35. Medizinisch-Theologisches Kolloquium widmete sich „Medizin im Nationalsozialismus“

„Wie konnte das geschehen? – Die Vergangenheit erforschen und für die Gegenwart lernen“

Prof. Dr. Uwe Danker, Bischof Gothart Magaard, Dr. Sebastian Rudolf (Helios Klinikum Schleswig), Prof. Dr. Alf Christophersen, Inke Asmussen und Maike Lauther-Pohl (Evangelische Akademie), die den Abend moderierte.
Prof. Dr. Uwe Danker, Bischof Gothart Magaard, Dr. Sebastian Rudolf (Helios Klinikum Schleswig), Prof. Dr. Alf Christophersen, Inke Asmussen und Maike Lauther-Pohl (Evangelische Akademie), die den Abend moderierte.© Antje Wendt, Nordkirche

30. März 2023 von Antje Wendt

Schleswig. Die Evangelische Akademie der Nordkirche, das Helios Klinikum Schleswig sowie Bischof Gothart Magaard hatten Ende März zum 35. Mal zum Medizinisch-Theologischen Kolloquium nach Schleswig eingeladen. An Ende stand die Frage, wie die damaligen Menschen ihr Handeln vor sich selbst rechtfertigen konnten und wie eine Gesellschaft sich vor einem derartigen Wertewandel schützen könne. Eine öffentliche Debatte, in denen wir uns mit Problemen befassen, aber auch der kritische Blick auf unser eigenes Handeln, seien wesentlich, so das Resümee der Referenten.

Zwei Experten und eine Expertin verschiedener Fachrichtungen warfen im Rahmen des Kolloquiums einen detaillierten Blick zurück auf die Rolle der Medizin im Nationalsozialismus, ihrer schuldhaften Verstrickung und ihrer Vergehen. Die Voraussetzungen für die geschilderten Taten der damals Beteiligten – Mediziner, Verwaltungspersonal, aber auch die überwiegend weiblichen Pflegekräfte – setzten einen Zivilisationsbruch voraus, der für die Zuhörenden an diesem Abend schwerbetroffen macht. Doch es bliebe nicht dabei, die Vergangenheit zu beleuchten. So stellte sich folgerichtig die Frage, was eine Gesellschaft anfällig mache für diesen schleichenden Wertewechsel.

Der renommierte Historiker Prof. Dr. Uwe Danker stellte eingangs das NS-Konzept der Volksgesundheit dar, dessen Maß allein die Nützlichkeit des Menschen war. „Rassenlehre“ und „Erbgesundheit“ gehörten zum Kanon des Medizin-Studiums, Gesetze ermöglichten Maßnahmen wie die Zwangssterilisation, nicht der Schutz des individuellen Lebens, sondern die Verpflichtung zur Volksgesundheit waren die Grundlagen für die inhumane NS-Medizin. Inke Asmussen ergänzte als Pflege-Expertin, wie sich die Ausbildung der damaligen Schwestern gestaltete. Auch in diesem Bereich galt die Erziehung der Bevölkerung zur Volksgesundheit. Beide Vortragenden erläuterten, wie die Beteiligten sich dem System einfügten und kooperierten und sich dabei einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz sicher sein konnten. „Hunderttausende wurden getötet, starben an sinnfreien Forschungs-versuchen oder an unterlassener Versorgung. Die meisten Verantwortlichen wurden niemals zur Verantwortung gezogen und hatten nach 1945 auch kein Schuldbewusstsein“, so Danker. Der Theologe Prof. Dr. Alf Christophersen erläuterte den Anwesenden, wie „Werte“ und „Ordnung“ sich anpassten und neu gedeutet wurden. Kombiniert mit einem ausgeprägten Obrigkeitsdenken und dem Ausgrenzen von denjenigen, die nicht dieser Ordnung angehörten, konnten sich auch Theologen darauf berufen.

„Wir müssen uns vorsehen mit Gewissheiten und uns immer wieder fragen, wie wir vorbeugend handeln können“, schloss Bischof Gothart Magaard die Veranstaltung.

Fotos unter: https://www.nordkirche.de/presse/fotoportal

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