12 November 2022 | Wilster

„Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, ohne Sprache und ohne Worte; unhörbar ist ihre Stimme.“

12. November 2022 von Gothart Magaard

Predigt zu Röm 8, 18-25 im Synodengottesdienst im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf zur Wahl eines Propsten im Bezirk Nord

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Geschwister, liebe Gemeinde,

Wahlsynoden sind besondere Anlässe. Deshalb ist es gut, dass wir sie mit einem Gottesdienst beginnen – einfach und schlicht. Der Festgottesdienst mit lobenden Worten, Zauber des Anfangs und was noch alles dazugehören mag, kommt später zur Einführung.

Doch bei Wahlsynoden liegt eine gewisse Spannung in der Luft, weil wir noch nicht wissen, wie der Tag ausgehen wird und diese Stimmung der Erwartung möchte ich gerne nutzen, um auf die Herausforderungen unserer Zeit zu schauen.

Und das tue ich, wie wir es immer tun mit einem biblischen Text, der mit seiner alten Sprache doch so viele Fragen unserer Zeit anspricht.

Ich lese aus dem Römerbrief, Kapitel 8:

18Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. 19Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden.

20Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; 21denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. 22Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.

23Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes. 24Denn wir sind gerettet auf Hoffnung hin. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? 25Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.

Liebe Gemeinde, ich höre hier zwei Tonspuren, die ineinander verschränkt sind:

Leiden, ängstliches Harren, Vergänglichkeit, unterworfen sein, Knechtschaft … Diese Spur wird mit einem Geräusch hinterlegt: Dem Seufzen der ganzen Schöpfung.

Und dann ist da die andere Spur, sie erzählt von Herrlichkeit, von Freiheit, von den Kindern Gottes, Erlösung und Hoffnung.

Nur diese Spur bleibt geräuschlos
und unsichtbar ist sie auch noch!

Wie gehen wir damit um? Wenn die Herrlichkeit verborgen bleibt und die Hoffnung stumm, hat dann das Seufzen das letzte Wort?

Dieses Geräusch, das entsteht, wenn sich ein tief in uns steckendes Gefühl Luft verschafft.

Keine Frage: Das Seufzen ist auch ein Geräusch unserer Zeit. Wir erleben wahrhaft eine Krise nach der anderen. Eigentlich haben wir die Erfahrungen der letzten bald drei Jahren durch die Pandemie noch gar nicht verdaut und leben jetzt schon seit 261 Tagen mit einem Krieg mitten in Europa. Gewalt und Konfrontation, die so Vieles in Frage stellt, schafft sich mit erschreckenden Bildern einen großen Raum. Der Krieg hat so vielfältige Folgen auch bei uns und schleicht sich in unseren Alltag.

Unser Lebensgefühl von Sicherheit und Unversehrtheit ist auf den Kopf gestellt, und bei allen Bemühungen, die Einschränkungen und Einschnitte für uns alle möglichst gering zu halten, werden doch wieder einmal die Ärmsten in größte Schwierigkeiten gebracht. Wenn schon vorher keine Spielräume da sind und es nur zum Nötigsten reicht, kann man nichts mehr einsparen.

Und dann ist da noch das buchstäbliche Seufzen der Schöpfung, weil die Welt sich überhitzt und es selbst in unseren Breiten viel zu trocken ist.

Erschöpfung, das Hängenlassen der Blätter: dieses Bild von den immer deutlicher erkennbar werdenden Folgen des Klimawandels auch bei uns hat sich mir in diesem Sommer eingeprägt.

Das Seufzen der ganzen Schöpfung bestimmt den Sound unserer Gegenwart.

Und es ist die Hintergrundmusik für unseren Bibeltext, der sich Paulus mit aller Kraft und Glaubensgewissheit entgegenstellt.

Deshalb steigt er stark ein: „Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit.“

Paulus ist ganz erfüllt davon, dass die Zeit des Leidens, das ängstliche Harren, die Knechtschaft und noch nicht einmal die Vergänglichkeit das letzte Wort haben. All das treibt ihn um, all die Krisen und die Verzweiflung am Zustand dieser Welt. Und dieses Gefühl der Ohnmacht, weil es doch eigentlich nicht wahr sein kann, wie Menschen in dieser Welt miteinander umgehen.

Ja, das ist alles da und scheint dem, worauf es im Leben ankommt, entgegen zu stehen. Das ist die Herrlichkeit, ein merkwürdiger Begriff, den Luther in seiner Übersetzung verwendet. In der Bibel in gerechter Sprache ist an der Stelle vom Schein göttlicher Klarheit oder vom göttlichen Glanz die Rede.

Und davon ist Paulus so erfüllt, dass er aus diesem Gottvertrauen allem Leiden und Schrecken etwas entgegenzusetzen hat.

Und wenn wir genau hinschauen, dann ist das Seufzen nicht einfach das Geräusch für das Leid dieser Welt, sondern das Seufzen strömt aus uns heraus, weil wir die Kraft finden, uns Luft zu verschaffen und auf Gottes Glanz auch schon in dieser Welt hoffen dürfen.

„Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt.“

Ja, mit dem Seufzen kommt etwas Neues in die Welt. Es ist ein Anfang, um mit der Hoffnung auf den Glanz göttlicher Klarheit in dieser Welt zu leben. Eine Welt, die so ist wie sie ist:

Mit Krieg, Gewalt und Zerstörung – auch mit enttäuschtem Vertrauen und Ängsten und Zweifel.

Zugleich eine Welt, in der Versöhnung möglich ist, an Frieden gearbeitet werden kann und Vertrauen immer neu wachsen wird.

Das gilt ja nicht nur für die großen Krisen dieser Welt, sondern auch für die vielen Sorgen, die unseren Alltag prägen und auch das Zusammenleben in den Gemeinden und im Kirchenkreis.

Da gibt es auch immer wieder Situationen, die ein großes Seufzen nach sich ziehen und einen Neuanfang nötig machen. Das ist mir wohl bewusst. Schließlich ist manches Seufzen bis nach Schleswig zu hören: nicht nur aus Rantzau-Münsterdorf…

Vielleicht kommen wir der Frage, warum die Hoffnung kein Geräusch hat, auf die Spur und gehen mal zuversichtlich davon aus, dass gute Leitung in der Kirche geräuschlos bleiben kann.

Jedenfalls wünsche ich mir, dass die Spannung, die eine Wahlsynode mit sich bringt, am Ende des Tages zu Klarheit führt und Sie als Kirchenkreis mit einem neuen Leitungsteam zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Aber noch einmal zum Sound der Hoffnung, die ihr ganzes Vertrauen auf etwas setzt, was wir nicht sehen können: dieser Sound ist anders als alles, was wir sonst zu Ohren bekommen. Es ist der Sound von Gottes Glanz. Er wird an einer anderen Stelle beschrieben. So hören wir im Psalm 19:

„Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, ohne Sprache und ohne Worte; unhörbar ist ihre Stimme.“

Wo auch immer wir Gott wahrnehmen und erfahren, in der Stille oder durch Musik, in der Kunst oder einem guten Wort. Gott segne uns mit seiner Geistkraft, dass wir das Unhörbare weitererzählen.

Amen

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