Altbischöfin Maria Jepsen: Christen müssen untereinander toleranter sein
22. September 2016
Für mehr Toleranz unter Christen hat die ehemalige Hamburger Bischöfin Maria Jepsen (71) geworben. Von Beginn an sei die Christenheit nicht über einen Kamm zu scheren gewesen, sagte Jepsen am Donnerstag in Stuttgart. Heute werde sie nicht daran zerbröckeln, wenn Kirchen homosexuelle Paare segnen und im Pfarrhaus leben lassen, wenn Kirchengebäude für muslimische Gottesdienste zur Verfügung gestellt und wenn Frauen ordiniert werden.
Christen haben der Theologin zufolge die religiöse Verpflichtung, sich für gerechtere Verhältnisse in der Welt einzusetzen. Jepsen kritisierte eine Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge, "als hätte Europa ein angeborenes Recht auf seinen Reichtum und als wäre die Armut der anderen eben Schicksal oder gar selbstverschuldet". Christen sollten sich politisch und sozial in das Tagesgeschehen einmischen.
Christen sollten sich politisch und sozial einmischen
Jepsen sprach sich zudem für mehr internationale und feministische Ansätze in der Theologie aus. "Jesus und Kirche ohne Einsatz für Gendergerechtigkeit und Inklusion will mir längst nicht mehr in Kopf und Herz." Europas Christen müssten reicher werden, und zwar unter anderem an Hoffnung, Liebe und Barmherzigkeit. Sie ermunterte ihre Zuhörer, täglich in der Bibel zu lesen, um auch an Kenntnis ihrer Gebete und Geschichten reicher zu werden. "Wir leiden an Bibelarmut", kritisierte sie.
Reicher werden "an Hoffnung, Liebe und Barmherzigkeit"
Altbischöfin hielt das Eröffnungsreferat bei einer Partnerkonsultation der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, für die 50 Vertreter von 25 Kirchen aus aller Welt nach Stuttgart gereist waren. Prominentester Gast ist der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Munib A. Younan aus Jerusalem.
Zur Person
Maria Jepsen war 1992 in Hamburg als weltweit erste Frau zur evangelisch-lutherischen Bischöfin gewählt worden. Heute lebt sie mit ihrem Mann an der schleswig-holsteinischen Westküste in Husum.