5. April 2020 | Anschargemeinde in Hamburg-Eppendorf

Fernsehgottesdienst auf TIDE.TV: „Von guten Mächten“

05. April 2020 von Kirsten Fehrs

Gottesdienst am Palmsonntag zum 160. Geburtstag von St. Anschar

Liebe Anschargemeinde, liebe Tide-Gemeinde,

was für Emotionen, auch aufgestaute Gefühle, erleben wir in dieser Zeit! Aufrüttelnd und bedrängend. Die Corona-Krise, die rasend schnell die ganze Welt aus den Angeln gehoben hat, löst unerhört viele Gefühle aus. Da ist die Angst hier im Pflegeheim nebenan, dass die Bewohner*innen, aber auch die Pflegekräfte krank werden könnten. Da ist der tiefe Schmerz der Angehörigen, weil sie etwa ihre alten Eltern nicht besuchen können, gerade wenn es ihnen schlecht geht. Ja, wir wissen: Es ist zum Schutze aller, aber die Vernunft siegt halt nicht immer über das Herz. Da ist die Angst so vieler Familien, ob man das alles noch bewältigen kann mit Arbeitsstress, Home-Office, Kindern und Küchendunst. Und diese ohnmächtige Ungewissheit, wie lange das noch dauert? Die Sorge um den Arbeitsplatz und die Existenz, nicht zuletzt die Sorge, was in der ganzen Welt gerade auseinander bricht und an humanitären Katastrophen hervorbringt. 

All das höre ich, aber auch das andere: Zuversicht, keck und neu, weil auf einmal Veränderung funktioniert. Da hat man jahrelang auf etwas hingearbeitet – und nun gelingt´s! Kreative Kraft entsteht. Zuversicht auch, weil sich nicht nur persönlich, sondern gesellschaftlich zeigt, wie beziehungsfähig wir sind in dieser Demokratie, und wie hilfsbereit. Großartig doch auch, wie die Menschen ein warmes Gefühl durchfährt, wenn sie sich abends auf den Balkonen ansingen und den Mond dazu. Wenn sie für all die Vielen Beifall klatschen, die in diesen Wochen Enormes für unser Land leisten. All die Ärzte und Kita-Notzeiten-Erzieherinnen, die Pflegekraft und  Lageristin, die Politiker*innen, die Leute von der Stadtreinigung und in den Forschungszentren, die unser Land am Laufen halten!  Eben: Von guten Mächten treu und still umgeben. Diese mir so vertraute Liedzeile hat für mich auf einmal einen neuen Klang bekommen.

Was für Emotionen, aufgestaute, widersprüchliche Gefühle waren das auch damals, in Jerusalem! Jubelnde Menschen rufen Jesus ein lautes Hosianna zu, er ist ihr König!  Mit Palmenzweigen jubeln sie, daher der Name des Sonntags heute: Palmsonntag. Das Evangelium hat das eben ganz lebendig erzählt. Und dazu haben wir das schöne Adventslied gesungen, das genau dazu passt: Tochter Zion.

Alle rennen sie ihm nach, heißt es im Evangelium. Und wie sie ihm nachrennen, er ist Jesus Christ Superstar.  Er kann alles, sogar Tote aufwecken – Hosianna! Aber in dieser überbordenden Freude liegt nicht nur Glück, darin aufgestaut sind jede Menge Gefühle!  Die ganze Angst der Menschen um ihr Leben, diese Angst, was werden wird, all ihre Ohnmacht, Wut, ihr Leiden an der Zeit damals, die Trauer um ihre Lieben. Die Menschen dort in Jerusalem wollen, dass es anders wird in dieser Gesellschaft. Jetzt und nicht morgen. Sie zittern vor Sehnsucht nach Erlösung. Es möge endlich besser werden. Menschlicher. Gottnäher. Hoffnungsfroher. Jesus. Wie sehnte man sich nach guten Mächten inmitten diktatorischer Gewalt.

Was für Emotionen – in  diesem Text. In dieser Welt, in dieser Zeit. Und an diesem Ort, der Anscharhöhe.

Festfreude ist´s ja trotz Corona heute und hier, wenn man sieht, wie über 160 Jahre in dieser „Kolonie der Barmherzigkeit“, wie sie 1860 genannt wurde, alte, behinderte und kranke Menschen  zu ihrem Recht gekommen sind, zu Menschenrecht. Gewürdigt und angesehen. Eben: Nächstenliebe live. Danke allen, die über die Zeiten hin dafür bis heute stehen!

Und mit Festfreude, das erfährt man hier in Gesprächen mit den Bewohner*innen, ist  der Palmsonntag sowieso verbunden: Lange Zeit war er ja traditionell der Konfirmationssonntag. Mit Spitzentaschentuch und Maiglöckchen, schön. Konfirmation -  eine Segenshandlung, die ja bis heute die junge Seele in die Welt schickt und den Rücken stärkt. Wie viele Menschen werden das über die Jahrzehnte hin in dieser Kirche erlebt haben. Auch dann später im Lebenslauf, der Segen für die Liebe des Lebens. Für das Kind zur Taufe. Segen für den letzten Weg, wenn jemand stirbt. Es sind dies ja alles so berührende Momente, diese Segensmomente, weil sie uns bewusst machen, wie zerbrechlich und verwundbar das Leben sein kann und wie sehr wir es schützen wollen.

Und so scheint in all dem hochaktuell auf, wie wichtig der Segen gerade in dieser Zeit ist: Dieses eine klare Wort, dass wir nicht allein durch diese Zeit gehen. Diese eine zärtliche Berührung Jesu, die zeigt, dass wir zu ihm gehören – auch wenn wir uns im  Moment nicht nahe sein können. Wir sind von guten Mächten wunderbar geborgen und: Wir können ruhig werden. Heraus aus Müdigkeit und Anspannung sich anvertrauen. Getrost, ja getröstet. Klarer nun in den Gedanken.

Und so gehen wir in die Stille. Die stille Woche – mit Gründonnerstag und Karfreitag. Anders als sonst. Unvertrauter. Und doch ungebrochen Richtung Osterhoffnung. Gehalten von ihm, der uns durch alle Zeiten getragen hat, erwarten wir getrost, was kommen mag. Er ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Amen.

 

Datum
05.04.2020
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Kirsten Fehrs
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