12. September 2019 | Andere Zeiten e.V. Altona

Glückwunsch "Andere Zeiten" – 25. Geburstagsausgabe

12. September 2019 von Kirsten Fehrs

25 Jahre Anderer Advent, Kalenderfest von "Andere Zeiten"

Liebe Freundinnen und Freunde von „Andere Zeiten“,
liebe Schwestern und Brüder,

Glückwunsch, Andere Zeiten, ich gratuliere zur 25. Geburtstagsausgabe!
Eure Geburtstagsaktion finde ich großartig: 25 Wünsche, die Ihr erfüllt habt. Und das sind wirklich ganz besondere, anrührende Geschichten! Eine Spritztour mit der 90-Jährigen über die Elbchaussee – endlich wieder mit Auto statt Rollator. 200 Seiten Trauertagebuch einmal abtippen, bitte. Einen Tag mit einem Schäfer verbringen. Mit dem schwerkranken Vater noch einmal ein Heimspiel des HSV besuchen …
Man ahnt die Sehnsüchte – und die Tiefe, die hinter diesen Geschichten steckt. Sie zeigen, wie Menschen – ganz individuell – auf andere Zeiten warten. Auf bessere, friedlichere, versöhnte, ruhige – auf Liebes-, Trost- und Gemeinschaftszeiten.

Andere Zeiten – sind auch gesellschaftlich dran. Es steht alles auf Wandel. Weil es schlicht nicht mehr aushaltbar ist, wie in ganz Europa Demokratie lädiert, Andersdenkende verachtet, Flüchtlingshilfe verunmöglicht wird.
Allein, wenn man bedenkt, wie in unserem Land das Kirchenasyl aufgekündigt wird: Mit einem Bundesinnenministerium und BAMF (Bundesamt für Migration und Familie), das 2017 noch 80 Prozent der Härtefälle anerkannt hat, und in diesem Jahr 0. In Worten: Null Prozent. Auch angesichts der letzten Wahlen bei uns: Es ist dran, in diesen Zeiten, anders und neu Zusammenhalt zu suchen. Aktiv, kreativ, geistvoll. Es braucht einen neuen Advent. Aufbruch. Heißt ja auch: Mut zu neuen Ufern. Wir sollten dabei mit dem Unerwarteten rechnen.

So lese ich den Nikodemus im Johannesevangelium:
„Es war ein Mensch unter den Pharisäern, der hieß Nikodemus. Der kam zu Jesus bei Nacht und sprach zu ihm: Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen. Denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust. Und Jesus antwortete: ‚Wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuen geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. […] Wundere dich nicht, dass ich dir das sage: Der Wind bläst, wo er will und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeder, der aus dem Geist geboren ist.‘“
Auch wenn Nikodemus das erst einmal nicht ganz genau verstehen kann, fühlt er genau: Es brechen andere Zeiten an. Ein neuer Geist weht und rüttelt an ihm und seinem bislang so gut geordneten Lebenshaus. Das könnte gefährlich werden, denkt er – oder auch richtig gut!
Richtig gut war‘s ja Pfingsten, mit kräftigem Brausen und Wehen an der Elbe! 5.000 gut gelaunte Menschen kamen, mit Kühltaschen, Tischdecken, Blumen und Prosecco. Zum Elbtauffest. 500 Täuflinge, gerade neu geborene bis hin zu frisch geschminkten Teenagern – und einigen Erwachsenen. Alles war dabei – Lebensfreude auch und Friede pur.
Als es zur Taufe ging, ich sage euch: Wunder an Wunder. Das lag nicht allein an den äußerst kreativ gekleideten Pastorinnen und Pastoren, die im Wasser standen mit bunten Badelatschen und Surfschuhen, den Talar mit Sicherheitsnadeln hochgerafft – es lag an der heiteren Zärtlichkeit, mit der die Kolleginnen und Kollegen ein zauberhaftes Menschenkind nach dem anderen getauft haben. Ich habe selten in meinem Leben in so viele glückliche Gesichter geschaut, noch nie so viele Segensworte zur gleichen Zeit gehört und Gottes Geist so lebendig werden sehen, vor meinen Augen!
„Siehe ich sage dir, wenn jemand geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er in das Reich Gottes kommen.“ Ich höre das Wort Jesu auf einmal nicht mit seinen Negationen, sondern positiv neu. Denn man sah es den Menschen an: Wasser ist Leben. Und Taufe ist Segen. Unabwaschbar.

Eine Szene hat mich besonders berührt: Ein Vater, Typ Schrankwand, tätowiert von oben bis unten, kurzum: nicht unbedingt unsere übliche Kirchenklientel (wie übrigens die meisten der 5.000) steht gerührt mitten im Wasser und hält vertrauensvoll der Pastorin sein Kind entgegen. Auf diesem muskulösen, blauschwarzen Arm lag dieses klitzekleine, helle Baby, der einzige weiße Fleck auf diesem ganzen Menschen, der seinerseits viel Wasser weinte und ein wenig schamhaft lächelnd wieder ans Ufer kam. Mir war, als wäre es ein neues Ufer …
Es gibt so wunderschöne Momente, wenn wir hinschauen. Euer Kalender ist voll davon. Kleine Wunder der Veränderung. Selig-Momente, die einen emotional erwischen und nicht loslassen. Weil da etwas neu entsteht, ja sich wie neugeboren anfühlt, buchstäblich.
Ach ja, im Anschluss an die Taufe kam diese Familie mit vielen Schrankwänden, die alle offenkundig denselben Tätowierer hatten, einschließlich des Großvaters, und wollte ein Foto mit mir. Und als wir da so stehen, erzählt der Vater, dass die Kleine eine Nachzüglerin ist. Die Großen seien gerade aus dem Haus und just hätte er die Familienkutsche gegen ein Motorrad eingetauscht: „Nu muss das alles neu, muss man wieder von vorn anfangen“ – und lacht dabei. Tja, andere Zeiten.
Wie doch jedes neu Geborene alles auf den Kopf stellen kann, wie es frischen Wind macht und unerhört glücklich. Und auch ein bisschen durcheinander vor Gefühlen. Kein Wunder: Wer nämlich neu geboren wird, mit dem Kopf zuerst, steht zunächst nicht mit beiden Beinen auf der Erde, sondern der Mensch wird ja verkehrt herum in das Lebenshaus hineingeboren. Deshalb steht auch die Welt der anderen Kopf. Später erst, mit dem Erlernen des aufrechten Ganges, bekommt das Leben ein je eigenes Oben und Unten.

„Wahrlich: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“
Jesus holt den frommen Nikodemus heraus aus seiner geordneten Pharisäerexistenz, in der die Dinge – und vor allem auch Gott – ihr Oben und Unten haben. All das Wohlgeordnete verrückt Jesus ihm, dem Gesetzestreuen, und hält ihm entgegen, dass es, willst du Gott erkennen, nicht um die Einhaltung und Verehrung des Iota geht, sondern um innere Wandlung und, ja, Umkehr. Etwas, was Dich neu auf Dein Leben schauen lässt, so wie der Taufvater auf sein helles, warmes Kind im Arm, dieses Licht in seinem Leben. Vielleicht, so ging es mir durch den Kopf, war es nichts weniger als eine Gotteserfahrung?

Ohne neue Geburt, ohne die zeitweise umgekehrte Sicht der Dinge, können wir das Reich Gottes nicht erkennen. Und haben Eure Kalendergeschichten nicht genau diesen Hintersinn? Dass da der Geist stupst, säuselt, mit uns und unserer Existenz ins Gespräch geht?
Und dann brechen auf einmal andere Zeiten an,
da wird das Unterste zuoberst gekehrt,
da wird Zersplittertes wieder heil,
das Alte jung auf der Elbchaussee,
das Kind zum Lehrer,
das Verrückte positiv,
das Sterben friedvoll und
das Friedensgebet zweifelsfrei.

Keine Retusche will unser Glaube, sondern innere Veränderung. Klarheit, wes Geistes Kind du bist.
Es ist die neue Geburt alter Tradition in Dein ganz persönliches Leben hinein. Mit lauter Geschichten, die das Leben schreibt – in unseres Gottes großer Geschichte.

Danke, liebes Andere Zeiten-Team, dass Ihr so konsequent, liebevoll, querdenkend, aufmerksam, humorvoll, verrückt, positiv, hoffnungsfroh und sinnlich seid, dass Ihr das Alte in neues Licht stellt, so dass für jeden Menschen an jedem Tag der Segen aufleuchtet, der uns trägt. So trage er auch Euch, mindestens bis zum Goldenen Jubiläum.
Amen.

 

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