28. Juni 2015 | St. Petri-Dom zu Schleswig

Geistliche Begleiter sein für die anvertrauten Menschen

28. Juni 2015 von Gothart Magaard

4. Sonntag nach Trinitatis, Ordinationsgottesdienst mit Predigt zu Joh. 20,19-23

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Bruder und Herrn Jesus Christus. Amen

Liebe Festgemeinde,
mit einem Friedensgruß beginnen viele Predigten. Schalom, Friede sei mit Euch!

Schalom, ein biblisches Grundwort, so wichtig und unentbehrlich wie das Amen in der Kirche. Der Theologe Calvin hat die Bedeutung dieses Grußes so formuliert: "Friede sei mit Euch!" Das ist der übliche Gruß der Hebräer: Friede bedeutet bei ihnen alles Günstige, was man sich für ein glückliches Leben zu wünschen pflegt.[1] Jesus sagt diesen Friedensgruß gleich zweimal in unserer Geschichte zu seinen Jüngern.

Und er sagt es heute Ihnen: die Sie heute ganz öffentlich für den Dienst als Pastorinnen und Pastoren in unserer Kirche beauftragt und gesegnet werden: Schalom, Friede sei mit Euch.

Heute ist ein besonderer Tag, auf den ich mich auch persönlich sehr gefreut habe: für Sie, mit Ihnen und für unsere Kirche. Und wir denken heute auch an die zehn weiteren Schwestern und Brüder, von denen vier ebenfalls heute in Greifwald ordiniert werden und die anderen demnächst.

Gemeinsam haben wir uns kürzlich auf die Ordinationen vorbereitet. Ja: Sie, liebe Schwestern und Brüder, werden erwartet! Und ich versichere Ihnen: Sie sind willkommen in unserer Kirche!

Zu Ihnen und zu Ihrer Geschichte gehören viele liebe Menschen, etliche von ihnen sind heute hier und freuen sich mit Ihnen über Ihren Tag: Ihre Familien und Freunde, Weggefährten, und diejenigen, die Sie sich als Assistentinnen und Assistenten ausgesucht haben, ein Vertreter der Ausbildung sowie eine Vertreterin des Personaldezernats, sowie Gemeindeglieder aus ihren Vikariatsgemeinden und aus den Gemeinden, in denen Sie nun als ordentlich berufene Pastorinnen und Pastoren ihren Dienst ausüben werden.

Was wird sich verändern durch Ihre Ordination? Eine von Ihnen ist ja schon seit geraumer Zeit, andere seit wenigen Wochen in ihrer Gemeinde tätig. Sie alle sind als Vikarinnen und Vikare in die verantwortliche Wahrnehmung aller pastoralen Aufgaben eingeführt worden. Wozu dann noch die Ordination?

Sie haben mich nach meiner eigenen Ordination gefragt, an die ich mich - auch wenn sie 29 Jahre im Hamburger Michel zurückliegt - noch gut erinnern kann. Wie die Jünger Jesu gesandt, beauftragt und für meinen Dienst gesegnet, und unter den Schalom Gottes gestellt zu werden, das ist mir immer wichtiger geworden.

Wann immer ich daran zurückdenke, fühle ich mich gestärkt, vergewissert, ermutigt. Als Bischof schrieb ich denjenigen, die Ordinationsjubiläen feiern, 25 Jahre, 30 Jahre, 50 und sogar 60 Jahre - und ich erfahre in den Rückmeldungen, dass dieses Datum für sie lebensgeschichtlich bedeutsam ist. Von meiner Kirche beauftragt, von Jesus Christus in den Dienst gerufen, das gibt festen Halt, auch in mancherlei Stürmen des pfarramtlichen oder auch bischöflichen Alltags.

Die Ausgangssituation der Jünger Jesu war keine rosige. Für manche von ihnen werden mit der Kreuzigung Jesu ihre Träume verflogen sein. Und noch schlimmer: Sie hatten regelrecht Angst, dass es ihnen jetzt ebenfalls an den Kragen gehen könnte. So hatten sie sich eingeschlossen, die Türen waren verrammelt. Sie spürten den Karfreitag noch in ihren Knochen und waren mit sich selbst beschäftigt. Keine freudige Erwartung und kein öffentlicher Gottesdienst wie heute!

Dabei hatten sie von Maria aus Magdala zuvor Unglaubliches zu hören bekommen: "Der Herr ist auferstanden, ich habe ihn gesehen und soll es Euch sagen!" Aber Glaube ist immer persönlich: Sie mussten es erst am eigenen Leib erfahren, die Wirklichkeit und Kraft von Ostern. So trat der Auferstandene ungebeten und unvermittelt in ihre Mitte und machte aus ihrer verschlossenen Welt eine offene.

Schalom, Friede sei mit Euch! Mit Euch: Kirche und Gemeinde existiert nur im Plural. Christlicher Glaube ist Leben in solidarischer Gemeinschaft, in Furcht und Zittern wie in Freude und Jubel.

Und Jesus zeigte seine Hände und seine Seite, das heißt, die Wundmale des Auferstandenen, die ihm seine Peiniger zugefügt haben, sind weiterhin sichtbar. Ein gezeichneter, ein verwundeter, auferstandener Jesus: das zeigt uns als Kirche den Ort, wo wir hingehören, an die Seite der übersehenen, der gepeinigten und der ins Abseits gestellten Menschen unserer Gesellschaft.

Unser Osterglaube schenkt uns dabei den Mut und die Zuversicht auf die Überwindung des Leids - doch zunächst einmal müssen wir uns diesem Leid und der Not stellen, nicht wegsehen und wo es Not tut, unsere Stimme erheben.

Als Jesus den Jüngern seine Hände und seine Seite gezeigt hat, heißt es im Evangelium: Die Jünger waren voll Freude, weil sie den Herrn sahen. - So verwandelte sich ihre Trauer in Freude.

Das ist die Kraft des Osterglaubens: Inmitten von Angst und Furcht zur Freude finden, weil wir Jesus, den Kyrios, den Herrn, in unserer Mitte wissen, den der Tod nicht gefangen halten konnte, weil Gottes Macht stärker ist.

Aus dieser Kraft des Osterglaubens zu schöpfen, das ist für Sie als Pastorinnen und Pastoren genauso wichtig wie für uns alle, die wir heute hier sitzen. Denn Kirche ist ja kein Verein zur freundlichen Jesuserinnerung. In der für uns so wichtigen Barmer Theologischen Erklärung heißt es: Die christliche Kirche ist die Gemeinde von Brüdern und Schwestern, in der Jesus Christus im Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt. Das heißt, aufmerksam zu bleiben für die Gegenwart des Auferstandenen, nicht nur um uns selbst kreisend, sondern darauf vertrauend, dass er uns sucht und anders kommt als erwartet.

Als Pastorinnen und Pastoren haben wir jeden Tag mit der Bibel zu tun, denken darüber nach, beten, führen seelsorgerliche Gespräche, predigen, unterrichten, segnen. Das ist eine stetige Herausforderung. Ich erzähle Ihnen damit sicherlich nicht Neues. Ich möchte es Ihnen nur heute noch einmal ans Herz legen: Suchen Sie sich in allem, was Ihnen an Aufgaben zuwachsen wird, immer Momente der geistlichen Stärkung. Jesus ist uns auch da ein Vorbild. Wenn es ihm zu bunt wurde, zog er sich zurück und suchte die Stille und Vergewisserung.

Unsere Kirche braucht Sie als Geistliche, als spirituelle Menschen, die anderen helfen, ihren Weg mit Gott zu finden. Und Sie als Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden dieser motivierten und engagierten Pastorinnen und Pastoren, schauen Sie bitte, mit welchen Ihrer Gaben Sie Ihre Geistlichen zum Beispiel von Verwaltungsaufgaben entlasten können.

Wir brauchen eine Kirche, in der die Pastorinnen und Pastoren aus der Kraft des Osterglaubens heraus gute, auch geistliche Begleiterinnen und Begleiter für die Ihnen anvertrauten Menschen sein können.

Damit komme ich zum letzten Punkt, dem vielleicht wichtigsten für unsere Ordinanden heute.

Jesus sagte noch einmal: "Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so beauftrage ich jetzt euch!" Dann hauchte er sie an und sagte: "Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr seine Schuld vergebt, dem ist sie wirklich vergeben. Wem ihr sie aber nicht vergebt, dem ist sie nicht vergeben."

In diesem Handeln Jesu an den Jüngern erkenne ich ihn als Urbild der Ordination. Der erste Ordinierte ist der Herr, der Vater hat ihn gesandt. Und mit dem "Anhauchen" der Jünger wird biblisch an einen besonderen Text erinnert, an die Schöpfungsgeschichte: an den ersten Menschen, dem Gott den Odem des Lebens einhauchte, ihn somit erst zu einem lebendigen Wesen erschuf. (Gen 2,7)

Es geht also um einen schöpferischen Akt in Ihrer Ordination. Der Geist Gottes soll Sie befähigen, bewegen und begeistern in Ihrem Dienst. Nicht aus Ihrer eigenen Kraft soll es geschehen, sondern aus der Geistkraft aus der Höhe.

Aber der Anfang und das Ziel allen geistlichen Wirkens ist der Schalom Gottes. Er ist uns allen als Getaufte zugesagt und will uns erfüllen mit seiner Kraft. Wir werden es nachher singen: Komm, heilger Geist, mit deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft.

Christus hat uns in der Taufe seinen Geist verheißen und mit vielfältigen Gaben beschenkt. So sind wir gemeinsam Kirche Jesu Christi, mit Gottes Geist beschenkt und jede und jeder an seiner Stelle berufen, den Glauben und das Vertrauen in Gott lebendig zu bezeugen.

Ihre spezielle Beauftragung als ordinierte Pastorinnen und Pastoren besteht darin, dies auch öffentlich zu tun und auf diese Weise die Menschen mit ihren vielfältigen Begabungen in den Gemeinden zu stärken.

Vor einer Woche fand in Breklum das Jahresfest unseres Zentrums für Mission und Ökumene weltweit statt. Am Anfang stand eine besondere Aktion: Da wurden in einer langen Prozession Holzkisten in den Festsaal getragen, in denen die Beziehung zu einer Partnergemeinde visualisiert werden sollte als Schatzkiste und Beziehungskiste. Etwa 50 solcher Schatz- und Beziehungskisten, die jeweils reich dekoriert waren, wurden aufeinander gestellt.

Und sie zeigten mir etwas, was ich bei einzelnen Gemeindebesuchen immer wieder erlebt habe: Wie wichtig diese ökumenischen Verbindungen sind, welche Kreativität und welches Engagement sie freisetzen. Ganz gleich, ob es um Partnergemeinden in Tansania, Papua-Neuguinea, in Indien, El Salvador, Kasachstan oder zur Anglikanischen Kirche geht. Und deshalb freue ich mich besonders, dass heute durch Archdeacon Alex Hughes aus der Diözese Ely die Verbundenheit unserer Kirchen besonders deutlich wird und dass Sie, Archdeacon, nachher ein Grußwort zu uns sprechen.

"Schalom, Friede sei mit Euch", ruft Jesus uns zu. Wir brauchen einander, wir brauchen die Gemeinschaft der Dienste, der Kirchen weltweit und wir brauchen die Vielfalt der Gaben. Doch zuallerst brauchen wir ihn, Christus, der uns seinen Frieden zuspricht.

"Schalom, Friede sei mit euch! - So werden Sie heute in Ihren Dienst gesandt, liebe Ordinanden, der Schalom Gottes möge Sie stärken, vergewissern und ermutigen.

Amen

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