KIEL, 27. OKTOBER 2009

Erster Predigtteil im Gottesdienst anlässlich der Eröffnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags

19. November 2009 von Gothart Magaard

"Auf alles waren wir vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete." Ein geflügeltes Wort damals, vor zwanzig Jahren, in einem Land, das es nicht mehr gibt. Auf alles waren wir vorbereitet, mit unserer hochgerüsteten Staatsmacht. Und dann kam alles anders. Kerzen und Gebete. Sie ließen eine neue Welt ahnen und riefen sie schließlich ins Dasein. Macht und Apparat zerbröselten von Tag zu Tag.

Sie, liebe Schwestern und Brüder, sind heute vorbereitet auf Kerzen und Gebete. Sie sind gekommen, um auf die stillen, manchmal mahnenden Worte  Gottes zu hören. Nicht alles können wir uns selbst sagen. Manches muss uns auch gesagt werden, immer wieder. Wir brauchen Gottesmänner wie diesen Micha aus Moreschet, dem kleinen Dorf auf dem Lande und  Gottesfrauen. Wir brauchen solche Gottesworte, wie er sie damals gesagt hat - den Hauptstädtern in Jerusalem, der reichen Oberschicht direkt ins Gesicht:  

„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und  was Gott bei dir sucht: nichts anderes als Gerechtigkeit üben, Freundlichkeit lieben und aufmerksam mitgehen mit deinem Gott.“

Strenge Worte, mutige Worte, und gültig - damals wie heute. Damals, Jahrhunderte vor Christus, hatte die Gier der Reichen die Armen ins Elend gebracht hat. Gegen Lug und Trug in Jerusalem, gegen den trügerischen Glanz der falschen Götter und für einen rechten Gottesdienst trat der Gottesmann auf.  Und heute? Hören wir auf sein Wort, auf sein erstes, gewichtiges Stichwort: Übt Gerechtigkeit!  

Ein Stichwort, das im biblischen Ethos einen besonderen Klang hat. Nicht das Bild der Waage steht im Hintergrund, die Justitia mit der Augenbinde, die jedem das Seine zuteilt - nein, das Wohl der Gemeinschaft, des Volkes ist der zentrale Orientierungspunkt. Entscheidungen, die die ganze  Gemeinschaft fördern, meint das biblische Wort Gerechtigkeit. Und der Prüfstein für solche Treue zur Gemeinschaft ist einfach und klar - es ist das Wohl der Witwen und Waisen. Die Qualität einer Gesellschaft misst sich seit alten Zeiten daran, wie es den Armen und Schwachen, den Witwen und Waisen und den Fremdlingen geht, und wir könnten heute ergänzen: wie es den Alleinerziehenden und Wohnungslosen, den perspektivlosen Jugendlichen und den Minderheiten geht. Ihnen sollst Du ins Gesicht und in die Augen schauen, dann siehst und erfährst Du die Wahrheit über Dein Volk, Dein Land, Deine Gesellschaft. "Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan", lässt schließlich Christus selbst im Gleichnis den Richter über alle Welt am Ende der Tage sagen. Das Recht soll unser Leben so gestalten, dass niemand von dem ausgeschlossen ist, was uns Gott in seiner Welt und Schöpfung geschenkt hat.  

„Auf alles waren wir vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete“. Sie bereiten sich heute bei Kerzen und Gebet auf ihre kommenden Aufgaben vor. Sie spüren die Verantwortung, die auf ihnen liegt. Die Geschicke des Landes sind in ihre Hände gelegt, die Geschicke der Menschen in Schleswig-Holstein, auch die seiner Witwen und Waisen. Sie sind die gewählten Vertreter des Volkes, Träger der Hoffnungen, der Erwartungen, auch der Ängste und Befürchtungen der Bürger unseres Landes. Keine leichten Aufgaben liegen vor Ihnen, die Zeiten sind schwierig, mancher Sturm wird Ihnen ins Gesicht blasen, manchem Unwetter muss getrotzt werden. Ein erfahrener Seefahrer weiß, wie wichtig ein zuverlässiger Kompass ist, um Position und Kurs zu bestimmen.  

Ich möchte Ihnen die Gottesworte Michas als Kompass mit auf den Weg geben. Übt Gerechtigkeit. Bleibt dem Volk, dem Wohl der Gemeinschaft, der ganzen res publica treu und vergesst auch die an den Rändern nicht, die Witwen und Waisen und die Kinder in Armut. Fragen Sie sich und andere doch von Zeit zu Zeit: Was würde wohl der Gottesmann Micha zu dieser oder jener Frage sagen, zu dieser oder jener Entscheidung der Landespolitik? Wäre er damit einverstanden? Im Bild gesprochen: Stecken Sie bitte den Kompass des Gotteswortes nicht nur in die Tasche oder in einen Aktenordner, sondern nutzen Sie ihn, gerne und häufig. Denn dieser Kompass weist den richtigen Kurs - für das persönliche Leben und für das Schiff des Staates, dessen Ruder Ihnen anvertraut ist. Amen.

  Gothart Magaard, Bischofsbevollmächtigter im Sprengel Schleswig und Holstein

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