Breklum

7. September 2012 - Predigt im Gottesdienst zur Eröffnung der Generalversammlung des „Zentrums für Mission und Ökumene – Nordkirche weltweit“

07. September 2012 von Gerhard Ulrich

Liebe Schwestern und Brüder!

I

„Halleluja! Lobe den Herrn, meine Seele! Ich will den Herren loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.“

Das Psalmwort aus Psalm 146 zeigt deutlich an, worum es entscheidend in der Kirche gehen soll: Hier in Nordfriesland, in Breklum, und dort in Nordtansania, in Mwika – und überall an den Orten in der Nordkirche, aus denen Sie alle, liebe Schwestern und Brüder, gekommen sind hierher zur Generalversammlung unseres Zentrums für Mission und Ökumene. „Nordkirche weltweit“, so haben wir es uns auf die Fahnen geschrieben: Vor Ort und weltweit vor Ort erzählen von Gott, sein Wort groß machen für uns und alle Menschen. Kirche ist von ihrem Grund her immer missionarische Kirche – erzählende, betende, feiernde, singende Kirche. Sie ist missionarische Kirche im Beten und im Tun des Gerechten – beides gehört zusammen. Darum also: „Ich will den Herren loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.“

Wo dieses Halleluja gesungen wird, da ist Gottes Haus. Im Hause Gottes bleiben und gar dauerhaft bleiben, also wohnen, das soll uns zusammenhalten und stärken, auch wenn wir gleichsam unterwegs wohnen. Denn die Christenheit ist ja, wie etwa Jürgen Moltmann in seiner „Theologie der Hoffnung“ uns vor Jahrzehnten neu vor Augen geführt hat, im Grunde immer unterwegs. Und zwar unterwegs als Exodusgemeinde, als Gemeinde derjenigen, die immer wieder neu das Sklavenhaus verlassen, in das andere sie eingesperrt haben – oder aber auch das Sklavenhaus, in das wir uns selbst eingesperrt haben, weil wir es uns so richtig kuschelig und gemütlich darin eingerichtet haben.

Im Gegenteil: Aufbruch also – das Psalmwort erinnert uns daran, dass wir als weltweite Ökumene unterwegs sind hin auf ein Ziel – und das heißt „Gelobtes Land“ – und nicht Nordkirche oder Ev.-Luth. Kirche Tansanias. Das Gelobte Land, das von Gott verheißenen Land der Freiheit und der Gerechtigkeit, wird ein ganz anderes sein als das Land, das wir bis dahin so kennen gelernt und bewohnt haben werden. Auf dieses ganz andere Land gehen wir zu – und zwar IHN, Gott, lobend in Wort und Tat gehen wir die Wege, die vor Gottes Volk liegen.

II

Und das, liebe Schwestern und Brüder, tun wir mit allen, die in der Christenheit vor uns waren und mit denen, die mit uns unterwegs sind in der weltweiten Ökumene. Vor uns – ganz am Anfang, waren auch der Apostel Paulus und Silas und Timotheus, damals um das Jahr 50 nach Christus, unterwegs – in Griechenland. O ja, das reiche arme Griechenland – schon damals „Finanzkrise“. Ich vermute, das Wort „Rettungsschirm“ war noch nicht erfunden – aber der Ruf nach gerechter Verteilung des Geldes, nach gerechten Lebensverhältnissen für alle – dieser Ruf, der war auch damals in Griechenland natürlich schon längst laut geworden. Und auch innerhalb der christlichen Gemeinden – völlig zu recht, kann man nur sagen. Das Werk im Glauben, die Arbeit in der Liebe und die Geduld in der Hoffnung – diese drei, sie sollen unverzichtbar zusammen gehören und in einen guten Ausgleich miteinander gebracht werden. Das will der Apostel von seinen Gemeinden. Denn Paulus weiß: Was da getan wird unter den Christen, was wir da tun unter uns Schwestern und Brüdern, das merken die Leute drum herum, das kriegen mit die Menschen, die eher am Rande stehen und genau registrieren, wie es da so zugeht bei den Christen mit Glaube und Liebe und Hoffnung. Und der Apostel scheut sich nicht, zu schreiben von Vorbild und Beispiel –„ best practice“-Projekte nennt man das heute. Gut und richtig natürlich – ohne Abstriche. Und dennoch und darüber hinaus – der Apostel schreibt eben auch von dem Gebet, von der Fürbitte ohne Unterlass, mit der wir einander stärken in Glaube, Liebe und Hoffnung. Ja, der Apostel geht sogar soweit zu behaupten, dass im Gebet füreinander lebendig werden immer wieder neu die Kraft und der heilige Geist und die große Gewissheit der Gottesfreunde, die zusammen auf dem Weg sind. Wer hätte das gedacht, liebe Schwestern und Brüder, das Gebet als der göttliche Rettungsschirm, der ausgespannt ist über allem menschlichen Tun. Das Gebet, die Fürbitte als lebendige Quelle der Solidarität! Aus dieser Schutz-Zone soll nichts und niemand herausfallen! 

 III

Lieber Uwe Nissen, liebe Ilse Nissen, Sie können davon ein Lied singen in mehreren Strophen. Sie haben es singen oder auch buchstabieren gelernt in all´ den Jahren Ihres Dienstes in Tansania und in Kenia und wieder in Tansania und zwischendurch auch in Hamburg: Seit Ihrem ersten gemeinsamen Aufenthalt in Tansania Ende der 70iger / Anfang der 80iger Jahre. So haben Sie, Bruder Nissen, es eindrücklich zu Papier gebracht – und so konnte ich Sie beide auch im vergangenen Sommer in Tansania – vor Ort – erleben in Moshi und Mwika. Da durften wir spüren Ihre Gastfreundschaft, die natürlich nach Jahrzehnten dort im Lande schon nahezu afrikanische Dimensionen angenommen hatte. Sie waren einige Tage unser guides und unsere Kümmerer, wenn es galt, uns staunenden Besuchern die Schönheit „Ihres“ Landes Tansania zu zeigen. Es war zu spüren Ihre Begeisterung für das, was Sie tun in Sachen Lebensfreude und Glaubensfreude, ihre Freude an den Menschen, mit denen Sie dort zusammen leben und arbeiten – und auch Ihre Ungeduld und Ihr Zorn, wenn es einfach nicht voran kommen will mit all´ den so gut gedachten „best-practice“-Projekten.

Ich komme gerade aus Straßburg, von einem Besuch des Instituts des LWB für Ökumenische Forschung. Ein kleines, feines Institut, das seinen Beitrag leistet für den Dialog der Konfessionen. Wir haben darüber gesprochen, dass in unserer Zeit ganz offensichtlich die Leidenschaft für die Ökumene immer neu geweckt werden muss. Und wir haben festgehalten: eine Leidenschaft für die Theologie ist gut und wichtig, weil sie eine Leidenschaft für Gott ist, den Gegenstand der Theologie. Aber eine Theologie, die mit Leidenschaft getrieben wird, ist bestenfalls überflüssig, wenn sie nicht befeuert ist von einer Leidenschaft für die Menschen, von Gottes Leidenschaft also, für ihre Geschichte mit Gott und den Menschen; für ihre Kulturen; für Gerechtigkeit, die ihnen gilt und für das Heil, das ihnen spürbar werden kann; Leidenschaft, die ganz und gar neugierig ist auf das Fremde; die liebt, weil der andere womöglich etwas hat in seinem Glauben, das mir fehlen könnte: Mission, die mit dem Hören beginnt und mit dem Fragen – und nicht mit dem Antworten.

Solche Leidenschaft bewegt Sie, hält Sie bei den Menschen in Tansania, die Sie reich machen im Geist. Durch Menschen wie Sie bekommt das Wort „Mission“ wieder den Klang, den die Apostel meinen! Und der ist gemeint auch in dem neuen Namen unseres Werkes: Zentrum für Mission und Ökumene! Ein Zentrum für jene, die nicht lassen können, nach Gott zu fragen und von ihm jubelnd zu singen auch jenseits der eigenen Grenzen des Denkens, Glaubens und Lernens. Ein Zentrum für jene, die getrieben sind und besessen von der Leidenschaft für die Menschen, die wächst aus der Leidenschaft Gottes, aus seinem Kreuz für uns. „Und ihr seid unserm Beispiel gefolgt und dem des Herrn und habt das Wort aufgenommen in großer Bedrängnis mit Freuden im Heiligen Geist, sodass ihr ein Vorbild geworden seid für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja. Denn von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen nicht allein in Mazedonien und Achaja, sondern an allen Orten ist euer Glaube an Gott bekannt geworden, sodass wir es nicht nötig haben, etwas darüber zu sagen“. Darum geht es: weitergeben in Wort und Tat, was wir empfangen haben. Teilen Brot des Lebens, Frieden und Recht. Den Mund auftun für eine gerechte Welt hier wie dort; die Hand auftun für die Kranken und Elenden.

Sie beide können einfach nicht lassen von Afrika – ein Glück! Ob das wohl auch damit zusammen hängt, dass Sie beide nach ihren ersten Jahren in Tansania eben nicht nur so manches Souvenir mitgebracht haben aus Afrika, sondern vielmehr auch zwei wahre afrikanische Kostbarkeiten: Ihre Kinder Maike und Merle – geboren in Manow.

Nun, bei aller Vorsicht, die geboten ist. Ich scheu mich nicht, zu behaupten, dass bei ihnen beiden die Lebensfreude und Glaubensfreude zu spüren ist, die ihre Quelle hat in Gebet und Lobgesang: Ich will den Herren loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin.“ Machen Sie beide ruhig weiter damit – auch als Rentner…

IV

Denn, liebe Schwestern und Brüder, so ist der Weg des Glaubens gezeichnet: Glückselig sind, die in Gottes Haus zu Hause sind, dessen Stärke nicht die eigene Kraft ist, sondern die sich verlassen auf die Kraft Gottes, seine Liebe, seine Gerechtigkeit, sein Frieden. Ja, so ist die Verheißung: selbst wenn wir durch Tränentäler gehen, wenn uns der Wind entgegen steht, wird der Glaube hervorbringen Pflanzen und Frucht, wird Leben sein, wo der Tod das Ende beschreibt. Und: sie gehen von einer Kraft zur anderen. Nie hört das auf, was das Leben uns als Kraft mitgibt. Nie hört auf, was Gott verheißt. Immer dürfen wir finden Spuren des Lebens, wie Gott es uns schenkt und bereit hält auf unserem Lebensweg.

Der Apostel hebt in seinem Brief hervor, wie das Wort Grenzen überwindet und Menschen bewegt – weil Christen glauben und festhalten an der Hoffnung und unbeirrt bauen auf Gottes große Verheißung. Grenzenlos und über kulturelle Grenzen hinweg. Mission ist keine Einbahnstraße, es gibt nicht Gebende und Empfangende nur; wir sind beides allesamt selbst. Wir sind füreinander verantwortlich, wir sind aufgerufen zu teilen, was wir haben zum Leben, zu teilen Gaben und Glauben. Ich lerne von den Christenmenschen in Brasilien z. B., wie das Wort Gottes ins Spiel gebracht wird mit den Lebensbedingungen der Menschen, wie das Wort Fleisch wird immer neu, was es an Hoffnung schafft ganz konkret den Menschen, die in Ungerechtigkeit, Verfolgung und Armut leben; spüre, wie tatsächlich der Glaube von einer Kraft zur anderen führt. Ich lerne von den Christenmenschen in Estland, wie sie die in der Diktatur lange verschüttete und bedrohte Tradition wiedergewinnen, wie sie ihre Gemeinden bauen, wie gerade die Gemeinschaft der Heiligen das Gesicht des Landes verändert, wie die Freude an Gottes Verheißung Leben schafft und Gemeinschaft bildet. Und ich lerne an den afrikanischen Kirchen die Gastfreundschaft des Glaubens und erlebe, wie die jahrelangen Partnerschaften die Menschen stärken und selbstbewusst sein lassen. Und ich spüre, wie wir eins sind in Christus, wenn wir in der je eigenen Kultur und Geschichte Ihn zu Wort kommen lassen und Sein Wort hineinsprechen in die Welt. Ich lerne in der Ökumene, wie das Wort sich einmischt in die Sprache der Welt, wie der Glaube sich nicht zufrieden gibt mit dem, was immer schon so war.

Veränderung und Aufbruch werden also immer und völlig zu recht zu erwarten sein – aber völlig zu recht soll auch die Welt um uns herum von uns Christenmenschen erwarten dürfen, dass wir nicht nachlassen damit, Gott zu loben und groß zu machen vor der Welt, dass wir das Evangelium den Menschen weiter geben immer und ewiglich. Mit Paulus sind wir dankbar für alle, die sich senden lassen:

„Wir danken Gott allezeit für euch alle und gedenken euer in unserm Gebet und denken ohne Unterlass vor Gott, unserm Vater, an euer Werk im Glauben und an eure Arbeit in der Liebe und an eure Geduld in der Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus.  Amen

Datum
07.09.2012
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Gerhard Ulrich
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