10. April 2022 | Torgelow

Einführung von Prädikanten

10. April 2022 von Tilman Jeremias

Palmarum, Predigt Joh. 17, 1-8

Liebe Frau Wree, lieber Herr Vater, liebe Gemeinde,

es ist ein schöner Anlass, der uns heute hier zusammenführt. Sie beide, liebe Frau Wree, lieber Herr Vater, werden als Prädikantin und als Prädikant beauftragt und eingeführt. Ja, das sind zwei verschiedene Dinge. Sie erhalten heute die gesamtkirchliche Beauftragung für diesen Dienst durch mich als Bischof und die Einführung in Ihr konkretes Arbeitsfeld durch Propst Haerter.

Wie schön, dass Sie beide die anspruchsvolle, aber auch sehr gewinnbringende Ausbildung hinter sich gebracht haben. Und wie schön, dass Sie beide bereit sind, Gottesdienste zu leiten und eigenständige Predigten vorzubereiten und zu halten. Damit haben Sie am Amt der Verkündigung Anteil, dem wichtigsten Amt in unserer Kirche. Christlicher Glaube kann dort entstehen, wo andere Menschen glaubhaft und überzeugend von ihm reden, Zeuginnen und Zeugen für das Evangelium Jesu Christi sind.

Dazu ist nach evangelischem Verständnis jeder Christenmensch aufgerufen und in der Lage. Aber bestimmte Menschen schickt die Kirche los, um diesen Grundauftrag auch öffentlich auszuführen, vor allem in der Öffentlichkeit des Gottesdienstes.

Sie beide sind schon lange in Ihren Kirchengemeinden unterwegs, auch in verantwortlicher Position. Sie, liebe Frau Wree, sind ja gebürtige Pampowerin, kennen Ihre Leute vor Ort und die Arbeit der Kirchengemeinde. Schon als Lektorin haben Sie gern Gottesdienste geleitet, und, wie Sie mir verraten haben, auch öfter die Lesepredigten etwas verändert, damit sie für Sie stimmig waren. Was lag da näher als auch Prädikantin zu werden!

Sie, lieber Herr Vater, haben einen sehr speziellen Zugang zur Kirche gefunden. Denn in Ihrer Kindheit sind Sie ohne kirchliche Bindung groß geworden. Dann, im Wendejahr 1989, wo alles in Bewegung war, haben Sie sich mit Freunden das Herz gefasst und beim Pastor geklingelt. Schließlich war die Kirche vorn mit dabei bei allem, was da an Neuaufbruch geschah. Und dieser Pastor hieß schon damals Frank Sattler. Aus dieser Begegnung ist Ihr langjähriges Engagement gewachsen.

Heute ist der Tag, an dem Sie offiziell in Ihr Amt gerufen werden. Das heißt bei uns in der Kirche immer zweierlei: Sie werden beauftragt unter der Bitte um den Heiligen Geist, Ihnen wird aber auch der Segen Gottes zu gesprochen, ohne den all unsere Bemühungen ins Leere laufen.

Dieser für Sie so besondere Tag ist der heutige Palmsonntag. Wir stehen am Beginn der Karwoche. Die Leidenstage Jesu beginnen mit einem triumphalen Einzug in Jerusalem. Die Leute sind begeistert. Aber wer genau hinsieht, merkt: Hier erscheint nicht der weltliche Herrscher hoch zu Ross, hier kommt der König der Welt, und der reitet auf einem Esel. Und er kommt nicht, um inthronisiert zu werden, sondern zu seiner Hinrichtung.

Diese heftige Spannung des Palmsonntags durchzieht auch unseren heutigen Predigttext aus dem Johannesevangelium. Wir hören, wie Jesus betet. Vorher hat er seinen Jüngern die Füße gewaschen. Er hat zu ihnen gesprochen, ihnen in seinen Abschiedsreden vor allem den Heiligen Geist zugesagt. Jetzt kniet er nieder. Er hält Fürbitte für die Seinen. Er redet zu Gott in hohen Worten. Darum sprechen wir bei Johannes 17 vom Hohepriesterlichen Gebet. Diesen Ausdruck hat im 16. Jahrhundert übrigens der Rostocker Theologe David Chyträus für dieses Gebet geprägt.

Ich lese zur Predigt den ersten Teil dieses Kapitels:

1Jesus hob seine Augen auf zum Himmel und sprach: Vater, die Stunde ist gekommen: Verherrliche deinen Sohn, auf dass der Sohn dich verherrliche;
2so wie du ihm Macht gegeben hast über alle Menschen, auf dass er ihnen alles gebe, was du ihm gegeben hast: das ewige Leben.
3Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.
4Ich habe dich verherrlicht auf Erden und das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tue.
5Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.
6Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.
7Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt.
8Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.

Es ist schon eigentümlich. Hier betet ein Mensch, der genau weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Der ahnt, dass ihm Schlimmes bevorsteht, Verrat, Folter, Schauprozess, Kreuzigung. Und doch ist das wichtigste Wort in diesem besonderen Gebet Doxa, auf Deutsch Herrlichkeit. Hier betet ein Todgeweihter. Und er redet über die höchsten Geheimnisse Gottes und seine eigene Verherrlichung.

Jesus hebt seine Augen auf. Schon an seiner Körperhaltung wird klar, dass es in diesem Gebet um Erhabenes, Letztgültiges geht. „Die Stunde ist gekommen“, beginnt er zu beten. Er macht sich keine Illusionen; er weiß, was ihm bevorsteht. Aber nun folgt nicht die Klage, nicht das von Todesangst durchsetzte Gebet von Gethsemane, das die anderen drei Evangelien überliefern. Nein, hier betet im Grunde der Pantokrator, der Herrscher über alle Welt, über alle Menschen. Er weiß, dass sein bevorstehender Tod nicht Ende und Scheitern ist. Nein, es ist die Erhöhung zu Gott, seine Verherrlichung.

Gleich der Beginn des Johannesevangeliums hat es beschrieben. Am Anfang war das Wort, und dieses Wort war Gott. Christus war von Anbeginn der Welt da, Teil der göttlichen Wirklichkeit und Herrlichkeit. Und dieses Wort wurde Fleisch, ein Mensch in der Geburt Jesu. Im Hohepriesterlichen Gebet verkündet Jesus feierlich, dass er nun den göttlichen Auftrag auf Erden vollendet hat. Er hat den Vater verherrlicht auf Erden, dessen Namen bezeugt und Wunder getan, Menschen gesund gemacht und ihnen neuen Mut gegeben. Jetzt bittet er seinen Vater, dass er ihn verherrlicht. Und diese Verherrlichung, diese Erhöhung zum Vater, soll ausgerechnet geschehen in Jesu unschuldigem Sterben am Kreuz.

„Es ist vollbracht“, wird der sterbende Jesus nach dem Zeugnis des Johannes am Kreuz sagen. Dieses Kreuz ist Siegeszeichen, Zeichen der Herrlichkeit Gottes. Das Beten und das Sterben Jesu haben vor allem einen Sinn: dass die Menschen erkennen, dass sie wahrnehmen, mit wem sie es in Jesus Christus zu tun haben, mit dem ewigen Wort Gottes, das von Anbeginn der Welt da war, das Mensch wurde und in die Herrlichkeit Gottes zurückkehrte.

Wer etwas vom Leben in Fülle, vom eigentlichen Leben wissen will, der oder die öffne seine und ihre Augen für den Menschensohn, den Gott am Kreuz verherrlicht hat.

Vielleicht sind uns diese hohen Gebetsworte Jesu aus dem Johannesevangelium weit weg. Ich finde sie zu Beginn der Karwoche in diesem Jahr besonders tröstlich. Gestern war Juliana bei uns, mit ihrer Schwester und drei Kindern. Sie stammen aus Kiew und werden bei uns im Bischofshaus bald zu Gast sein, niemand weiß, wie lange. Für diese Menschen ist Leiden und Sterben keine ferne Erzählung aus dem Evangelium, sondern in unseren Tagen erlebtes Trauma. Sie können nicht fassen, dass Menschen, die ihnen kulturell so nahe waren, nun so unmenschlich wüten in ihrem Land. Sie bangen um ihre Männer und Väter.

Ich verstehe unser heutiges Evangelium so: Das Leiden und das Sterben sind nur ein Durchgang. Die mordenden Despoten dieser Welt haben niemals das letzte Wort. Das Kreuz des Leids ist bereits das Zeichen, dass Gottes Herrlichkeit auf uns wartet.

Jesu Gebet ist mit unseren Versen nicht zu Ende. Im Anschluss hält er Fürbitte für diejenigen, die ihm sein Vater anvertraut hat. Jesu wichtigste Bitte: dass sie eins seien, dass sie sich nicht auseinanderdividieren lassen, in Streit kommen. Nur wenn die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu mit einer Stimme sprechen, können sie das Evangelium so bezeugen, dass die Welt glaube.

Für diese Aufgabe werden Sie beide, liebe Frau Wree, lieber Herr Vater, heute zugerüstet. Möge der Segen Gottes auf ihren Wegen ruhen und der Geist Gottes durch Sie beide sprechen!

Amen  

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite