Bischof Magaard: „Probleme und Sorgen Betroffener stärker wahrnehmen“

Begegnung mit langzeiterwerbslosen Menschen

Bischof Gothart Magaard im Gespräch mit den Langzeiterwerbslosen sowie weiteren Teilnehmenden, ©Wendt/Nordkirche
Bischof Gothart Magaard im Gespräch mit den Langzeiterwerbslosen sowie weiteren Teilnehmenden, ©Wendt/Nordkirche

09. Mai 2019 von Antje Wendt

Schleswig/Kiel. Bischof Gothart Magaard traf heute (9. Mai) in Kiel mit von Langzeiterwerbslosigkeit betroffenen Menschen zusammen. Bei der Begegnung tauschte sich der Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) mit ihnen über ihre Lebenssituation und ihre Erfahrungen und Erwartungen aus. Das Gespräch kam auf Initiative des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) der Nordkirche zustande und war Teil einer Berichts- und Diskussionsreise durch Norddeutschland. Im Rahmen dieser Reise wurden die Ergebnisse einer Nichtwählerstudie präsentiert, in der langzeitarbeitslose Laienforscherinnen und -forscher unter wissenschaftlicher Begleitung die Motive langzeitarbeitsloser Nichtwähler untersucht haben.

Bischof Magaard: „Als ich die Einladung zu diesem Gespräch erhielt, habe ich besonders gerne zugesagt. Menschen, die von Langzeiterwerbslosigkeit betroffen sind, sollten mit ihren Problemen und Sorgen von der Gesellschaft stärker wahrgenommen werden. Erst auf dem zweiten Blick wird deutlich, welche belastenden Folgen Langzeiterwerbslosigkeit haben kann – und dass diese nicht nur finanzieller Natur sind. Dazu gehört auch die Erfahrung, sein Schicksal nicht mehr selbst in den Händen zu haben oder vermeintlich weniger wert zu sein. Ich finde es besonders wichtig, mit den langzeitarbeitslosen Menschen ins Gespräch zu kommen. Sie sind Experten in eigener Sache.“

Ausgrenzung, soziale Ungerechtigkeit und das Gefühl, eine Bürgerin oder ein Bürger zweiter Klasse zu sein: Viele von Langzeiterwerbslosigkeit Betroffene erleben dies und beteiligen sich nicht mehr an Wahlen, so das Ergebnis der Studie. Im Vorfeld der Europawahl und der Kommunalwahlen in Norddeutschland richtet der KDA in besonderer Weise den Blick auf diese Menschen. Die Studie „Gib mir was, was ich wählen kann“ lässt Betroffene zu Wort kommen und gewährt einen Einblick in ihre Lebenswirklichkeit. Das Besondere an der Studie der „Denkfabrik“, einer Abteilung des diakonischen Sozialunternehmens Neue Arbeit Stuttgart: Langzeitarbeitslose Menschen haben die Studie gleichberechtigt mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen erarbeitet.

Im Gespräch mit Bischof Magaard war es den beteiligten acht Gesprächspartnerinnen und -partnern besonders wichtig, verbreiteten Vorurteilen entgegenzutreten und für ihre politischen und gesellschaftlichen Interessen einzutreten. Die Betroffenen, so wurde deutlich, fühlen sich oftmals von der Gesellschaft ausgeschlossen und von der Politik ignoriert – in der Folge entziehen viele von ihnen der Politik ihr Vertrauen. Ihr Wunsch lautet daher: „Wir wollen partizipieren – wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch.“

Eine der Teilnehmerinnen schilderte ihre Erfahrungen so: „Es stimmt einfach nicht, wenn behauptet wird, wer möchte, der findet Arbeit. Mit einer Biografie mit Langzeiterwerbslosigkeit erhält man keine Chance auf ein Bewerbungsgespräch. Wenn man nicht 'funktioniert', hat das Folgen wie Rückzug, psychische Probleme und soziale Isolation. Menschen, die nie arbeitslos waren, können nicht nachvollziehen, was es bedeutet, sich 'nutzlos' zu fühlen. Dabei geht es nicht nur um das Geldverdienen. Teilzunehmen, nicht ausgegrenzt zu werden, eingebunden zu sein ist weit wichtiger.“

Eine andere Teilnehmerin und alleinerziehende Mutter erzählte: „Es kostet viel Kraft und Energie, Kinder unter diesen Bedingungen aufzuziehen und stark zu machen, ihnen Bildung und Teilhabe zu ermöglichen. Kinder dürfen durch die Biografie der Eltern nicht bestraft werden.“

Einig waren sich die Betroffenen darin, dass sie häutig negative Erfahrungen mit Jobcentern gemacht hätten, „weil es keine Begegnung auf Augenhöhe ist“. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde die Situation der betroffenen Menschen verbessern, so ihre Einschätzung. Doch genauso wichtig sei es, „auf Betroffene zuzugehen, sie aus der Isolation rauszuholen, sie sozial wieder einzubinden“

An dem Gespräch mit Bischof Magaard und langzeiterwerbslosen Teilnehmerinnen und Teilnehmern nahmen außerdem Luise Janke, langzeitarbeitslose Forscherin, und Martin Tertelmann, Leiter der „Denkfabrik“ aus Stuttgart, teil.

Informationen über die Studie sind im Internet unter http://www.studie-nichtwaehler.de/index.php/studie-nichtwaehler abrufbar.

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