3. Mai 2013 - Zentrum Jugend beim 34. DEKT

3. Mai 2013 - Predigt zum Feierabendmahl Zusammen-gefügt

03. Mai 2013 von Andreas von Maltzahn

1.Kor 12,21-27

Gottes Geistkraft sei mit euch allen! Amen.

 

Liebe Geschwister,

 

Traumzeit: Naturvölker wie die Prärieindianer Nordamerikas schicken ihre jungen Leute auf Traumsuche. Allein ziehen die los. Sie fasten, und es erweitert sich ihr Bewusstsein. Tagelang sind sie allein, schauen in die Glut ihres Feuers, bis sie sich selbst begegnen – oder ist es Gott? Sie finden, wer sie sein sollen. Entdecken träumend, was ihre Aufgabe im Leben ist. Finden so ihren Namen für das erwachsene Leben.

 

Solche Visionssuche ist entscheidend für unser Reifen. Die Träume lehren uns wünschen. Sie bereiten in uns den Weg zu einer Hoffnung, die unsere Wirklichkeit verwandelt sehen will. In diesem Träumen ist etwas von Gott.

 

Wovon träumt ihr, wenn ihr im Innersten, wenn ihr tief in eurer Seele nach der Zukunft fragt?

 

Für mich damals, als ich in eurem Alter war, waren es vor allem zwei Dinge: Ich wollte ich selbst sein, unverwechselbar, keine Massenware. Zugleich wollte ich Teil einer großen Gemeinschaft sein – Teil eines Ganzen, das die Gesellschaft verändert. In der DDR – dort bin ich groß geworden – war beides nicht gern gesehen. Der Staat, der sein Volk einmauerte, mochte keine eigenständigen Köpfe. Schon gar nicht schätzte er die evangelische Kirche, in der freies Denken zu Hause war und in der eine friedliche Revolution ihren Anfang nahm. In meiner Kirche konnte ich beides sein – ganz ich selbst und Teil einer großen Gemeinschaft, die etwas verändern wollte.

 

Wovon träumt ihr, wenn ihr groß träumt? Was möchtet ihr bewegen? Wer willst du sein?

 

Was wir vorhin aus dem 1. Brief von Paulus an die Gemeinde in Korinth gehört haben, ist für mich wie eine Antwort auf eine Visionssuche. Da höre ich eine Stimme, die deutlich sagt:

 

‚Du wirst gebraucht. Du bist wichtig. In deiner Eigenart, so wie du bist und sein kannst.

Du wirst nicht nur gebraucht, um dem Fachkräftemangel der deutschen Wirtschaft abzuhelfen – wer wollte denn auch nur ein Rädchen sein im großen Getriebe?! Du bist nicht nur wichtig für deine Freunde, deine Familie – manchmal hat man es ja auch schwer miteinander. Du bist auch und vor allem wichtig für Gott. So verrückt das klingen mag – er hat sich nach dir gesehnt! Er hat gewollt, dass du lebst. Und er wünscht sich, dass du ihn mehr und mehr entdeckst, ihn mehr und mehr verstehst, mit ihm lebst. Auf deine Art.

 

Ihr werdet gebraucht. Ihr seid wichtig für Gott, denn er setzt Hoffnung in euch: Dass die Welt nicht bleibt, wie sie ist – so zerrissen und geschunden. Die Schöpfung sehnt sich nach Erlösung. Und wir wissen: Es braucht eine andere Art zu leben und zu wirtschaften – sanfter, behutsamer, der Erde verbundener. Sage niemand, das sei aussichtslos! Die Elbe z. B. war früher ein toter Fluss, umgekippt wegen der eingeleiteten Chemikalien. Inzwischen ist in die Elbe wieder Leben eingezogen. Veränderungen sind möglich!

 

Ihr werdet gebraucht. Ihr seid wichtig für Gott, denn er setzt Hoffnung in euch – auch die Hoffnung, dass die Kirche nicht einfach bleibt, wie sie ist. Ja, es gibt viel Gutes bei uns. Wo findest Du sonst einen Laden, wo jeder gleichberechtigt mitmachen kann – egal ob Banker oder Punk, ob pubertär oder stromlinienförmig?! Und doch: Wir sind angewiesen auf Erneuerung. Manches ist erstarrt. Oft kreisen wir nur um uns selbst. Wir brauchen eure Sehnsucht. Wir brauchen eure Unzufriedenheit und Kritik. Wir brauchen eure Hoffnung, damit wir lebendig bleiben und nah an den Themen der Zeit.

 

Ihr werdet gebraucht. Ihr seid wichtig für Gott und seine Sache – so verschieden ihr seid, auf je eigene Art.‘ Das ist das erste, was ich höre, was mir wichtig ist. Etwas Phantastisches kommt hinzu: So unterschiedlich wir sind – wir sind miteinander verbunden, verbunden in Christus. Ja, Paulus geht so weit zu sagen: „Ihr seid der Körper des Messias, (des Retters), jede und jeder ein Teil davon.“ (V.27) Mehr als eine Clique Gleichgesinnter! Mehr als ein Kreis von Freunden, wo man sich gegenseitig mag! Zusammen-gefügt durch Gott sind wir, sagt die Bibel! Verbunden in Christus! Verbündete für die Sache Gottes! Wenn das nicht groß gedacht, groß geträumt ist!

 

„Ihr seid der Körper des Messias, (des Retters), jede und jeder ein Teil davon.“ Was das heißt? Manchmal kannst du die Hand sein, die anpackt, wenn Menschen es brauchen. Manchmal bist du vielleicht das Auge, das nicht wegschaut, wenn es wieder gegen Ausländer oder Juden geht. Du kannst die Stimme derer sein, die sich nicht mehr trauen den Mund aufzumachen – nicht immer, aber manchmal. Du kannst das Herz sein, das mitfühlt und versteht, wo andere sich nur noch betäuben. Du kannst die Umarmung sein, in der man sich bergen kann, wenn man fertig ist und ohne Hoffnung. Und manchmal wirst du der Widerstand sein, wenn die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt.

 

All das kannst du sein und noch vieles mehr – auf deine Art, aber nicht allein, sondern verbunden in Christus, zusammen-gefügt durch Gott, Verbündete für das Leben. Das gibt dem Ganzen Leichtigkeit: Ja, die Aufgaben sind groß, aber Gott ist mit dabei. Wir sind verbunden – miteinander und mit ihm. Wir können etwas fühlen von Gott in uns. Wir können ihm Raum geben unter uns und in uns.

 

Ich bin in meinem Leben an manche Grenze gekommen, gegen manche Mauer gerannt. Aber ich habe auch erlebt, dass Dinge geschehen, die niemand für möglich gehalten hat: Der Staat damals, die anderen hatten die ganze Macht: Soldaten, Panzer, Staatssicherheit. Und doch brachten wir die Mauer zum Einsturz – gewaltlos, im Sehnen nach Freiheit und einem Leben in Würde. Seitdem weiß ich: Wer es mit Gott versucht, kann auch Unmögliches bewirken. Darum: Träumt! Träumt, was Gott erträumte, als er uns und diese Welt ins Leben rief!

 

Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alles, was wir verstehen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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