18. November 2020 | Digital

DIALOG Kirche und Wirtschaft

18. November 2020 von Kirsten Fehrs

Buß- und Bettag

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

ganz herzlich begrüße ich Sie zum 7. Dialog Kirche und Wirtschaft am Buß- und Bettag. Wie immer an einem besonderen Ort – zugegeben digital und etwas anders als letztes Mal. Sie erinnern sich, im November 2019 ging es intensiv und streitbar zur Sache in Punkto Klimaziele und Klimagerechtigkeit, im Resonanzraum im Bunker an der Feldstraße. Einen geschützten Raum braucht es nämlich, das haben wir über die Jahre hin festgestellt, will wirklich Dialog entstehen, der offen geführt wird.

Auch heute möge dies so sein, in diesem Digitalraum. Dem Raum der Zukunft – so wie wir ja in dieser Runde schon häufiger die Folgen der Digitalisierung für unsere Arbeitswelt und für die Wirtschaft diskutiert haben. Doch heute geht der Raum der Zukunft deutlich darüber hinaus: Ich begrüße von Herzen die beiden Impulsgeber des Abends, die beide nicht nur in Hamburg für Innovation stehen und den Mut, Zukunft mit Weite und Werten zu denken.

Herzlich willkommen, lieber Bernhard Fischer-Appelt, PR-Fachmann und gedanklich stets in der Zukunft, oder wie Sie sagen „in den Zukünften“ unterwegs. Seit langem schon, nicht erst seit 2020, lautet Ihr Motto „New Normal“.

Herzlich Willkommen, lieber Erck Rickmers, der besonders in den vergangenen Monaten von sich reden gemacht hat mit seinem neuen Projekt „The New Institute“, eine sich derzeit entwickelnde Vernetzungsplattform der klugen Köpfe und Wissenschaftler*innen, beheimatet in Hamburg, vernetzt in die ganze Welt. Wir freuen uns sehr, dass Sie beide dabei sind.

Wie schön auch, dass sich fast 130 Mitdenkende aus allen Branchen dazu geschaltet haben. Angesichts der Corona-Umstände ist es doch wirklich ein Segen, dass „digital“ funktioniert. Wir konnten es bei den beiden digitalen Abendbroten im Juni und September live und in Farbe erleben. Ein Segen, denn ich bin überzeugt, dass es gerade jetzt Dialogräume braucht, wo ansonsten die Corona-Pandemie so vieles an Beziehung, Nähe und Gespräch kappt.

Ein Dialog, der wie immer bei unserer Buß- und Bettagsveranstaltung das Sehen und Gesehen-Werden mit tieferer Bedeutung versieht: Nämlich, dass wir uns nicht allein mit unseren Funktionen, sondern als Menschen begegnen und einander buchstäblich Ansehen geben, uns mit unseren unterschiedlichen Perspektiven wertschätzend wahrnehmen und damit beitragen zu einer gesellschaftlichen Dialogkultur, die jede Demokratie braucht. Jetzt erst recht!

Und das am Buß- und Bettag. Der ja bedeutet: Umkehr. Innehalten und sich fragen, was verkehrt läuft. Und dann eben um-kehren. Und zwar gerade nicht rückwärtsgewandt dahin, wo früher scheinbar alles besser war. Die Richtung ist andersherum: Umkehr in die Zukunft. Innehalten und sich gewahr werden: Wie will von der Zukunft des Reichs Gottes, also von der Vision einer gerechten – im weitesten Sinne klima-gerechten – Stadt her das Hier und Jetzt unserer Welt gedacht, gestaltet, verändert werden?

Und noch etwas kommt hinzu, was die Aktualität des Bußtags neu aufscheinen lässt: Bußtage sind meist zu Notzeiten ausgerufen worden, aus aktuellen Anlässen, wenn es darum ging, eine Gefahr oder eine Not abzuwenden. Erst Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Preußen der feste Termin Mitte November – und zwar gar nicht so sehr mit dem Charakter des Schuldbewusstseins und der Demut.

Vielmehr war er geprägt von dem Glauben daran, dass wir Einfluss nehmen können auf unser Schicksal. Wenn man Gott gnädig stimmt, so hätte man das früher formuliert, dann ergeht es einem gut. Dann geht das Unwetter, die Hungersnot oder der Krieg vorbei. Der Bußtag ist gedacht gewesen als ein Tag gegen die Ohnmacht. Indem ich bete und büße, setze ich mich auseinander und setze mich ein für andere. Ich bin also handlungswirksam und eben nicht hilflos ausgeliefert.

Und das, liebe Freundinnen und Freunde, ist doch wirklich eine Hoffnungsbotschaft in diesem Pandemiejahr: Handlungsmöglichkeiten gewinnen. Handlungsmöglichkeiten gegen eine Krankheit, die so hinterrücks zuschlagen kann. Und Handlungsoptionen auch gegen die Folgen ihrer Bekämpfung, die so viele Menschen derzeit verzweifelt, ängstlich und wütend machen. Ohnmächtig zusehen, wie sich die eigene Lage verschlechtert – das ist schwer auszuhalten. Wenn es den Buß- und Bettag nicht schon gäbe, müsste man ihn jetzt ausrufen. Ein Tag gegen die Ohnmacht, der uns nach verantwortlichem Handeln fragen und suchen lässt.

Dazu braucht es vor allem eins: genau hinsehen! Es passiert so viel gleichzeitig momentan. So vielfältig sind die Veränderungen, so widersprüchlich zum Teil auch. Dieser sogenannte Teil-Lockdown stellt uns wieder vor harte Fragen, weil er uns alle so ungleich trifft. Die Kultur und die Gastronomie vor allem, aber auch alle, die vom Tourismus leben zum Beispiel. Es ist ja richtig, dass diese Branchen wirtschaftliche Lasten tragen, die wir eigentlich als Gesellschaft gerechter verteilen müssten. Aber wie? Das fragen uns auch die Menschen am Rand der Gesellschaft und vor allem die jungen Menschen, die besonders gravierend in ihrer ganzen Existenz betroffen sind.

Hinschauen also. Und dann Ideen und Antworten suchen für das Weiterschauen. Nicht zurückziehen und der Ohnmacht die Macht überlassen. Es gibt mehr als das, was uns unmittelbar vor Augen ist. Davon leben wir als Christinnen und überhaupt religiöse Menschen: von der Verheißung, dass es besser wird. Lichter. Solidarischer. Gerechter.

Besser also als es jetzt ist. Und so bringt der Buß-und Bettag eben doch die Nachdenklichkeit und Demut ins Spiel, vielleicht sogar Schuldbewusstsein. Es sind eben gerade nicht Größenwahn und Weltbeherrschung, die uns handlungsfähig machen. Es ist auch der Blick auf die Grenzen, auf die Zusammenhänge, auf die Folgen. Es ist der Blick auf die Mitmenschen, auf die anderen, der uns neue Perspektiven öffnet. Schon immer hatten Buße und Bußpredigt einen stark sozialkritischen Klang. Stets ging es darum, die Augen zu öffnen. Hinzusehen und das alltägliche Handeln zu überprüfen.

Dazu gibt der Bußtag 2020 in fast unvergleichlicher Weise Gelegenheit. Die Pandemie macht nachdenklich, im Großen wie im Kleinen. Menschen überprüfen ihr Konsumverhalten. Sie orientieren sich neu im kleiner gewordenen Lebensradius. Sie bewerten neu. Sie gehen anders miteinander um. Auch wenn die „Querdenker“ auf einmal zu gefährlichen Polarisierern werden und besorgniserregend zunehmen. Dennoch: Es ist Bewegung da. Veränderungsimpulse. Menschen wie Sie alle, die nachdenken. Sich genau darauf zu besinnen und diese Energie zu nutzen, sind für mich allerbeste Voraussetzungen, dass wir gemeinschaftlich durch diese Krise kommen und aus ihr herausfinden. Menschlich und gesellschaftlich gestärkt, hoffentlich. Weil wir den Dialog führen über die Zukunft. Wir brauchen ihn, mit möglichst vielen Stimmen.

Dass dies heute möglich ist, dafür danke ich dem Team vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt, das nicht nur diese Veranstaltung organisiert, sondern uns auch vorher schon durch die Pandemie gelotst hat. Der DIALOG Kirche und Wirtschaft ist zu einem ungemein wertvollen Dialograum geworden. Danke.

Danke auch Dr. Friederike Bornträger, die uns als Moderatorin durch diesen Abend führt. Frau Bornträger ist Psychologin und sicherlich etlichen als Mitorganisatorin der Olympiabewerbung bekannt. Ganz frisch gegründet hat sie nun die zukunft zwei GmbH. Ein Team, in dem Psychologie, Technologie und Kommunikation zusammenwirken und das gesellschaftliche Entwicklungen innovativ und sozial gestaltet, hin zu einer enkeltauglichen Zukunft. Es steht heute also alles auf Zukunft. Ich freue mich auf das Gespräch und danke Ihnen.

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