben sie eine lange Wüstenzeit hinter sich, 40 Jahre! Und nun kommen sie ins gelobte Land – und alles ist besetzt. Kein Platz für sie. Und kein Brot. Die Hoffnungen zerschlagen. Doch die Enttäuschung soll nicht das letzte Wort behalten!

Deshalb diese prallen, frischen Erntebilder: Kopf hoch, sagen die, schau dich um. Da ist doch alles, was du brauchst. Frisches, duftendes Brot und echte, regional-scharfe Radieschen, Kürbis und Knubbelkartoffeln – sattes Leben. Das soll sich in unseren Herzen verankern, liebe Gemeinde, dass es uns Kompass bleibt und Halt: Das Gute liegt so nah – und des Schöpfers Güte erst recht.

Es ist uns viel geschenkt in unserem Land, das immer noch zu den reichsten der Welt zählt. Trotz allem. Trotz Krieg und Inflation und all der vielen Krisen und Nöte, die zweifellos viele treffen. Die Verteuerung in der Produktion auch in der Landwirtschaft setzt allen zu. Sie ist ja wirklich spürbar und es ist bitter zu sehen, dass sich manche harte Arbeit kaum gelohnt hat.

Das macht viele ungeduldig, ja gerade nach der Pandemie sind die Menschen so dünnhäutig geworden, reizbar und ungnädig mit anderen und mit sich selbst. Und der Ton nicht nur in den so genannten sozialen Medien ist gefährlich scharf und abwertend geworden. Aber es gibt immer noch eine Mehrheit, die Mehrheit, liebe Geschwister, die ein Gegenbild in sich trägt – von Anstand und Dankbarkeit. Von gutem Leben. Und guten Taten. Menschen, die die Schöpfung schützen wollen und den Nächsten auch. Die etwas wissen von Mitmenschlichkeit und Herzenswärme. Auf den Dörfern weiß man allemal davon. Da ist die traurige Nachbarin eben nicht egal. Auf das Kind von nebenan wird immer mit aufgepasst. Man geht zum Tanzen und zum Chor und trägt einander, auch und gerade im Stimmungstief. Und: Man hängt gelbe Bänder in die Apfelbäume.

Gelbe Bänder in den Obstgärten, auch in den privaten, immer verbunden mit der Aufschrift: „Bitte bedienen Sie sich.“ Das sieht man immer öfter. Großartig. Ich kann mich tatsächlich, einfach so, bedienen und die Äpfel, Pflaumen, Birnen, die sonst nicht verwertet werden könnten, mitnehmen. Zur Arbeit. Nach Hause. Anderen schenken. Selbst essen. Apfelkompott machen oder Most. Eine echt geniale Idee, die sich über einige Jahre hin in ganz Deutschland ausgebreitet hat. Genial, weil es so großzügig ist und üppig und gar nicht kleingeistig, sondern getragen vom Geist des Zusammenhalts. Wer was übrig hat, schenkt‘s dem, der‘s braucht. Allemal für die ein Segen, die jeden Euro umdrehen müssen.

Vielleicht ist es das, was uns diese schwierigen Zeiten ganz neu lehren: Die Dankbarkeit für das, was wir doch immer noch haben. Das ganz neu sehen Lernen von dem, was unser Leben reich macht. Singende Kinder und alte Freunde und Menschen, die einen lieb haben. Danken schützt die Seele davor, bitter zu werden. Und danken ist immer verbunden mit Demut; so wenig ist doch selbstverständlich! So vieles hängt gerade nicht an unseren Kräften und liegt in unseren Händen.

Dass Landwirtschaft etwa „Draußenwirtschaft“ ist, mit Abhängigkeit von Klima und Wetter, ist ja gerade dieses Jahr deutlich an die Nerven gegangen. Mit dem kalt-nassen Frühjahr, dem sehr trockenen Frühsommer und zu vielen Niederschlägen während der Erntezeit war‘s für manche eine echte Achterbahnfahrt der Existenz. Das kann alles vorkommen, bessere und schlechtere Ernten kannte man immer.

Aber heutzutage wissen wir auch ganz genau, zum natürlichen Auf und Ab kommt der Klimawandel dazu. Mit fatalen Folgen weltweit. Bitte lasst uns nicht aufhören, liebe Geschwister, um eine Ethik der Landwirtschaft zu ringen, die den dringlichen Klimaschutz nach vorn stellt, ohne dabei die ökonomische Not etlicher Betriebe zu vergessen. Ein Spagat, ich weiß – aber hilft ja nix. Glücklicherweise sehen das in der Landwirtschaft – und bei den Landfrauen – die meisten so, und tun ihr Möglichstes. Und wiederum, am Anfang wie am Ende: Von Herzen dankbar bin ich, dass es euch gibt.

Aus vollem Herzen also danken, dazu haben wir allen Grund. Am Erntedankfest allemal. An dem mit einer gewissen Hemmungslosigkeit einmal nicht das im Vordergrund steht, was fehlt, sondern was alles möglich ist im Leben. Auch weil Gott uns segnet, am Morgen bis zum Abend unseres Lebens. Dass er Kraft gibt, damit wir klare Entscheidungen treffen. Vertrauen, um neue Anfänge zu wagen. In jedem Fall – jenseits aller Friedlosigkeiten – gesegnet sind mit dem Frieden Gottes, höher als alle Vernunft, er bewahrt unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Berno Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Versöhnungskirchengemeinde Schwerin-Lankow

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite