Nordkirche möchte religiöse Vielfalt im Religionsunterricht stärken

Fachtag zum Religionsunterricht in Schleswig-Holstein

Religionsunterricht in der Grundschule (Archivfoto)
Religionsunterricht in der Grundschule (Archivfoto)© epd

17. November 2022 von Antje Wendt

Schleswig. Seit 2013 haben die Nordkirche und die Universitäten in Schleswig-Holstein umfangreiche Untersuchungen zum Religionsunterricht durchgeführt. Zusammen mit weiteren Beteiligten entstanden auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung des Religionsunterrichtes in Schleswig-Holstein. Ein wichtiger Punkt ist dabei, Wege zu finden, wie Schülerinnen und Schüler auch anderer Religionen ihren Selbstverständnissen entsprechend begegnet werden kann. Ein bedeutender Schritt war daher die Absichtserklärung, einen ՙInterreligiösen Arbeitskreisՙ, zu gründen, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Religionsgemeinschaften zusammensetzt und zukünftig regelmäßig tagen soll.

„Schon heute achten Religionslehrkräfte darauf, dass auch nicht-evangelische Schülerinnen und Schüler ihre individuelle Religiosität oder weltanschauliche Überzeugung im Religionsunterricht besser verstehen und entfalten können,“ berichtet Oberkirchenrat Dr. Thorsten Dittrich, zuständiger Referent im Dezernat Kirche und Gesellschaft der Nordkirche. Was bis heute fehle, seien flankierende Gesprächsprozesse mit Vertretenden der anderen Religionen und mit Fachleuten aus der Praxis des Religionsunterrichtes sowie der Wissenschaft.

Dies wurde nun mit der ՙ1. Fachkonferenz für die Weiterentwicklung des evangelischen Religionsunterrichts vor dem Hintergrund religiöser Vielfalt in SHՙ nachgeholt. Bei diesem Termin trafen sich Fachleute und Vertreterinnen und Vertreter von Judentum, Islam, Aleviten, der Evangelisch-Lutherischen Nordkirche und der katholischen Kirche, um in Vorträgen und Workshops gemeinsam die verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und Wege der Weiterentwicklung zu planen. Wichtigen Input lieferten dabei die Beiträge der Vertreter nichtchristlicher Religionsgemeinschaften, die den besonderen Blick auf ihre jeweilige Religion warfen und wichtige Hinweise dafür gaben, wie evangelische Religionslehrkräfte einen Unterricht gestalten können, der zur Pluralitätsfähigkeit befähigt.

"Das Judentum ist mehr als die bekannten klischeehaften Bilder"

Isak Aasvestad, Landesrabbiner der liberalen jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein, betonte dabei insbesondere, dass die Darstellung des Judentums sich nicht auf allein eine der vielen Strömung beschränken solle. Das Judentum sei mehr als die bekannten klischeehaften Bilder. Auch sei die Reduktion des Judentums auf den Holocaust zu kurz gesprungen. Natürlich könne man „den Holocaust nicht nicht thematisieren. Aber das Judentum ist mehr. Das Judentum zeige heißt, das Leben zu zeigen“.

Amin Rochdi, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Interdisziplinären Zentrum für islamische Religionslehre der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg, sprach sich ebenfalls für eine differenzierte Betrachtung der Strömungen und Traditionen in seiner Religion, dem Islam, aus. Darüber hinaus benannte er einige erschwerende soziokulturelle Hintergründe, denen nicht wenige muslimische Schülerinnen und Schüler ausgesetzt seien. Hierzu zählte er beispielsweise die gesellschaftlichen Signale, die den Islam häufig einseitig auf radikale Strömungen reduzierten. Zu bedenken sei auch eine stark religiös-narrative Vorprägung und ein religiöser Habitus muslimischer Schülerinnen und Schüler, der nicht immer in gleicher Weise mit einem reflektierten theologischen Grundwissen einher ginge.

„Religionslehrkräfte sollten sich daher mit den Lehren des Islam auskennen bzw. in der Vorbereitung damit auseinandergesetzt haben“.

Diesem Wunsch kann sich auch Ismail Kaplan, ehemaliger Bildungsbeauftragter der Aleviten in Deutschland, anschließen. Denn nicht selten werden die Aleviten von Religionslehrkräften mit den Muslimen verwechselt. Fragen wie „Geht ihr auch in die Moschee? Fastet ihr während des Ramadans?“ sollten, so Kaplan, vermieden werden. Auf die Frage, ob es Tabus bzw. „No-Go`s“ gäbe, die seitens der Lehrkraft nicht benannt werden sollten, antwortete Kaplan: „Jedes Thema kann und soll im Dialog erörtert werden können, ebenso jede Frage und auch jedes Vorurteil, dafür ist so ein Unterricht ja da“.

"Es ist wichtig, den Schülerinnen und Schülern unterschiedlichster kultureller Verwurzelung Raum zu geben."

Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), nahm ebenfalls an der Tagung teil und sagte: „Gerade in der gegenwärtigen herausfordernden Zeit ist es besonders wichtig, Schülerinnen und Schülern unterschiedlichster Herkunft und kultureller Verwurzelung im evangelischen Religionsunterricht einen ՙRaumՙ zu geben, in dem sie ihr eigenes religiöses Reifen entwickeln und ihre Sorgen und Ängste zur Sprache bringen können. Außerdem geht es darum, die gewachsenen und immer noch wachsenden religiösen wie kulturellen Traditionen hier bei uns im Land zu benennen und auf authentische Art und Weise im Unterricht lebendig werden zu lassen. Darum empfinde ich die Absichtserklärung, einen ՙInterreligiösen Arbeitskreisՙ gründen zu wollen als eine gelungene Station auf dem Weg hin zu mehr Kooperation, Austausch und gemeinsamer Gestaltung dieses besonderen und wichtigen Faches“.

Ein Gespräch mit einem Religionslehrer über den Religionsunterricht an einer Gemeinschaftsschule in SH: „Welche Werte, welchen ethischen Hintergrund habe ich?“

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