15. November 2019 | Predigt zur Landessynode

Die Welt braucht dein Vertrauen, deine Offenheit, deine Liebe

15. November 2019 von Tilman Jeremias

Liebe Synodale, heute ganz besonders liebe Mitglieder der neuen Kirchenleitung, liebe Gemeinde,

„Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ So lautet der Wochenspruch aus der Bergpredigt für diese Woche. Wir haben ihn neu seit der Perikopenrevision. Er soll deutlich markieren, dass mit dem Drittletzten Sonntag im Kirchenjahr die Friedensdekade beginnt, deren diesjähriges Bergfest wir heute feiern können. Aber nicht nur der Wochenspruch stößt uns auf das Thema Frieden. „Suche Frieden und jage ihm nach!“, schärft uns die Jahreslosung aus Psalm 34 schon das gesamte Jahr über ein. Nicht umsonst haben sich die Generalsynode der VELKD und die EKD-Synode in diesen Tagen mit dem Thema Frieden befasst, zum Teil sehr kontrovers. Kern des Streits: Kann die Kirche heute noch Gewalt befürworten, um schutzlosen Menschen zu helfen, oder muss sie nicht wie Jesus jede Gewalt ablehnen?

Ich hatte meinen Friedensmoment in Dresden nicht im Konferenzzentrum. Die Frauenkirche ist geschmückt durch ein weithin sichtbares Transparent mit der Seligpreisung der Friedfertigen. Und beim Mittagsgebet in der Frauenkirche ging es um den Weltfrieden, gesammelt, konzentriert, das Nagelkreuz als Zeichen der Versöhnung in der Mitte.

Religion und Frieden gehören zusammen. Das ist die Botschaft von „Religions For Peace“, die bei ihrer diesjährigen Weltversammlung im August in Lindau ein unüberhörbares interreligiöses Zeichen für Frieden und Versöhnung weltweit gesetzt haben. Und seit 2013, seit der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan, sind wir als Kirchen dieser Erde gemeinsam auf einem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens.

Das Thema Frieden liegt so nahe in unseren Tagen, in einer Zeit grausamer kriegerischer Auseinandersetzungen wie im Jemen oder in Syrien. In einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Spannungen bei uns, insbesondere durch Hass und Hetze von rechts. Und dennoch hat die Friedensdekade lange nicht mehr die Anziehungskraft, die sie in den 80er Jahren in West und besonders in Ost ausgezeichnet hat.

Ich will heute dennoch, nein gerade deswegen, eine Predigt halten zu einem der beiden Haupttexte der Friedensdekade 2019, die ja unter dem Motto „friedensklima“ steht. Dabei ist für mich heute nicht die durch das Motto benannte Gefährdung des Weltfriedens durch den Klimawandel zentral. Ich will es wagen, über den ersten Teil des 37. Psalms zu meditieren, den wir vorhin gemeinsam gebetet haben. Ich möchte ihm nachspüren im Jetzt, so wie Paul Gerhard es getan hat, damals mitten im Krieg. Denn ich bin überzeugt: Dieser Psalm ist geeignet, unsere Füße erneut auf die Wege des Friedens auszurichten.

Ich pilgere mit Ihnen durch die Verse 1 bis 11 aus diesem weisheitlichen Psalm. Da es ein meditativer Versuch ist, ermuntere ich Sie ausdrücklich, die Augen zu schließen, wenn Sie möchten.

Entrüste dich nicht über die Bösen, sei nicht neidisch auf die Übeltäter.
Denn wie das Gras werden sie bald verdorren, und wie das grüne Kraut werden sie verwelken.

Nun setz dich erst einmal hin. Du bist ja aufgewühlt und unruhig. Getrieben und gehetzt kommst du mir vor. Du bist wütend, sagst du. Über das Unrecht. Über die Gewissenlosigkeit der Trumps, Putins und Erdogans. Über die Milliarden, die für Rüstung ausgegeben werden, und es werden immer mehr. Und du fühlst dich machtlos gegen waffenstarrende Mächte. Doch dein Zorn hilft dir nicht. Setz dich. Versuche, zur Ruhe zu kommen. Wir können über den äußeren Frieden nur reden, wenn wir ihn im Inneren spüren.

Lass also los. Die Übeltäter haben nur begrenzte Kraft. Ihre Waffenmacht ist das Vorletzte. Ihr Übermut muss verstummen, ihre Raketen werden am Boden bleiben, sie werden vergehen. Ihre Zeit läuft ab.

Hoffe auf den Herrn und tue Gutes, bleibe im Lande und nähre dich redlich.
Habe deine Lust am Herrn; der wird dir geben, was dein Herz wünscht.
Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohlmachen
und wird deine Gerechtigkeit heraufführen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.
Sei stille dem Herrn und warte auf ihn.

Gut. Du atmest ruhiger. Es braucht Zeit, den Zorn fahren zu lassen. So halte noch einen Moment Stille. (…) Richte dich jetzt aus auf Gott. Überlasse dich ihm, so wie du gerade im Moment da bist. Bringe ihm deinen Zorn, deine Friedlosigkeit, deine Unruhe im Herzen. Er allein ist es, der deine Hoffnung nicht enttäuscht. Er kommt dir entgegen. Er will dich gründen und dir festen Stand für deine Füße geben. Glaube nicht, du kämpfst allein. Glaube nicht, an dir hänge der Frieden dieser Welt. Vertraue ihm, der dich geschaffen hat. Halte ihm still. Warte auf ihn.

Er hat es dir zugesagt. Du sollst leuchten. So wie die Sonne am Mittag. Doch leuchten kannst du nicht in deinem Aktivismus. Dein Licht kommt aus der Ruhe. Die Welt braucht nicht deine Intervention. Die Welt braucht dein Vertrauen, deine Offenheit, deine Liebe. Gib deinen Weg der Führung Gottes anheim. Er wird dich begleiten. Er ist dir Leitstern und Begleiter.

Entrüste dich nicht über den, dem es gut geht, der seinen Mutwillen treibt.
Steh ab vom Zorn und lass den Grimm, entrüste dich nicht, damit du nicht Unrecht tust.
Denn die Bösen werden ausgerottet; die aber des Herrn harren, werden das Land erben.
Noch eine kleine Zeit, so ist der Gottlose nicht mehr da;
und wenn du nach seiner Stätte siehst, ist er weg.

Wie? Willst du nun schon wieder beginnen mit deiner Wut? Dich erhitzen wie die Hetzer im Netz? Hast du nicht verstanden? Dein Eifer rettet die Welt nicht. Du kannst nicht einmal deinem eigenen Leben eine Spanne zusetzen, auch nicht im Fitnessstudio oder Bioladen. Und du willst die Welt retten?

Also laufe nicht weg. Setze dich bitte wieder. Komm zur Ruhe, erneut. Du musst das üben, jeden Tag. Du sagst, du trägst Verantwortung. Da musst du doch aktiv werden, Lösungen finden, Regelungen treffen. Ja, du hast Recht. Aber vergiss die Reihenfolge nicht. Handle nicht im Zorn. Entscheide nicht im Eifer. Suche erst die Ruhe, das Gebet. Und fass Vertrauen! Erinnere dich: Die Zeit der Gottlosen ist begrenzt. Sie müssen abtreten, bald. Erinnere dich: Es waren deine Gebete, die vor 30 Jahren eine Mauer zum Einsturz brachten. Der Friede, der in deinen Kirchen begann. Der sanfte Schein der Kerzen.

Deine Entscheidungen können Kraft haben, wenn sie aus der Stille kommen, aus dem Vertrauen in Gott. Und aus der Demut. Es hängt nicht an dir. Überlasse dich Gott. Befiehl ihm deine Wege.

Wenn du so aus dem inneren Frieden kommst, kann es sein, dass dir die Worte hohl klingen mögen von der ultima ratio, von der Notwendigkeit der Waffen, von den Bedingungen, die auf dieser Welt nun mal so sind. Rede. Aber komm aus dem Schweigen. Aus dem Hören auf Gott.

Und wisse: Nicht nur die Hassredner müssen verstummen. Den Gepeinigten wird das Land gehören. Sie werden sich freuen. Denn Friede wird sein, vom Zion her, jede unter ihrem Feigenbaum. Erinnere dich auch an diese Zukunft. Dann wirst du Friedensstifter sein aus dem strahlenden Licht deines Herzens.

Aber die Elenden werden das Land erben und ihre Freude haben am großen Frieden.  
Amen.

  

 

 

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