Alsterdorf-Direktor: Ein gutes Stück Arbeit auf dem Weg zur Inklusion
19. Januar 2022
Mehr Arbeitsplätze, barrierefreie Wohnungen und inklusive Freizeitangebote – all das brauche es dringend für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen, sagt Pastor Uwe Mletzko. Der 55-Jährige ist seit Jahresbeginn Direktor der Evangelischen Stiftung Alsterdorf in Hamburg.
Vor allem in der Gesundheitsversorgung sehe er noch „große Defizite“. Mletzko ist seit diesem Monat in Alsterdorf tätig und wird am Freitag (21. Januar) in der Hauptkirche St. Petri von Bischöfin Kirsten Fehrs in sein Amt eingeführt. Er ist Nachfolger von Hanns-Stephan Haas, der vor einem Jahr sein Amt niedergelegt hatte.
Teil eines innovativen Unternehmens
Mletzko ist seit 17 Jahren führend in diakonischen Unternehmen tätig. Zuletzt war er Theologischer Geschäftsführer der Diakovere in Hannover, Niedersachsens größtem Diakonieunternehmen. Ehrenamtlich war er zehn Jahre lang Vorstandsmitglied des Bundesverbandes evangelische Behindertenhilfe, sechs Jahre davon als Vorsitzender.
Die Evangelische Stiftung Alsterdorf habe er in den vergangenen 20 Jahren als besonders innovatives Unternehmen wahrgenommen, sagte Mletzko. Auf dem Gelände der ehemaligen „Anstalten“ habe sich mit dem Alsterdorfer Markt ein Quartier entwickelt, in dem Inklusion gelebt werde. Von diesem Modell sollten auch andere Quartiere der Stadt profitieren.
Jobchancen müssen verbessert werden
Trotz aller Fortschritte in der Inklusion sieht der neue Alsterdorf-Direktor noch viele ungelöste Aufgaben. So hält er eine höhere Ausgleichsabgabe für Betriebe, die keine behinderten Menschen beschäftigen, für sinnvoll. Viel wichtiger sei ihm aber ein Wandel in den Köpfen der Betriebe. Mit Beratung und Praktika könnten viele Betriebe lernen, wie produktiv behinderte Menschen sein können.
Aus dem Archiv: Neue Fachstelle Inklusion der Nordkirche
Eine große Herausforderung sei auch die Verbesserung des Gesundheitswesens für erwachsene Menschen mit Behinderung, so Mletzko. Er wisse aus Gesprächen, dass vielen Ärzten das Fachwissen fehle, welchen Einfluss die jeweilige Behinderung auf die zu diagnostizierende Krankheit habe. Häufig mangele es an der Sprachfähigkeit der behinderten Menschen. Mittlerweile gebe es Vereinbarungen mit den Krankenkassen, so dass eine Vertrauensperson die Behandlung begleiten kann.
Christliche Werte stehen über Mitgliedschaft
Aufgewachsen in Bremervörde studierte Mletzko Theologie in Bielefeld und Heidelberg. Berührungspunkt mit der Diakonie habe es durch die eigene Familie und seine Arbeit neben dem Studium gegeben. „Behinderung war immer irgendwo Thema.“ Eine enge Verbindung zwischen Kirche und Diakonie ist ihm wichtig.
Dass die Stiftung auch Menschen ohne Kirchenmitgliedschaft beschäftigt, hält der neue Direktor für richtig. Wichtiger für ein diakonisches Unternehmen seien gelebte christliche Werte - allen voran die Menschenwürde. „Wenn die Haltung stimmt, dann ist viel erreicht.“ Für ihn gehört zum christlichen Menschenbild, nicht die Defizite des Menschen in den Vordergrund zu stellen, sondern ein gutes Leben. Zugleich unterstütze er Angebote im Unternehmen, um Gespräche über den eigenen Glauben zu initiieren.