1. April 2018 | St.-Petri-Dom zu Schleswig

"Der Tod ist überwunden, der Herr des Lebens hat gesiegt"

01. April 2018 von Gothart Magaard

Predigt im Ostergottesdienst, zu 1. Sam 2,1-8a

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch.

Liebe Gemeinde hier im St. Petri Dom,

dieses Lied gehört zu meinen liebsten Osterliedern – dieser alte Hymnus: „Christ ist erstanden von der Marter alle,

des solln wir alle fröhlich sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis“

Mit dieser wunderbaren Melodie bekommt dieses Bekenntnis besondere Kraft. In ihr und im Halleluja kommt die Osterfreude zum Ausdruck und das Lob Gottes. Die Musik trägt diese Botschaft bis in unser Herz.

„Christ ist erstanden“ – ich erinnere diesen Ruf aus der Liturgie der Osternacht, wenn in das Dunkel des Raumes eine einzelne Kerze getragen wird und nach dem Osterevangelium dieses Lied angestimmt wird.

Ich erinnere aber auch viele Synoden oder Konvente, in denen wir eines verstorbenen Mitglieds gedenken und immer dieses Lied anstimmen.

Ich erinnere mich auch an Trauerfeiern, in denen wir dieses Lied gesungen haben: „Christ ist erstanden“.

Manchmal können wir mit der Musik Gedanken und Hoffnungen zum Ausdruck bringen, die uns sonst nicht so leicht über die Lippen kommen. Und in den Gesängen können wir es gemeinsam. 

 An diesem Ostermorgen hören wir neben dem Osterevangelium von den beiden Frauen am Grab das Lied einer Frau aus dem Volk Israel: Hanna. Im 1. Samuelbuch lesen wir im 2. Kapitel:

Und Hanna betete und sprach:

Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn,

mein Horn ist erhöht in dem Herrn.

Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde,

denn ich freue mich deines Heils.

Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner,

und ist kein Fels, wie unser Gott ist.

Der Herr tötet und macht lebendig,

führt ins Totenreich und wieder herauf.

Der Herr macht arm und macht reich;

er erniedrigt und erhöht.

Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub

und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse.

In diesem Lied hören wir von Hanna, die das Geschenk des neuen Lebens besingt.

Hanna, die am eigenen Leib erfahren hat, wie grundlegend Gott Leben verändert.

Denn sie lebt kinderlos, ungewollt kinderlos. Mit all dem, was es in jener frühen Zeit bedeutete. Ein Opfer von Spott und Ausgrenzung. Von Selbstzweifeln geplagt. Doch dann spürt sie Leben in sich.

Hanna, liebe Gemeinde, wird die Mutter Samuels, des Propheten,

der David, den großen König Israels, salben sollte.

Und schon Hanna lässt in ihrem Lied den großen Protest der Propheten gegen die Herrschenden anklingen: Gott ist kein Gott der Sieger.

Er wendet die Dinge, indem er sich den Armen zuwendet.

Es ist ein Gott, der die Gescheiterten aufrichtet.

Der parteiisch ist für die Bedrückten.

Der sich nicht zufrieden damit gibt, dass Menschen sind, wie sie sind, und die Welt ist, wie sie ist.

Ein Gott, der die stark macht, die anderen ihre Stimme leihen,

und mutig für das Leben eintreten.

Und der selbst, was unmöglich scheint, tut,

der uns  lachend aus der Logik unseres Kleinglaubens herausnimmt.

Hanna, liebe Gemeinde, ist eine frühe Sängerin wider die Mutlosigkeit.

Eine frühe Zeugin dafür, dass wir Gott – um Himmels willen – nie auf unsere Erfahrungswerte und Erfahrungswelten festlegen dürfen.

Selbst in den dunkelsten Momenten des Lebens,

wo wir mit all unseren Möglichkeiten an unüberwindliche Grenzen stoßen:

Der Herr tötet und macht lebendig,

führt ins Totenreich und wieder herauf.

An diesem Ostermorgen hören und singen auch wir darum unsere Auferstehungslieder. Weil auch wir von diesem Gott nicht schweigen dürfen, ja weil auch wir nicht von ihm schweigen können.

Auch an diesem Ostermorgen gehen Christinnen und Christen darum weltweit zu den Gräbern. Sie bringen Lichter mit und lesen Hoffnungsworte aus den heiligen Schriften. Auch an diesem Ostermorgen schallt Posaunenmusik über die Gräber unserer Friedhöfe.

Auch an diesem Morgen lassen wir dem Tod nicht das letzte Wort über unser Leben.

Auch an diesem Morgen hoffen wir, dass Gottes Liebe zu uns Menschen stärker ist.

Wir setzen auf das scheinbar Unmögliche und glauben Gottes Kraft größer als alle Gesetzmäßigkeiten dieser Erde.

Denn: Christus ist erstanden. Wahrhaftig auferstanden von den Toten.

Liebe Gemeinde, an diesem Morgen reihen wir uns ein in die Tradition der biblischen Sängerinnen und Sänger. Denn anders, sei es mit Argumentieren, mit Reden und Vorträgen, könnten wir der Hoffnung nicht so wirksam Raum geben, wie es unsere Lieder tun.

So werden wir zum Klangkörper dieser Botschaft, die höher ist als alle Vernunft, die uns über die Grenzen dieses Lebens hinaus glauben, hoffen und lieben lässt.

Und unser Gesang erfüllt diesen Raum, und er trägt die Worte, aus unseren Kirchen hinaus, in diese Welt.

Hanna singt:

Der Herr tötet und macht lebendig,

führt ins Totenreich und wieder herauf.

Deswegen, liebe Gemeinde, waren die alten Kirchen von Friedhöfen umgeben:

Damit die Verstorbenen nahe an der Auferstehungsbotschaft waren.

Sie ist nicht nur Trost für die Lebenden, sie ist unsere Hoffnung für die, die uns vorausgegangen sind. Zwar gibt es hier am Dom keinen Friedhof mehr, aber die Themen Tod und Auferstehung prägen diesen Raum schon sehr: Durch die zahlreichen Särge und Grabmäler in den Seitenkapellen , aber auch durch das wunderbare Auferstehungsfenster über dem Südportal und natürlich auch durch den Bordesholmer Altar.

Hanna singt von einem Gott, der sich nicht zufrieden damit gibt, dass Menschen sind, wie sie sind, und die Welt ist, wie sie ist.

Auch unsere Lieder, die alten und neuen Kirchenlieder, die von der Auferstehung künden, sind Protestlieder für das Leben. 

Gegen die Macht des Todes. Gegen die Macht derer, die das Leben nicht achten.

Wir feiern darum heute das Osterfest, dieses Fest des Lebens in Solidarität mit denen, die um einen Menschen trauern.

Wir feiern es in Verbundenheit mit denen, die Angst vor dem Tod haben.

Und wir feiern es ebenso in Verbundenheit mit denen, die Angst um ihr Leben haben.

Liebe Gemeinde, wir feiern es in Solidarität mit denen, die unter Einsatz ihres Lebens Menschen beistehen:

In Syrien und Myanmar, im Jemen oder Nordkorea, in den USA und Mexico, im Kongo, in Palästina und Israel und mitten in unserem eigenen Land.

Wir feiern es in Solidarität mit denen, die als Ärzte und Krankenschwestern um jedes ihnen anvertraute Leben ringen.

Die als Politikerinnen und Politiker in stunden- und tagelangen Verhandlungen versuchen, Frieden für jene Regionen dieser Welt auszuhandeln, in denen die Menschen vor Ort und auch die Soldatinnen und Soldaten nur noch Schachfiguren auf dem Spielbrett unangreifbarer Herrscher zu sein scheinen.

Liebe Gemeinde, wir singen und beten heute, und nicht nur heute, mit Hanna. Wir geben uns als Christinnen und Christen nicht damit zufrieden, dass die Welt ist, wie sie ist, und die Menschen, wie Menschen sind.

Wir geben uns nicht damit zufrieden, dass wir selbst glauben zu wissen, wie wir sind. Gottes Blick auf uns ist das, was uns zu dem macht, was und wer wir sind. Keine anderen Beurteilungen oder Meinungen über uns selbst, nicht einmal die eigene Selbstwahrnehmung.

So glauben wir daran, dass Veränderung und Umkehr möglich ist. Mit Gott glauben wir daran, dass wir neu anfangen dürfen – in unserem eigenen Leben und gemeinsam in dieser Welt. Die frühe Zeugin Hanna, die uns heute die Osterbotschaft singt, erfährt das am eigenen Leib.

Im Januar war ich für einige Tage zu Besuch in Israel und Palästina, anlässlich der Einführung eines neuen Bischofs in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. In besonderer Erinnerung ist mir der Besuch in einer Schule geblieben: Der School of Hope, der Schule der Hoffnung.

Diese Schule wird von unserer Partnerkirche in Ramallah in Palästina betrieben und hat zum Ziel, christliche und muslimische Kinder und Jugendliche gemeinsam zu unterrichten. Es war Aufgabe der Jugendlichen, uns ihre Schule zu zeigen, in der etwa 400 Jungen und Mädchen unterrichtet werden. Sie schilderten uns, wie sie gemeinsam lernen, wie Freundschaften entstehen und wie sie einen Beitrag zur Entwicklung ihres Landes leisten möchten. Für mich war das ein großes Zeichen der Hoffnung mitten in den großen Konflikten dieser Region.

Liebe Gemeinde, weil Ostern geschehen ist, sind wir als Christenmenschen dazu aufgerufen, der Macht der Liebe und der Gewaltlosigkeit mehr zu vertrauen: Sie für realer zu halten, als alles, was uns überwältigen möchte. Dazu ist auch Mut erforderlich und eine ruhige, gewisse Zuversicht.

Hanna singt. Sie erzählt uns von dem, was zu ihrer Zeit erst noch geschehen soll. Sie singt von dem, was sie erfährt:

Hab keine Angst. Steh auf und folge dem Ruf. Steh zu deiner Auferstehung auf.

Und wir dürfen einstimmen, liebe Gemeinde:

Der Tod ist überwunden, der Herr des Lebens hat gesiegt.

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

Christ ist erstanden. Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!

Amen.

 

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