26. Februar 2023 | Nathan-Söderblom-Kirche zu Reinbek

Gottesdienst zur Verabschiedung von Propst Matthias Bohl

26. Februar 2023 von Kirsten Fehrs

Predigt zu Matthäus 6 und Psalm 91

Liebe Festgemeinde, lieber Matthias,

Wo dein Schatz ist, ist auch dein Herz“. Dieses Wort aus dem – wie sich der Lektor beim Synodengottesdienst am Donnerstag so sinnhaft versprach – Matthiasevangelium, dieses Wort, wenige Verse vor dem Predigttext und deinem Lieblingstext eben, hat uns in den vergangenen Tagen gemeinsam begleitet. Zu Beginn der Fastenzeit, aber eben auch bei der Synodenzeit und im Kriegsgedenken. Hin zu dieser deiner Verabschiedung, zu der nun so viele, auch synodale Weggefährt:innen zusammengekommen sind. Gefühlt ist, so scheint´s, der gesamte Kirchenkreis heute hier anwesend, und ein guter Teil der Landessynodalen aus den vergangenen vier Legislaturperioden ebenfalls, seien Sie alle willkommen!

Unser aller Herzen sind verbunden mit dir, lieber Matthias, und gemeinsam sind wir auf der Suche nach dem Schatz im Himmel – vor allem auf Erden. Friedenssehnsüchtig, klimatisch engagiert, herrlich divers, anstrengend genau, rechtsförmig mit digitalen Links. Du liebst das, lieber Matthias. Synoden hier wie dort, Rechtsausschuss, Ökumene-AG´s und deinen Konvent natürlich, ach, gern alle Konvente, nach dem Motto: Gebt mir mehr!

Und so bist du wahrlich im Sinne des synodalen Wortes gemeinsam ausnahmslos mit allen auf dem Weg. Auch bis spät abends, wenn sich nach hitzigen Debatten im Synodenplenum Versöhnungsszenen ereignen (vorzugsweise in der Sailor-Bar), die schwirrende Luft gefüllt mit Witz, Nähe und Zuneigung zu so unsagbar vielen liebenswerten, klugen Leuten, die im Weinberg des Herrn wirklich harte Arbeit leisten, gern bis nachts und morgens wieder.

Und du, lieber Matthias, mittenmang, als Propst seit 24 Jahren schon, der dienstälteste Propst. Eine Institution geradezu, mitsamt deinem großen Herzen, in dem Unzählige Platz haben. Wenn jemand weiß, welch Schatz die Gemeinschaft der Glaubenden in unserer Kirche darstellt, welche Kraft sie entfalten kann, so bist du es. Denn so habe ich es immer empfunden: Du bist genau einer von denen, die im Weinberg des Herrn zu den ersten gehören, die mit der Arbeit anfangen und zu den letzten, die aufhören. Sagenhaft fleißig – im Hinhören und Zureden, im Kümmern, Sorgen, und Aufhorchen, im ora und labora. Eine immer so enge Verbindung ist´s bei dir: Beten und arbeiten. Glauben und Tun des Gerechten.

In dir ist ein immerwährender Anspruch und Ansporn, jeder Stunde ihre Möglichkeiten abzugewinnen. Die von Gott geschenkte Zeit zu einer gefüllten oder gar erfüllten zu machen, auch und gerade als Kirche für andere. Und dies umtriebig. Aktiv. Klärend. Nicht nachlassend. Eigentlich – bis haargenau zu diesem Moment jetzt. Noch voll im Lauf, so kam es mir in den vergangenen Wochen vor, landest du heute direkt ohne Zwischenstopp im Ruhestand. Vollbremsung.

Nein, nicht ganz – ein paar Tage, wenn nicht Wochen wirst du gebraucht haben, um deine Aktenberge in deinem Dienstzimmer aufzuräumen (Ihr wisst, das wohlgeordnete Chaos, das Matthias in den Videokonferenzen dezent hinter einem Bettlaken verborgen hatte). Nun also: Aufgeräumt geht es ins Neue, ab ins losgelassene Leben. So dass dir die Schätze des Himmels, das wünschen wir dir ja alle hier, einfach auch mal so zufallen möge. Ohne harte Arbeit, im Schwingen etwa und im Singen – gerade du mit deiner tragenden Stimme hast ja diesem Schatz der Musik besonders dein Herz geschenkt. Wie schön, dass sie heute so wunderbar mit Orgel und Trompete aufspielt – wie wohl damals schon bei eurer Hochzeit, liebe Bärbel, bei der auch „himmlische Musik“ die Ohren und Herzen erfreute – 1987 war das. Seitdem seid ihr beide immer gemeinsam unterwegs. Buchstäblich bei Kirche unterwegs. Daher schon kennen wir uns. Auch später als Pastorenehepaare, die so ihre eigene Geschichte mit ihrer Kirche haben. Zugleich ihr loyalst verbunden sind UND einer politischen Tradition, die unsere evangelische Kirche gerade ab den 80er Jahren geprägt hat.

Und so ist es doch gut gefügt, dass vorgestern der Tag des Apostels Matthias gefeiert wurde, eben der Jünger, der nach Leidensweg und Auferstehung Jesu gewählt wurde – per Los gewählt! Nicht gleich als Propst, das kam später, aber als Zeuge der Liebe und der Auferstehung des Lebens. Und ich glaube, diese Hoffnungsbotschaft, sie hat dich schon als Jugendlicher in Niendorf gepackt, um sie in die geschundene Welt hineinzutragen. Und zwar erst einmal, so begann es, mit der Pädagogik. Und dann mit der Theologie, was für ein Glück für uns. So landest du schließlich in Glinde, in deinem geliebten Kirchenkreis Stormarn. Zu diesem Kirchenkreis gehörst du aus tiefstem Herzen, 13 Jahre lang als beliebter Gemeindepastor und ab 1999 als Propst, der tapfer alle Veränderungsprozesse  einschließlich der Fusion 2009 mitgestaltete, bisweilen erlitt. Niemals aber ohne dein Friedenssehnen, dein unbeirrtes.

Und so gehört ein  weiterer Namensvetter in diese Reihe – einer, der hier im Kirchenkreis lange als Gottespoet wirkte. Klar: Matthias Claudius. Auch er einer, dessen Herz an Sprache, Glauben und Musik hängt, in dieser Komposition. Und ich weiß, dass dich gerade in den vergangenen Monaten dieses eine, besondere Lied von ihm bewegt hat:

´s ist Krieg! ´s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
Und rede du darein!
´s ist leider Krieg – und ich begehre         
Nicht schuld daran zu sein!

Dies Gebet aus dem Jahr der Französischen Revolution 1789 steht in einer Reihe bewegender Zeugnisse zum Frieden. Und das ist und war immer auch dein Thema, lieber Matthias. Ja, es ist das Thema unserer Generation. In dem wohlvertrauten Dreiklang Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung. Nicht als Formel wiederholt, sondern als ethisches Bekenntnis bekräftigt, allem Krieg und Krise zum Trotz. Und bei aller friedensethischen Klärung jetzt – nach wie vor ist doch wahr, dass Abrüstung und Frieden, gerechte Wirtschaftsbeziehungen und ökologische Bewahrung allen Lebens – dass es Menschen geben muss, die für diesen Zusammenhang konstant einstehen. Die als Weltgeschwister ein Herz füreinander haben, ja haben müssen, wenn es in dieser zerrissenen Welt etwas werden soll mit einer friedvolleren Zukunft. Dafür stehst du, alle hier wissen das. Hartnäckig, kompromisslos ausdauernd und versöhnungsbereit.

Und so hast du auf allen Ebenen danach gesucht, dafür auch Strukturen zu schaffen. Als Vorsitzender des Kita-Verbandes samt goldenem Kronenkreuz, als Mitstreiter im ACK-Vorstand und im Ökumenischen Forum, als höchst pragmatischer Mitdenker im Rechtsausschuss der Synode, als zeitweiliger Verwaltungspropst in Kirchenkreis Stormarn, als wegen seiner Kompetenz, Erfahrung und großen Hilfsbereitschaft potzbeliebter Kollege im Pröpst:innen-Team – und nicht zuletzt als ein sehr fürsorglicher und aufmerksamer Propst seiner Propstei, der wirklich alle im Blick hatte. Die Gemeinden mit ihren Ehren- und  Hauptamtlichen. Die Pastor:innen, als ein jenseits hierarischer Eitelkeiten verständnisvoller Chef und Mitbruder, mitfühlend und sagenhaft zuverlässig – und auf eine ganz feine Weise bescheiden.

Ich danke dir von ganzem Herzen für all das, was du unserer Kirche geschenkt hast. Danke für all deine Kraft, deine Hartnäckigkeit fürs Gute, deine Geradlinigkeit auch, deine Freundschaft und deinen herzlichen Humor. Und ich danke Gott dafür, dass er dir und euch als Familie dafür die Kraft gegeben.

Und nun geht´s los. Gemeinsam mit Bärbel und deiner Familie. Begleitet von dem Engelwort überhaupt, heute an Invokavit besonders: Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Dass sich dich auf Händen tragen und du deine Füße nicht an einen Stein stoßest. Mensch Matthias, so lässt sich´s doch wahrlich neu aufbrechen!
Amen.

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