Bischof Magaard: „Selbstbestimmungsrecht des Menschen gerecht werden“

Diskussionsabend zum Thema „Organspende“ auf Schloss Gottorf

Bischof Gothart Magaard, Prof. Ruth Albrecht, Moderatorin Mareike Brombacher, Dr. Armin Teschner und Prof. Felix Braun, Foto: Wendt/Nordkirche
Bischof Gothart Magaard, Prof. Ruth Albrecht, Moderatorin Mareike Brombacher, Dr. Armin Teschner und Prof. Felix Braun, Foto: Wendt/Nordkirche

12. Februar 2020 von Antje Wendt

Schleswig Auf Einladung von Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), fand heute (12. Februar) ein Informations- und Diskussionsabend zum Thema „Organspende“ statt. Zahlreiche Interessierte waren zu den Fachvorträgen in den Vortragssaal auf Schloss Gottorf gekommen und diskutierten anschließend in kleinen Gesprächsrunden mit den Referenten.

In seiner Begrüßung erläuterte Bischof Magaard: „Bei der Organspende sind es keine beiläufigen Fragen, die uns bewegen. Es geht um Leben und Tod. Um die Unversehrtheit und das Recht auf die Integrität des eigenen Körpers genauso wie um die Solidarität mit denjenigen, deren Leben von einem Spenderorgan abhängt. Deshalb ist die persönliche Auseinandersetzung im Umgang mit der Organspende von entscheidender Bedeutung.“

Dr. Armin Teschner, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht in Schleswig, beleuchtete in seinem Beitrag die rechtlichen Aspekte des Themas: „Die vom deutschen Gesetzgeber abgelehnte Widerspruchslösung begegnet deutlichen juristischen Bedenken vor allem mit Blick auf das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Dieses Recht gilt auch über den Tod hinaus und schützt die physische Integrität wie auch die Selbstbestimmung des Menschen über seine Integrität.“ Vor diesem Hintergrund rief Teschner dazu auf, zunächst an der beschlossenen Gesetzesreform zu arbeiten. Das werde nicht nur eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, sondern erfordere auch ein großes Engagement der betroffenen Fachleute und gesellschaftsrelevanten Kräfte.

Der Kieler Transplantationsmediziner Prof. Felix Braun vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein sprach sich in seinem Vortrag für den Aufbau eines Spenderregisters unabhängig von der beschlossenen Lösung aus. „Als Transplantationsmediziner werden wir alle Anstrengungen unternehmen, damit die aktuelle Lösung zum Erfolg führt, beispielsweise durch die Ausbildung von Transplantationsbeauftragten und die Schulung von Hausärzten. Wir wissen, dass die Erwartungen an uns hoch sind.“ Eine besonders wichtige Aufgabe sieht er in der umfangreichen Information und Aufklärung der Bevölkerung.

Als medizinethische Expertin der Nordkirche spezifizierte Pastorin Dr. Ruth Albrecht von der Arbeitsstelle Ethik im Gesundheitswesen am Ende ihrer Ausführung die Ausgangsfrage der Veranstaltung aus theologischer Sicht: „Das Gebot 'Liebe deinen Nächsten wie dich selbst' (Mt 22,39) fordert geradezu zur ethisch-theologischen Reflexion auf. Was ist die richtige Form der Liebe im Hinblick auf die Frage der Organspende? Wer ist dabei mein Nächster? Diese einfach klingenden Fragen sind Gewissensfragen, das heißt vom Gewissen her zu beantworten. Wissen und Freiheit sind die entscheidenden Pole, damit das Gewissen eine Antwort finden kann.“

Sie resümierte, dass das tief in der Basis des Christentums verankerte Gebot der Nächstenliebe keine schnelle und eindeutige Antwort auf die Frage nach der Spende eines Organs gebe. Das Gebot bilde einen der Ausgangspunkte der Debatte, bei der mehr Raum und Zeit für den Austausch von guten Gründen sowie auch von Ängsten, Sorgen und Unsicherheiten benötigt werde. Ruth Albrecht appellierte: „Lassen Sie uns weiter und offen über unser Verständnis von Tod und Leben, Endlichkeit und Vergänglichkeit sprechen, damit wir bei der Frage nach dem Spenden von Organen zu gut begründeten Antworten kommen.“

Im Anschluss an die Impulsvorträge diskutierten die Anwesenden in kleinen Runden vertiefend zu den Einzelaspekten.

Hintergrund:

Aktuell dürfen in Deutschland Organe nur dann nach dem Tod entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten zugestimmt hat oder ihre Angehörigen ihr Einverständnis erklären. In vielen anderen Ländern gilt die sogenannte Widerspruchslösung: Sie besagt, dass jede Person ein potentieller Organspender ist, sofern sie nicht zu Lebzeiten widerspricht. Mitte Januar 2020 hat der Bundestag die Widerspruchslösung abgelehnt und zugleich beschlossen, dass die Bereitschaft, Organe nach dem eigenen Tod zu spenden, in Zukunft regelmäßig bei Ausweisstellen erfragt werden soll. Außerdem sollen Hausärzte die Patienten ermuntern, eine Entscheidung zu dokumentieren. Das Gesetz wird voraussichtlich im ersten Quartal 2022 in Kraft treten.

Zu dem Themenabend hatte Bischof Gothart Magaard gemeinsam mit der Evangelischen Akademie und dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Nordkirche eingeladen.

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