Diese Falken fühlen sich im Kirchturm wohl
25. Juni 2015
Hamburg. Die Michaeliskirche von Neugraben hat tierische Untermieter: Im Turm hat sich ein Falkenpaar eingenistet und sechs Küken zur Welt gebracht. Sie lernen gerade fliegen – und Falken-Fans sind dank einer Webcam live dabei.
Hoch oben, in 30 Meter Höhe, haben sie ihr Zuhause: die Falken aus der Michaeliskirche von Neugraben. Das hat einen guten Grund: Falken lieben hohe Gebäude als Brutplätze. Denn dort oben fühlen sich die Tiere sicher und können ihren Nachwuchs in aller Ruhe großziehen.
Dass sich die Tiere ausgerechnet in dieser Kirche häuslich eingerichtet haben, ist kein Zufall. Vor zwölf Jahren hatte Kirchenvorstand Jens Marcus Wasserstraß die Idee, Falken einen Brutplatz im Kirchturm einzurichten. Gemeinsam mit Pfadfindern machte er sich ans Werk. Hinter einer Dachluke direkt in der Turmhaube wurde mit Sperrholzplatten ein „Wohnzimmer“ für Turmfalken eingerichtet.
Falken-Fans sogar in den USA
Und es dauerte nicht lange, bis die ersten Bewohner kamen. Schon im folgenden Frühjahr hatte ein Paar den Brutplatz im Kirchenturm für sich entdeckt, und seitdem sind Falken regelmäßig zu Gast in dem Kirchturm. Der tierische Besuch passe gut zu der Gemeinde, sagt Wasserstraß, weil sich die Mitglieder schon lange umweltpolitisch engagierten und sich für den Erhalt der Schöpfung einsetzten. Im Kirchencafé nach den Gottesdiensten werden regelmäßig die neuesten Geschichten rund um den Falkennachwuchs ausgetauscht.
Seit etwa zwei Jahren lässt sich das Leben der Falken inklusive Nachwuchs nämlich live über das Internet beobachten. Jens Marcus Wasserstraß ließ direkt am Brutplatz eine Webcam installieren. Über die Seite <link http: www.falkenkamera.de _blank link-extern>www.falkenkamera.de sind regelmäßig etwa 500 Falken-Fans live im Kirchturm von Neugraben zu Gast. Übrigens kommen die virtuellen Besucher nicht nur aus Hamburg. „Auch aus der Schweiz, Großbritannien und den USA haben wir immer wieder Zugriffe“, freut sich Wasserstraß, der sich selbst scherzhaft als „Falkenonkel der Gemeinde“ bezeichnet. Damit die gesamte Falkengemeinde immer auf dem Laufenden bleibt, hinterlassen die Nutzer Kommentare, was gerade im Kasten passiert ist.
Die Küken werden flügge
Wie beliebt die Seite inzwischen geworden ist, haben Wasserstraß und seine Mitstreiter neulich erfahren. In die Kirche hatte der Blitz eingeschlagen, und die Gemeinde stand plötzlich ohne Verbindung zum Web da. Auch die Falkenkamera blieb dunkel. Sofort fragten die Internet-User nach, was denn passiert sei und ob es den Falken gut gehe. Inzwischen funktioniert die Leitung wieder.
Über die Webcam konnte man beobachten, wie die sechs Küken Mitte Mai schlüpften und seitdem von ihren Eltern großgezogen werden. Im Akkord schaffen die Eltern für ihren Nachwuchs Fressen heran. Ratten, Eidechsen und „eine Unmenge an Mäusen“, erzählt Jens Marcus Wasserstraß. Inzwischen ist den jungen Falken ein Fellkleid gewachsen, und sie sind flügge geworden. Immer wieder gehen sie auf Flugtouren. Mitte Juli werden sie dann ihren sicheren Platz im Kirchturm von Neugraben verlassen und ihr Leben in der freien Natur beginnen.
Gemeinde vom NABU ausgezeichnet
Weil sich die Gemeinde so stark für die Turmfalken einsetzt, ist sie übrigens ausgezeichnet worden: Der NABU verlieh ihr die Plakette „Lebensraum Kirchturm“. Die Gemeinde habe sich für die bedrohte Art eingesetzt, begründet Frederick Schawaller vom NABU, der andere Hamburger Gemeinden dazu aufruft, dem Beispiel aus Neugraben zu folgen.