Bischof Dr. Andreas v. Maltzahn: Gewachsene Kreativität in Gottesdienstgestaltung begrüßt

© Marcelo Hernandez

26. Mai 2017 von Christian Meyer

Berlin/Schwerin. Eine vielfältige Gottesdienstlandschaft durch eine kreative Atmosphäre stärken und zugleich Freiraum für Schwerpunktsetzungen zulassen – dafür plädierte der Schweriner Bischof Dr. Andreas v. Maltzahn heute (26. Mai) auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin. Die Podiumsdiskussion stand unter der Frage: „Weiße Flecken oder: Was wächst nach dem Ende der Volkskirche?“

Der Diskurs im Zentrum Gottesdienst des Kirchentages drehte sich konkret um Herausforderungen und Chancen kirchlicher Veränderungsprozesse in ländlichen Räumen. Was in punkto Gottesdienstlandschaft wächst, darauf konzentrierte Bischof v. Maltzahn den Blick und stellte eingangs Befunde aus Mecklenburg vor. Erstaunlich: Trotz abnehmender Zahl der Gottesdienste, bleibt die Zahl der Feiernden stabil. Konkret seien 2016 in den 251 mecklenburgischen Kirchengemeinden „rund 1.250 Gottesdienste weniger gefeiert, aber die Zahl der Teilnehmenden stieg sogar um gut 6.000“, so der Theologe.

Andererseits sei deutlich, dass der klassische Sonntagsgottesdienst – insbesondere in strukturschwachen, ländlichen Räumen – zumeist eine Veranstaltung von wenigen ist. Weiter sei zu beobachten: Gottesdienste zu unterschiedlichsten Höhepunkten werden häufiger angeboten und gut besucht, beispielsweise zu Jubiläen großer diakonischer Einrichtungen oder zu jährlichen Dorffesten. Gleiches gelte im Hinblick auf Gottesdienste für besondere Zielgruppen, wie beispielsweise Hubertus- und Floriansmessen, letztgenannte für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren. Sogar einen Traktorengottesdienst habe es gegeben.

Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich ebenso Gottesdienste an besonderen Orten– und dies nicht allein zu Himmelfahrt unter freiem Himmel. Ebenso gilt dies für Seebrücken-Gottesdienste, Sommergottesdienste in den privaten Gärten, für die „die Leute Schlange stehen, um einmal mit ihrem Garten Gastgeber zu sein“, berichtete der Bischof. Hochverbundene, aber auch Menschen ohne Kirchenzugehörigkeit ließen sich gern „von Gottesdiensten mit besonderem liturgischem Gepräge ansprechen“.

Gute Erfahrungen gibt es in Mecklenburg darüber hinaus mit Andachten, in denen meditative Elemente und Symbolhandlungen an die Stelle der Predigt treten. Beeindruckend seien auch Passionsandachten an Orten heutigen Leidens, z. B. „an einer Kreuzung mit tödlichen Unfällen; am ehemaligen Konsum, der als Ort der Kommunikation vermisst wird; oder an einer Bushaltestelle, an der nur noch selten ein Bus hält und die dafür steht, dass Menschen sich von der gesellschaftlichen Entwicklung abgehängt fühlen“, so Andreas v. Maltzahn.

Wie sind die beschriebenen Entwicklungen zu deuten?

Die gottesdienstliche Hinwendung zu besonderen Anlässen, Orten, Liturgien oder auch an spezielle Zielgruppen könne man als ‚Einbruch des Zeitgeistes‘ geißeln, sagte der Bischof zugespitzt und ergänzte zugleich: „Vielleicht ist es jedoch etwas anderes – ein waches Wahrnehmen der Menschen in ihren Bedürfnissen und worauf sie ansprechbar sind, der Impuls, zu den Menschen hinzugehen und auch gottesdienstlich auf sie einzugehen.“

Vor diesem Hintergrund erinnerte der Schweriner Bischof an das von Altbischof Heinrich Rathke entwickelte Leitbild einer ‚Kirche für andere‘. Rathkes Impuls, „nicht nur Formen der Kommunikation des Evangeliums auf der Höhe der Zeit zu suchen, sondern darin auch das Evangelium von Jesus Christus für sich selbst neu verstehen zu wollen“, könne er nur begrüßen, unterstrich Andreas v. Maltzahn und benannte erste Konsequenzen.

So braucht es eine von der Leitung unterstützte ‚Kultur der Erlaubnis‘! Das heißt für ihn konkret, „Schwerpunkte auch bei Gottesdiensten setzen zu dürfen, eine kreative Atmosphäre zu fördern, in der die Suche nach neuen Gottesdienstformen unterstützt wird“.

Eine weitere Hoffnung setzt der Bischof darauf, Ehrenamtliche zu stärken und hat dabei besonders Lektoren und Prädikanten im Blick. „Sie gut auszubilden und zu begleiten, sie nicht als Lückenbüßer zu missbrauchen, sondern ihre Gottesdienste als kostbaren Dienst am Leib Christi zu achten – darauf kommt es an“.

Zugleich träume er davon, dass „Gottes Geist Menschen bewegt, sonntags wieder in die kleine Dorfkirche zu gehen, auch wenn kein Pastor da ist: Eine stimmt ein Lied an. Ein anderer liest das Evangelium. In einem Moment der Stille halten sie Gott hin, was sie bewegt. Gemeinsam wird das Vaterunser gebetet. Jemand spricht den Segen. Wo es gelingt, solch eine neue Tradition zu pflanzen, kann das die Atmosphäre eines Ortes verwandeln“.

Offen bekannte Bischof Andreas v. Maltzahn, dass er auf viele Fragen noch keine befriedigende Antwort wisse. Beispielsweise wie die hohe Bindung an die ‚eigene‘ Kirche wieder stärker gottesdienstlich zum Tragen kommen kann oder wie Jugendliche wieder für den Gottesdienst zu gewinnen seien. Oder wie Menschen angesprochen werden können, die sich reflektiert als ‚religiös unmusikalisch‘ beschreiben.

„All das sind spannende Zukunftsaufgaben für Theologie und Kirche“, betonte Bischof Dr. Andreas v. Maltzahn, der zugleich zuversichtlich ist, dass seine Kirche „in dieser Suchbewegung nicht scheitern“ werde – „hat doch Gott selbst verheißen: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr (Jer 29, 13b.14a).“

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