30 Jahre Mauerfall: Gedenkgottesdienst mit Bischöfen aus Ost und West
06. November 2019
Für viele werden hier dunkle Erinnerungen wach: Der ehemalige Grenzübergang Lübeck-Schlutup ist heute ein Grenzmuseum. Mit zwei Regierungschefs und zwei Bischöfen wird hier am 9. November 30 Jahre Mauerfall gefeiert.
Infos über die Grenzdokumentationsstätte Schlutup:
www.grenze-luebeck.de
Früher war der DDR-Grenzübergang Lübeck-Schlutup ein Ort des Abschieds und der Trauer. 30 Jahre nach dem Mauerfall aber soll hier fröhlich die Wiedervereinigung gefeiert werden. Mehr als 3.000 Menschen werden rund um den 9. November zu Party, Gottesdienst und Polit-Talk erwartet. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und seine Amtskollegin aus Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), werden sprechen.
Zum Festgottesdienst kommen mit Gothart Magaard (Schleswig) und Tilman Jeremias (Greifswald) gleich zwei evangelische Bischöfe. Die beiden Bischöfe seien dankbar für diesen gemeinsamen Gottesdienst an historischem Ort, heißt es in der Ankündigung. "Es ist eine Gelegenheit, sich an diesem besonderen Ort zu erinnern, zu begegnen, auszutauschen und dabei auch auf das heute zu schauen und die Chancen zu sehen, wenn wir uns auf den Weg machen. Und dabei darauf zu vertrauen, dass es gut werden kann“, so Bischof Magaard.
Bischof Jeremias fügt hinzu: "Die inneren Mauern stürzen ein, wenn ich dem vermeintlich zu hassenden Menschen gegenübersitze und erkenne: Er ist ja wie ich. Christlicher Glaube heißt, die Mauern niederreißen, die äußeren und die inneren".
Hinter der Schlutuper Grenzstation kamen noch zwei Häuser, dann begann offiziell das Territorium der DDR. Weiße Pfähle mit roten Köpfen - "Streichhölzer" genannt - markierten die deutsch-deutsche Grenze. Wer es wagte, sie zu übertreten, musste mit unangenehmen Begegnungen mit den DDR-Grenzern rechnen. In Sichtweite stand hier der Grenzzaun mit Stacheldraht und Selbstschussanlagen, dessen Überwindung zahlreiche DDR-Bürger mit dem Leben bezahlen mussten.
Grenzstation als Museum
Aus der ehemaligen Grenzstation ist mittlerweile ein Museum geworden. Davor stehen ein alter Trabbi, ein Stück Berliner Mauer und Reste der ehemaligen Grenzzäune. Neu ist der schwarz-rot-goldene Grenzpfahl mit DDR-Emblem, der hier erst im Oktober eingegraben wurde. Dahinter beginnt Mecklenburg-Vorpommern. In der Nachbargemeinde Selmsdorf erinnert nichts mehr an die alten Grenzanlagen.
Vor allem bei älteren Besuchern, die damals die deutsch-deutsche Grenze passieren mussten, kommen im Grenzmuseum oft verdrängte Gefühle hoch, weiß Museumsleiterin Ingrid Schatz. Die Arrestzelle etwa ist noch original erhalten. Die Schilder "Halt! Hier Grenze" und "Sperrgebiet" standen nicht weit entfernt. Der Schlagbaum und die Uniformen der Beamten sind original, auch wenn statt echter Grenzer nun lebensgroße Figuren im Museum stehen. Ingrid Schatz: "Es gibt hier nicht ein Stück, das nachgebaut ist."
Erinnerungen an den Stacheldraht
Zahlreiche Fotos erinnern an die Zeit, als die Grenze zwischen Schlutup und Selmsdorf für viele unüberwindbar war. Die Region war damals besonders scharf bewacht, gehörte doch das mecklenburgische Ufer am Dassower See weiter nördlich zur DDR, der See selbst mit Zugang zur Trave dagegen zur Bundesrepublik. In Dassow sollte eine hohe Mauer am Ufer den Blick auf das Ostseebad Travemünde verhindern.
Das Fest zum Mauerfall beginnt mit einer Party: Oldies aus West und Ost stehen am Freitag ab 18 Uhr im Festzelt am Grenzmuseum auf dem Programm. Der Festgottesdienst mit beiden Bischöfen beginnt am Sonnabend um 10.30 Uhr. Zum anschließenden "Polit-Talk" mit Günther und Schwesig kommen auch die Bürgermeister Jan Lindenau (Lübeck) und Marcus Kreft (Selmsdorf). Für den Nachmittag sind Trabbi-Korso, Trecker-Fahrten und Shantys geplant.
Fest zum Mauerfall
Der ehemalige Grenzübergang wird dann um 21.53 Uhr mit einem großen Feuerwerk erleuchtet. Für die Schlutuper hat dieser Zeitpunkt eine besondere Bedeutung. Um 21.53 fuhr nach dem offiziellen Ende der Reisebeschränkung am 9. November 1989 der erste Pkw von Selmsdorf nach Schlutup - es war ein Wartburg.