29. September 2023 |

Gottesdienst nach dem Pilgerweg der Landessynode

29. September 2023 von Kirsten Fehrs

Predigt zu Matthäus 28, 1-10

Schnell, schnell gingen sie. Voller Furcht und großer Freude. Weg vom Grab – zügig, nach vorn. Der Stein beschwert sie ja nun nicht mehr. Schneller und weniger schnell sind auch wir heute gegangen. Innerlich und äußerlich. Mit Skepsis oder gar Befürchtungen und großer Freude. In jedem Fall der Zukunft entgegen, die wir unter unsere Füße genommen haben. Und so sitzen wir jetzt hier, ein bisschen erschöpft, erfüllt, fragend, nachdenklich, glücklich gar, wie auch immer bewegt in dieser schönen Jakobikirche zu Lübeck. Über uns dieser eindrucksvolle, hin und her schwingende Leuchter, der an den wohl größten Weihrauchkessel der Welt in Santiago de Compostela erinnert. Und mag sein, neben entsprechender Ehrfurcht gehen Ihnen und euch ganz eigene Bilder und Gedanken im Kopf hin und her. Und?  Was war heute schön und leicht, stein-entlastend eben, gab es einen glücklichen, ja vielleicht sogar heiligen Moment?

Wir nehmen uns ein wenig stille Zeit, diesen Momenten nachzugehen. (Stille)

Das Schöne: Es war wirklich ein gemeinsamer Weg. Bisweilen mühsam, wunderreich und spannend. Ein Weg mit Geschichte und Dickicht, durch zauberhafte Landschaft und enge Stadtstraßen, von Ost nach West, über Grenzen, und immer gemeinsam. Gerade der stille Weg entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze ergreift uns emotional. Gleich wie alt. Die einen erinnern Gesten der Versöhnung, wie etwa der Kniefall von Willy Brand in Polen 1970, die tatsächlich Mauern in den Gedanken haben fallen lassen. Andere erinnern dankbar, dass Kerzen und Gebete in den Kirchen bei den Montagsdemonstrationen entscheidend dazu beigetragen haben, dass die Revolution eine friedliche, tatsächlich friedliche, blieb. Und dann ist da Robert, dessen Mutter ihm immer wieder erzählt, dass er bei den Demonstrationen in Rostock stets dabei war – als drei Monate alter Erdenbürger im Kinderwagen... 

Wir haben viel von unserem Lebensweg geteilt über die Stunden. Eine Gemeinschaft, die nicht nur zurück, sondern auch vorausblickt. Mit einer Hoffnung, die Hand und Fuß hat. So wie es bei den ersten Nachfolgern und Nachfolgerinnen Jesu war, auch sie ja immer zu Fuß unterwegs. Und ja – schnell gingen sie. Zu den anderen Menschen, um ihnen zu berichten. Davon zu erzählen, was sie so glücklich macht. Um sie, dort in unserer gemeinsamen Lebenswelt, um sie geht es ja zuallererst. So gut also, dass es dafür einen Stein des Anstoßes gegeben hat. Dieser weggewälzte Stein, der offenbar machte: Das Grab ist leer. Jesus lebt. Mitten unter uns. Hier und jetzt. Was für eine Hoffnung für unsere Welt mit ihren Verwundungen. Die sich der Überflutungen und Erdbeben und Kriege ausgeliefert sieht. Wir denken doch immer und wieder an sie, die unerträglich leiden. Wir beten für sie, weil dafür unsere Kirche auch in Zukunft da ist: Sich nicht abzufinden mit dem, was zerstört. Und ein Netzwerk der rettenden Liebe aufzubauen, und zwar – es lebe die Diakonie mit ihren 75 Jahren – aus Liebe. Und das heißt auch, berührbar zu bleiben von Ungerechtigkeit und Menschenverachtung, hier wie dort, als eine globale Kirche, die dem Leben und dem  Frieden dienen will, mit jeder Pore ihres Seins. Mit Euch eben! Mit Dir.

Er, der Auferstandene, spricht uns jeden Morgen neu zu: Es lebe das Leben!  Wie im Osterevangelium, das wir eben hörten. Es ist so schön ungestüm. Schnell. Da hemmt kein Bedenken, Zögern, Zagen, kein bisschen schüchtern liebt Jesus sich in unser Leben hinein. Nein, der Stein wird mit Macht vom Grab gewälzt. Gott selbst nämlich schickt ein Erdbeben. Aber das ist kein Beben der Zerstörung. Nein, hier wird – umgekehrt! – die Zerstörung erschüttert. Es bebt das Grab, es zittert der Tod. Und schon sieht man einen blitzgewitzten Engel, der – welch Ironie! – den weggewälzten Grabstein zu seinem Thron umfunktioniert. Die Soldaten fallen ob dieser Frechheit in Ohnmacht und sind dem Tode näher als dem Leben. Großartig, dieses Evangelium. All diese Dramatik veranschaulicht grandios das Lachen und die Lebenskraft, die Gott dem Tod entgegen schleudert.

Es lebe das Leben! Wir, liebe Geschwister, sind Oster-Christenmenschen. Auch im September. Und so leben wir aus einer Hoffnung, die eben nicht zuletzt stirbt, sondern bleibt. Mich bewegt das immer wieder, wie aufrichtend es ist, wenn Menschen sich ihre Hoffnungsgeschichten erzählen – so wie wir eben auf dem Weg.  Sie wird mehr, wenn man sie teilt. Gerade auch in der Auseinandersetzung dessen, was es in Zukunft braucht für unsere Kirche. Wir können tatsächlich füreinander einstehen, einander sehen und aufrichten – hoffnungsmutig und energisch. Eben: Vom Leben gezeichnet! Und das ist eine Haltung, liebe Geschwister, die heißt: der Vergeblichkeit die Stirn bieten. Nicht aufgeben, sondern der Überraschung entgegen lieben.

Denn wer hätte das gedacht, dass aus diesen Frauen mit ihren eiligen Füßen eine ganze riesige Weltbewegung wird? Sie, die zunächst schweren Schrittes mit ihrer Traurigkeit kämpfen und ihrem Schmerz. Mit diesem Verlust – so viel ist ihnen genommen worden. Wie nun weiterleben? Auch in unseren Gemeinden fühlt man diesen Schmerz.

Wer also hätte das gedacht – dass mit einem Gang zum Grab die mit größte Hoffnungsgeschichte der Menschheit beginnt? Nicht nur weil es einen Engel gibt, der sagt: „Fürchtet euch nicht!“ Und Jesus selbst, der es ihnen noch einmal sagt: „Fürchtet euch nicht.“ Nein, als die Frauen niederknien und seine Füße umfassen, ihr Jesus buchstäblich endlich wieder berührbar wird, da erschallen nicht Trompeten mit Gloria und Victoria, sondern das Halleluja ist viel zärtlicher. Zart und genau. Die Hoffnung auf eine neue Zukunft  findet auf leisen Sohlen zurück ins Leben. Und dann aber: Erleichtert „gingen die Frauen eilends weg vom Grab mit großer Freude“ – schnell, um dieses alles sprengende Wunder schnell weiterzuerzählen.

Und so sind doch auch wir einen verheißungsvollen gemeinsamen Weg gegangen, liebe Geschwister. Weil vielleicht auch wir an das Wunder glauben, dass das Leben uns hinhält? Auf der Pilgerreise durch die Zeiten, die nicht einfach sind. Und auf dem Weg hin zu den Menschen, die auch mit ihren Grenzen kämpfen und Übergängen, die Segen brauchen und ihn so ersehnen. Damit man irgendwann, jetzt zum Beispiel, aufatmend, erschöpft und glücklich sagen kann: Angekommen sind wir – mit dir.

Klaus Peter Hertzsch, mit dessen so bekanntem Lied wir losgegangen sind, hat dies in wunderbare Segensworte gefasst:  Johanna Hertzsch und ich möchten sie euch mitgeben auf dem Weg in die Zukunft:

Der über Nacht und Licht gebietet
in Sternenzeit und Erdentagen,
Du, unser Herr, hast uns behütet
und durch die Fluten uns getragen.
Du wirst der Zukunft auch gebieten.
Du wirst uns segnen und behüten.

Als wir durch dunkle Schluchten eilten,
da sahen wir ein fernes Licht,
und als die Nebel sich zerteilten,
erkannten wir Dein Angesicht.
Nun ziehn wir unterm Reisesegen.
Schon strahlt Dein Antlitz uns entgegen.

Ja, Herr, die Zeit hat uns getrieben
hinauf, hinab, durch Glück und Trauer.
Du aber bist uns treu geblieben.
Dein Segen gibt uns Ziel und Dauer.
Längst ist das Ende ja entschieden:
Es kommt Dein Reich. Es kommt Dein Frieden.

Amen

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