„Zur Freiheit befreit“ – Ökumenisches Gedenken zum 9. November in Ratzeburg

30 Jahre nach dem Mauerfall an biblische Friedensvision erinnert

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt predigte im Ökumenischen Gottesdienst im Gedenken an die friedliche Revolution und den Fall der Mauer vor 30 Jahren
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt predigte im Ökumenischen Gottesdienst im Gedenken an die friedliche Revolution und den Fall der Mauer vor 30 Jahren© Stefan Döbler, Nordkirche

09. November 2019 von Stefan Döbler

Ratzeburg/Schwerin/Hamburg. In einem Ökumenischen Gottesdienst haben die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), das Erzbistum Hamburg und die Evangelisch-Lutherische Domkirchengemeinde zu Ratzeburg heute (9. November) an die friedliche Revolution und den Fall der Mauer vor 30 Jahren erinnert.

Den Gottesdienst zum Thema „Zur Freiheit befreit“ im Ratzeburger Dom gestalteten Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, Nordkirche, Erzbischof Dr. Stefan Heße, Erzbistum Hamburg, und Domprobst Gert-Axel Reuß, Domkirchengemeinde, gemeinsam mit Zeitzeuginnen und -zeugen aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Im Verlauf des Gottesdienstes wurde auch der Opfer der Novemberpogrome 1938 gedacht.

Die Predigt hielt Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt. „Vor 30 Jahren führte der friedliche Einsatz für Demokratie und Menschenrechte zur Überwindung von Unterdrückung, von Unrecht und Unfreiheit“, hob sie darin hervor. Die Friedliche Revolution habe sich Bahn gebrochen – ermutigt von den Freiheitsbewegungen in Teilen Osteuropas, in Polen, in der Tschechoslowakei, in Ungarn. Mit der Erinnerung daran sei auch der Dank für den mit hohem persönlichen Risiko verbundenen Einsatz so vieler Menschen verbunden.

Die Landesbischöfin verwies zugleich auf die Ambivalenz dieses Gedenktages und rief den 9. November vor 81 Jahren ins Gedächtnis: „Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens wurden erniedrigt, geschlagen, verfolgt, gejagt und ermordet. Millionenfaches Morden und Töten in deutschem Namen über Jahre hinweg nahm seinen brutalen Anfang.“ Während man heute die Grenzöffnung vor 30 Jahren feiere, würden zugleich „die Sicherheitsvorkehrungen vor Synagogen und jüdischen Einrichtungen verschärft, weil aus mit Hass, Rassismus und Antisemitismus erfüllten Worten, aus Beleidigungen und tätlichen Übergriffen grausame Morde geworden sind“. Angesichts dessen sei es ermutigend und notwendig, dass viele Menschen in Ost und West zusammenstehen gegen Hass, Hetze und Rassismus, in Worten und Taten Solidarität und Verbundenheit zeigen mit denen, die angegriffen werden.

Die Landesbischöfin erinnerte an das Bekenntnis zur Gewaltfreiheit in der Friedlichen Revolution 1989: „Für viele war damals eine biblische Vision leitend, die für Juden und Christen gleichermaßen zu den großen Verheißungen ihres Glaubens zählt, eine Vision des Propheten Micha. In ihr heißt es: ‚Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln.‘“ Diese Vision sei eine seit den 1980er Jahren Ost und West verbindende Hoffnung gewesen, getragen insbesondere durch kirchliche Friedensgruppen. Wie damals hält auch heute die Ökumenische Friedensdekadeder Kirchen alljährlich die Hoffnung auf Frieden wach, in diesem Jahr unter dem Leitwort „Friedensklima“. Viele junge Leute, die weltweit bewegt sind von den globalen Klimaveränderungen, aber auch Menschen aus Partnerkirchen der Nordkirche wie in Afrika, Europa und Südamerika, treibe die Angst um, dass Klimaveränderungen künftig noch mehr die Ursache für kriegerische Auseinandersetzungen um Ressourcen sein werden, so Kühnbaum-Schmidt.

„Im 30. Jahr der Friedlichen Revolution ist es an der Zeit, dass wir uns erneut und verstärkt dem Frieden widmen“, sagte die Landesbischöfin. „Dem gesellschaftlichen Frieden in unserem Land, unserem Zusammenleben und unserem Miteinander. Und dem Frieden weltweit, der weder zu trennen ist vom Thema der globalen Klimaveränderungen noch davon, mit welchen wirtschaftlichen Interessen wir selbst an Aufrüstung und Waffenexporten beteiligt sind. Wir müssen uns der Frage widmen, wie wir selbst beitragen können zu einem ‚Friedensklima‘, in unserem Zusammenleben hier ebenso wie weltweit. Das ist das neue und zugleich ach so alte, dass uns alle verbindende Thema in Ost und West, in Nord und Süd.“

Erzbischof Stefan Heße hielt im Gottesdienst die biblische Lesung, verbunden mit einer Hinführung. Im Blick auf den 9. November 1989 sagte er: „Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall bin ich immer noch ergriffen und begeistert von dem Mut der damaligen DDR-Bürger, mit dem sie einen ganzen Staat zu Fall gebracht haben. Ohne diesen Mut stünde ich nicht hier, weil es ohne diesen Einsatz das Erzbistum Hamburg nicht geben würde. Natürlich hat die Teilung auch Narben hinterlassen, aber genau hier beginnt unsere Aufgabe: Wir müssen uns auch nach 30 Jahren jeden Tag um Heilung und damit um die Einheit bemühen.“

Am Gottesdienst wirkten der Ratzeburger Domchor unter der Leitung von Domkantor Christian Skobowsky sowie haupt- und ehrenamtlich Engagierte aus Ratzeburger Kirchengemeinden mit. Menschen aus Ratzeburg und den Regionen beiderseits der früheren Grenze nahmen daran teil, unter ihnen Klaus Schlie, Präsident des Landtages Schleswig-Holsteins, Birgit Hesse, Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommerns, Ministerpräsident Daniel Günther, Schleswig-Holstein, Katy Hoffmeister, Justizministerin Mecklenburg-Vorpommerns und weitere Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kirche. Nach dem Gottesdienst zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einer Lichterprozession zum Marktplatz.

Bei Ratzeburg/Mustin wurde am 12. November 1989 ein zunächst provisorischer Grenzübergang eröffnet.

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