"Ängste und Zweifel anhören"

Der Seelsorger von Ochsenzoll geht

Elf Jahre lang war er Seelsorger für psychisch kranke Menschen. Zum Jahreswechsel verlässt Krankenhaus-Pastor Christian Schoberth (51) die psychiatrische Asklepios-Klinik Hamburg-Ochsenzoll.
Elf Jahre lang war er Seelsorger für psychisch kranke Menschen. Zum Jahreswechsel verlässt Krankenhaus-Pastor Christian Schoberth (51) die psychiatrische Asklepios-Klinik Hamburg-Ochsenzoll. © Sabine Henning

28. Dezember 2012 von Simone Viere

Hamburg. Elf Jahre lang war er Seelsorger für psychisch kranke Menschen. Zum Jahreswechsel verlässt Krankenhaus-Pastor Christian Schoberth (51) die psychiatrische Asklepios-Klinik Hamburg-Ochsenzoll. Zu seiner "Gemeinde" zählen auch 300 Menschen aus dem Maßregelvollzug, die aufgrund einer psychischen Erkrankung straffällig geworden sind.

Als Kind habe er sich gefragt, wie ein Mörder aussieht, sagte Schoberth in seiner Bilanz. Jetzt habe er manchmal das Abendmahl mit einem Mann ausgeteilt, der seine eigene Mutter getötet hat. Schoberth wird Seelsorger am Hamburger Unfallkrankenhaus Boberg.

Zuhören und Gedanken an andere Zeiten wecken

Rund 1.000 Patienten werden in Ochsenzoll behandelt. Sie leiden unter Psychosen oder einer Altersdepression, sind suchtkrank oder suizidgefährdet. Anfangs hat Schoberth sie meist auf ihren Stationen besucht. "Ich höre mir ihre Ängste und Zweifel an." Später kamen bei seinen Rundgängen über das Gelände die Patienten auf ihn zu und baten um ein Gespräch.

In der Gesprächsgruppe, die er jeden Montag geleitet hat, habe er manchmal gespürt, dass die Menschen ihre Krankheit vergessen können. Schoberth: "Wenn ich sie darauf aufmerksam mache, freuen sie sich. Sie können sich plötzlich vorstellen, dass auch wieder andere Zeiten kommen." Die Patienten schätzten es, dass ihnen jemand zuhöre, der von außen komme und ihnen ohne therapeutisches Ziel zuhöre.

Versuch die liebenswerten Facetten zu sehen - auch bei Mörden und Vergewaltigern

In seiner Arbeit ist er auch Patienten begegnet, die gemordet und vergewaltigt haben. Häufig wisse er nicht, wer welche Tat begangen habe, sagte Schoberth. Und falls doch, versuche er die liebenswerten Facetten, die jeder Mensch in sich trage, zu sehen und zu stärken. Wenn er sich ärgere, sage er das auch deutlich. "Gefühle zu äußern bringt mehr, als heilig zu lächeln." Bei seinen Besuchen auf den Zimmern habe er zur Sicherheit immer einen "Pieper" für Notrufe bei sich gehabt. Eingesetzt habe er ihn jedoch nie. 

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