18. November 2015 | St. Petri-Dom zu Schleswig

Im Gebet gewinnen wir Zuversicht und Mut

18. November 2015

Buß- und Bettags-Gottesdienst | Gestaltet von Schülerinnen und Schülern der Lornsen- und der Domschule Schleswig

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Gemeinde,

den Blick in den Spiegel, manchmal suchen wir ihn. Und sehen unser Gesicht, unsere Frisur, unsere Bekleidung. Und dann sehen wir das, was jeder sehen kann, wenn er oder sie uns anschaut.

Aber wie es tief drinnen in uns aussieht, das können andere nicht erkennen und manchmal auch wir selbst nicht. Vielleicht noch die beste Freundin, der beste Freund.

„Hey, was ist mit Dir los heute?“, hören wir sie fragen, weil sie an der Stimme oder dem Gesichtsausdruck merken, dass etwas nicht stimmt, dass der äußere Schein und die Gefühle innen drin nicht überein stimmen.

Selbst Bewusst Sein – das ist ein spannendes Thema. In Eurem Alter allemal – und das haben wir in den Szenen gesehen. Immer wieder ein Ringen darum:

Wer bin ich?

Wer will ich sein?

Wie sehen mich die anderen?

Was mache ich aus mir?

Das Thema bleibt aktuell, ein Leben lang. Manchmal sind wir richtig zufrieden, vielleicht auch stolz auf uns und unser Leben, unsere Gedanken und Taten. Dann aber kommen Tage und Nächte, wo wir an uns zweifeln, wo wir uns nicht wohlfühlen, wo wir unsicher sind: mit unseren Gedanken und Gefühlen, mit unserem Körper…

Mehrfach haben wir gerade das SELBST gesehen und gehört, es steht für jede und jeden von uns.

Verschiedene Stimmen von außen und von innen ringen in uns um die Vorherrschaft. Der Hamburger Psychologe Friedemann Schulz von Thun hat dafür das Bild vom „inneren Team“ geprägt. Das ist der Resonanzraum in uns.

Wenn wir uns in dieser Vielfalt orientieren wollen, dann braucht es dafür eine Ordnung der verschiedenen Stimmen in uns. Dann braucht es ein Nachdenken, ein Gespräch, ein gegenüber.

Im Psalm wendet sich ein Mensch dafür an Gott. Sein Gebet endet mit den Worten:

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;

prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,

und leite mich auf ewigem Wege.

Das Gebet zu Gott, die Orientierung an dem, wie Jesus von Nazareth gelebt hat, wie er mit Menschen umgegangen ist, was er gepredigt hat: das kann helfen, unser inneres Team zu ordnen.

Der Beter des Psalms betet zu Gott, er sucht nach Orientierung, nach dem rechtem Weg. Solch ein Gebet, solch eine Orientierung kann entscheidend sein - wenn Ihr zum Beispiel in Sekundenbruchteilen entscheiden müsst: Helfe ich der Mitschülerin, die gemobbt wird oder nicht? Gehe ich da vielleicht auch ein Risiko ein oder schaue ich weg?

Oder wenn es um die Flüchtlinge geht: Sind wir bereit, uns für eine Gesellschaft einzusetzen, die Flüchtlinge wirklich willkommen heißt? Das Gebot der Nächstenliebe gilt für alle Menschen, und gerade für die, die alle Lebensperspektive verloren haben und Terror, Krieg, Hunger und Verfolgung erlebt haben.

Nach den mörderischen Anschlägen von Paris ist es umso wichtiger, dass nicht die Angst die Oberhand gewinnt. Viele Menschen suchen die Kirchräume auf, um zu beten und ihre Sorgen und Ängste vor Gott zu tragen und um sich segnen und ermutigen zu lassen. Dass wir gemeinsam widerstehen der Spirale von Gewalt und Terror. Und dass wir gemeinsam einstehen für die Werte einer liberalen Gesellschaft.

Am heutigen Buß- und Bettag wird uns bewusst, wie sehr wir in dieser Welt miteinander verbunden sind. Not lehrt nicht in jedem Fall beten. Aber die Not kann zum Gebet werden. Und sie verändert sich darin, als Fürbitte für diejenigen, die gerade größtes Leid erfahren haben. Und auch als Bitte um Orientierung für mich selbst:

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;

prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,

und leite mich auf ewigem Wege.

Buße, dafür steht im Neuen Testament das griechische Wort, das Umkehr meint, ein Umdenken in unserem Leben.

Am heutigen Buß- und Bettag fragen wir uns das ganz besonders. Aber eigentlich geht es täglich darum, Ordnung in unser inneres Team zu bringen. Dabei ist entscheidend, dass Gott uns zuvor etwas schenkt, bevor er uns auffordert uns zu ändern.

Er schenkt uns die Gewissheit, dass jede und jeder von uns gewollt und geliebt ist.

Glücklich können diejenigen sein, die das durch andere Menschen, wie Eltern, Großeltern oder Freude  erfahren haben, die spüren: Ja, es ist gut, dass ich auf der Welt bin. Aber es gibt sicher manche unter uns, die solch eine Liebe bis heute zu wenig in ihrem Leben erfahren haben. Wir alle aber brauchen diese gütige Stimme in uns, die stärker ist als alle bohrenden, selbstkritischen Fragen.

Die Schauspielerin Hanna Schygulla hat einmal gesagt: „Ich schaue nicht mehr so viel in den Spiegel; denn die Augen, mit denen man sich selber anschaut, sind nicht die Augen, in denen man am besten aufgehoben ist.“

Der Mensch, der in dem Psalm zu Wort kommt, vertraut auf Gott und bittet Gott ihn anzuschauen, ihn zu erkennen.

Herr, du erforschest mich und kennest mich.

Von allen Seiten umgibst du mich

und hältst deine Hand über mir.

Dieses Erkennen ist mir zu wunderbar und zu hoch,

ich kann es nicht begreifen.

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;

prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.

Das meint kein systematisches Ausspähen. Nein, wenn Gott uns anschaut, wenn er sein Angesicht auf uns hebt, wie es im Segen heißt, dann schaut er uns mit Liebe und Güte an.

Was macht mich aus? Diese Frage habt Ihr Euch gerade gestellt beim Blick in den Spiegel.

Aus Euren Antworten sind vier Symbole entstanden. Der Kreis steht für unsere Erde, die Taube für den Frieden, das Herz für die Liebe und das Kreuz für den Glauben.

Wenn ihr künftig in den Spiegel schaut, dann denkt daran, dass Gott euch mit liebevollen Augen anschaut und dass ihr zu ihm beten könnt.

Und dass Ihr euch ermutigt, selbstbewusst mit euren Fähigkeiten Verantwortung zu übernehmen, für euch selbst, für andere und für unsere freiheitliche Gesellschaft.

Amen.

 

Literatur:Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden 3. Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation, Hamburg 2001

Das Zitat von Hanna Schygalla, zitiert nach: FULBERT STEFFENSKY, Der alltägliche Charme des Glaubens, Würzburg 2002, 20.

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Ev.-Luth. Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite