23. März 2016 | Güstrow

Die Zerbrechlichkeit des Lebens

23. März 2016 von Andreas von Maltzahn

Meditation beim Politikereinkehrtag in Güstrow

Die Zerbrechlichkeit des Lebens – gelegentlich haben wir sie geahnt
unter dem dünnen Firniss des alltäglichen Auf und Ab.
Meist verhüllt vom Mantel der Gewohnheit,
zugestellt von kleineren Sorgen und Freuden,
blitzte sie manchmal auf
   angesichts eines Unfalls,
   einer Krankheit,
   angesichts einer tiefen Verzagtheit.
Die Zerbrechlichkeit des Lebens,
die Verwundbarkeit unserer Gesellschaften –
seit gestern steht sie uns wieder überdeutlich vor Augen
und lässt sich nicht verdrängen.

„Wie gar nichts sind alle Menschen,
die doch so sicher leben!
Sie gehen daher wie ein Schatten
und machen sich viel vergebliche Unruhe;
sie sammeln und wissen nicht,
wer es einbringen wird.“

Fragen brechen auf:
   Was ist das für eine Welt, in der so viel Bosheit ist?
   Was ist das für ein Gott, der menschliche Freiheit auch zu ihrer dunklen Seite hin respektiert?
   Wer sind wir Menschen, dass wir so verblendet und grausam handeln können?

Fragen,
die keine schnelle Antwort vertragen.
Fragen aber,
die uns beschäftigen müssen, wenn sich denn etwas zum Guten verändern soll.

Jetzt jedoch sind wir bei den Opfern, den Toten und Verletzten,
   bei den Angehörigen, die noch bangen oder schon furchtbare Gewissheit haben,
   bei den Helfern, die Menschenmögliches leisten, um zu retten und zu heilen,
   bei den für die Sicherheit Verantwortlichen, die ihre Besonnenheit nicht verlieren dürfen,
   bei allen, die nun Angst haben . . .
Lassen Sie uns in einem Moment der Stille an sie alle denken.

Stille

Ohnmacht und Ratlosigkeit –
sie gebären den Ruf nach Vergeltung, nach Abgrenzung.
Kriegsrhetorik hat Konjunktur.
Doch wehe uns, wenn wir vereinfacht Schuld zuwiesen!
   Die Terroristen,
   die Muslime,
   die – wen auch immer – gibt es nicht,
   genausowenig, wie es vor einem Dreivierteljahrhundert
   die Deutschen gab. 
Pauschale Verurteilung atmet den gleichen, dämonisierenden Geist,
der Verblendete Sprengsätze zünden lässt.

Wie kann die Spirale der Gewalt durchbrochen werden?

So viele Antworten werden versucht:
   Sicherheitsmaßnahmen  stärken,
   die Finanzquellen des Terrors austrocknen,
   Lebensperspektiven entwickeln, damit Jugendliche sich nicht radikalisieren
   für mehr globale Gerechtigkeit sorgen,
   die Herzen und Köpfe der Menschen für ein Leben in Frieden gewinnen.

Eine einfache Antwort gibt es nicht.
Doch vielleicht wurde der zu gehende Weg gestern schon in Brüssel angedeutet;
mitten in all dem Chaos schrieben Menschen mit Kreide auf den Asphalt:
   „We are one.“
Vermutlich wollten Touristen so ihre Solidarität mit dem belgischen Volk ausdrücken.
    „We are one.“
Dieser Satz könnte aber auch bedeuten:
Ja, wirsind eins,
wir alle gehören zur einen, unteilbaren Menschheitsfamilie.
Wir, die zerstrittenen Kinder Gottes, werden Entfeindung lernen müssen.
Wir werden Zukunft nur miteinander – nicht gegeneinander – gewinnen.
Hoffnung füreinander zu hegen,
Hoffnung auch für Menschen, die jetzt noch Gegner sind
,
hat Jesus von Nazareth uns darum zugetraut.
Alles Leben ist miteinander verbunden – darum genügt es nicht zu siegen.
Es braucht die geduldige Arbeit an einem Frieden in Gerechtigkeit für alle.

Unsere Schwäche ist dabei zugleich unsere Stärke:
„Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod“, so lautet ein Slogan des IS.
Ja, wir wissen wir zerbrechlich, aber auch wie kostbar das Leben ist!
Es gibt so viel, wofür zu leben sich lohnt:
   sich hinzugeben an das, was Leben fördert,
   zu lieben und für Frieden und Zusammenhalt zu arbeiten
   einzutreten für eine gerechte, freiheitliche Gesellschaft,
   dankbar zu genießen, was uns an Schönheit und Wärme geschenkt wird…
Ja, wir lieben das Leben und wissen Gott als Liebhaber des Lebens.
Wir lieben das Leben und wissen uns eins.
Der Tod behält nicht das letzte Wort,
sondern das Leben aus Gott.

Der Beter des 39. Psalms fragt:
   „Nun, Herr, wessen soll ich mich trösten?“

Und antwortet selbst:
   „Ich hoffe auf dich.
   Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien,
   schweige nicht zu meinen Tränen.“

Schenke Gott, dass wir dazu in der Lage sind,
   in aller Traurigkeit doch für das Leben einzustehen,
   den Ernst der Lage zu kennen und doch Gottes Verheißungen zu trauen –
   dass Feindschaft überwunden werden kann,
   dass das Leben stärker sein wird als der Tod.

Amen.

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