Landesbischof Ulrich beim Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen

Das Vermächtnis der Reformation ist der zivilgesellschaftliche Dialog

© Sönke Dwenger / Nordkirche

27. September 2017 von Maren Warnecke

Rostock. „Weil die Reformation die Verantwortung des Einzelnen für die Gesellschaft in neuer Weise formuliert hat, ist ihr bleibendes Vermächtnis für die Gegenwart der Imperativ, Demokratie und Zivilgesellschaft mitzugestalten und ethische Fragen in den politischen Diskurs einzubringen“, erklärte Landesbischof Gerhard Ulrich heute (27. September) in Rostock vor den Mitgliedern des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen. 500 Jahre nach dem Beginn der Reformation sei dies eine stets neu mit Leben zu füllende Herausforderung. „Es ist eine Aufgabe, an der sich alle beteiligen können und müssen, die den zivilgesellschaftlichen Dialog wollen für eine freie, liberale und alle Menschen akzeptierende Gesellschaft“, sagte Ulrich in seinem Vortrag zur Bedeutung Luthers und der Reformation für die Gegenwart.

Dieser zivilgesellschaftliche Dialog sei wichtiger denn je, wie die Bundestagswahl mit dem Einzug von Rechtspopulisten in die Legislative gezeigt habe, so Ulrich. „Die Botschaft der Wählerinnen und Wähler lautet: Nehmt uns ernst als Individuen, die es schwer haben in einer immer komplexer werdenden Welt, die uns Angst macht. Legt eure erprobten politischen Reflexe ab und hört zu!“ Viele Menschen spürten, dass ihre Seelen nicht mitkommen mit dem Wandel. Das Nachlassen gesellschaftlicher Bindekräfte führe zu einem Verlust an Freiheit.

Für gesellschaftlichen Zusammenhalt stehe auch das Thema Wohnen, sagte Ulrich: „Wohnen ist ein Grundrecht. Für alle Menschen – stark oder schwach; arm oder reich; gesund oder krank. Wohnen ist ein Thema der Teilhabe und der Gerechtigkeit.“

In diesem Zusammenhang trügen Wirtschaft und Ökonomie eine große Verantwortung, Freiheit so zu gestalten, dass sie nicht zur Freiheit nur einiger weniger Menschen werde, mahnte der Landesbischof. „Für Luther ist klar: alles, was wir tun, muss dem Menschen dienen, auch die Ökonomie. Diese Forderung Martin Luthers bildet das Zentrum seiner Wirtschaftsethik. Aus dem Evangelium leitet er ab, dass alles Tun und Vermögen eingesetzt werden und sich daran messen lassen muss, ob es aus der Liebe zum Nächsten geschieht. Barmherzigkeit, Solidarität, Teilhabe und Gerechtigkeit sind für ihn Werte, die auch im sogenannten ‚freien Markt‘ leitend sein müssen.“

Dabei sei Luther selbst auch eine Persönlichkeit mit Brüchen gewesen. Ulrich: „Er war mutig – wenn auch zuerst aus Verzweiflung. Aber er war kein Held, er war ein Kind seiner Zeit. Luther bestach nicht gerade durch Distanz zur Obrigkeit. Und was er in seinen späten Jahren über das Judentum sagte – das ist durch nichts zu rechtfertigen.“

Die von Luther angestoßene Erneuerung gründe allen Glauben und alle Verantwortung in der Welt in einem persönlichen Gottesverhältnis, „in einer Ich-Du-Struktur, in der der jeder Einzelne unvertretbar – als Ich – glauben und aus Glauben handeln und sich so vor Gott verantworten muss und darf und kann“, betonte Ulrich. „Gott akzeptiert mich, weil er mich liebt – nicht weil ich etwas geleistet und mir so seine Liebe erst verdient hätte. Ich muss mich nicht um mein eigenes Seelenheil kümmern – das macht Gott.“

Damit sei eine revolutionäre Kraft freigesetzt worden, die sich, so Ulrich, heute im Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland als unantastbare Würde jedes einzelnen Menschen wiederfinde: „Jeder Mensch, egal woher er kommt, welche Hautfarbe er hat, wie hoch sein Einkommen ist, was er leistet, kann oder mag; was er denkt oder glaubt, ist ein wertvolles Individuum mit allen Rechten.“

Mit Luthers aktiver Wendung zur Welt aus dem Zentrum des Glaubens heraus stelle die Reformation wesentlich mehr dar als eine religiöse oder kirchliche Reformbewegung, schloss der Landesbischof seinen Vortrag: „Sie war eine politisch-gesellschaftliche Kraft der Wandlung. Diese Kraft der Wandlung, diesen Mut zur Wandlung, den brauchen wir auch heute – dass keiner zurückbleibt und jeder mitgenommen wird in unserer Gesellschaft.“

Hintergrund

Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).

www.nordkirche.de
www.velkd.de

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V. vertritt 332 Wohnungsgenossenschaften und -gesellschaften sowie weitere Unternehmen in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. In ihren 746.000 Wohnungen (Hamburg: 300.000, Mecklenburg-Vorpommern: 276.000, Schleswig-Holstein: 170.000) leben rund 1,5 Millionen Menschen.

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