Erste Bestandsaufnahme

Der Zahn der Zeit nagt an vielen Kirchturmuhren in Mecklenburg

Hans-Joachim Dikow (rechts) und Herbert Weisrock, die gemeinsam drei Jahre lang einen Großteil der Kirchturmuhren Mecklenburgs erfasst haben, in Dikows Uhrmacher-Werkstatt.
Hans-Joachim Dikow (rechts) und Herbert Weisrock, die gemeinsam drei Jahre lang einen Großteil der Kirchturmuhren Mecklenburgs erfasst haben, in Dikows Uhrmacher-Werkstatt.© Anne-Dorle Hoffgaard, epd-Nord

22. März 2017 von Simone Viere

Über zwei Jahre lang haben Hans-Joachim Dikow und Herbert Weisrock die Kirchturmuhren in Mecklenburg erfasst. Jetzt stellten sie die Daten zusammen und planen dazu eine Wanderausstellung sowie Nachforschungen im Kirchenarchiv.

Niemand konnte bislang genau sagen, wie viele Uhren es auf Mecklenburger Kirchtürmen gibt und in welchem Zustand sie sind. Doch jetzt liegt die erste Bestandserfassung vor. Dafür haben die beiden Schweriner Hans-Joachim Dikow und Herbert Weisrock zwischen November 2014 und Januar 2017 auf weit über 40 Touren fast 400 der rund 670 evangelischen Kirchen besucht - mit Legitimation der Nordkirche und finanzieller Unterstützung der Stiftung "Kirchliches Bauen in Mecklenburg".

Ihr Fazit: Es gibt etwa 230 Kirchturmuhren in Mecklenburg. Davon befinden sich 105 in einem katastrophalen oder reparaturbedürftigen Zustand und sind defekt. 59 mechanische Uhren funktionieren. Außerdem existieren 63 elektronische Uhren.

Erste Bestandsaufnahme listet 105 defekte mechanische Zeitmesser auf   

Die genauen Ergebnisse ihrer Recherche haben die beiden 63-Jährigen jetzt in ein Computerprogramm eingespeist, das die Nordkirche eigens dafür entwickeln ließ. Diese digitalisierte Erfassung der Kirchturmuhren in Mecklenburg sei ein Pilotprojekt in der Nordkirche und vermutlich auch in Deutschland, sagt der Uhrmacher Hans-Joachim Dikow. Nur Berechtigte können auf die Daten zugreifen. Denn es gebe einige wertvolle Uhren, und die müssten geschützt werden.

Die Bestandsaufnahme sei eine Marathonaufgabe gewesen, sagt Dikow. Er sei stolz, aber auch etwas wehmütig, dass das Projekt jetzt beendet ist. "Wir hatten zwei interessante Jahre." Das schönste Erlebnis sei für ihn die Besichtigung der astronomischen Uhr in der Rostocker Marienkirche aus dem Jahr 1472 gewesen. Denn das Innere dieser elf Meter hohen und rund fünf Meter breiten Kostbarkeit dürfe nicht jeder betreten. 

Bei ihren Reisen zu den Kirchturmuhren in Mecklenburg haben sie sehr viele positive Erfahrungen gemacht. Sie waren an Orten, die sie sonst nie besucht hätten, berichtet der Uhrmacher. Doch es habe auch einzelne Begegnungen gegeben, "da hat man uns abgelehnt". Einmal hieß es sogar: "Dass die Kirche dafür Geld hat!"

Viele sanierte Kirchen hätten sie erlebt - aber auch "Bruchbuden" mit löchrigen Fußböden, viel Taubendreck oder schief hängende Glocken, sagt der Grafikdesigner Herbert Weisrock. Manche Uhren hätten sie nur von fern erfasst, aus Angst "durchzurauschen". Manchem Pastor hätten sie zeigen können, dass es doch noch eine Uhr unter seinem Kirchendach gibt, ergänzt Dikow.

Wenig Verständnis kann der Uhrmacher dafür aufbringen, wenn jahrhundertealte mechanische Uhrwerke gegen moderne elektronische ausgetauscht werden, damit sie die Zeit sekundengenau angeben können. Oder wenn eine Kirchturmuhr nachts nicht schlagen darf, damit sie niemanden beim Schlafen stört.

Spendenaktion "Kirchturmuhren in Not"

Weil Hans-Joachim Dikow ein großes Herz für historische mechanische Uhren hat, initiierte er bereits 2011 die Spendenaktion "Kirchturmuhren in Not". Bisher kamen etwa 12.000 Euro zusammen. So konnte die Initiative schon Mittel für die Instandsetzung der Kirchturmuhren in Melkhof (Kreis Ludwigslust-Parchim), der Paulskirche in Schwerin, der Dorfkirche in Wittenförden bei Schwerin oder der Dorfkirche in Börzow bei Grevesmühlen bereitstellen.

Ab Ende April soll in Schwerin erstmals eine neue Wanderausstellung zu den Mecklenburger Kirchturmuhren gezeigt werden. Sie wird derzeit vom Verein "1. Mecklenburger Uhrenclub" erarbeitet, in den die Initiative "Kirchturmuhren in Not" inzwischen integriert worden ist. Die Schau soll die "Ernsthaftigkeit des Verfalls eines wichtigen Kulturguts" ebenso präsentieren wie die Tatsache, dass auch in Norddeutschland Uhren hergestellt wurden, sagt Hans-Joachim Dikow. So habe es vor über 100 Jahren den hervorragenden Hofuhrmacher Friedrich Dreyer (Rehna/Schwerin) gegeben. Der baute beispielsweise die Uhr der Schweriner Paulskirche.

Als nächstes Projekt will Dikow Senioren dafür gewinnen, im Landeskirchlichen Archiv in Schwerin nach Informationen zu den Mecklenburger Kirchturmuhren zu forschen. Denn in den Chroniken der Kirchengemeinden ist meist nicht zu erfahren, wann eine Uhr eingebaut wurde. Und viele Archivakten sind noch in altem Deutsch geschrieben.

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