Digitale Kirche

"Impulse und Visionen" zum Start des #Hansebarcamps

24. Januar 2020 von Lena Modrow (Text) und Simone Viere (Fotos)

Das #Hansebarcamp der Nordkirche ist in diesem Jahr noch größer: Schon am Freitag (24. Januar) trafen sich Interessierte der „Digitalen Kirche“ aus dem Norden und darüber hinaus, um „Impulse und Visionen“ auszutauschen.

Mehr Fachtag als Unconference: Im Gegensatz zum üblichen Barcamp-Programm am Sonnabend mit Sessions gab es an diesem Tag erst einmal Vorträge, die am Abend in eine Diskussion darin mündeten, was es eigentlich braucht, um gemeinsam Kirche erfolgreich zu digitalisieren. Doch der Reihe nach.

Wie Kirchen im Netz zu finden sind

„#digitalekirche – eine Roadshow“ – mit diesem Bericht von der „Kirche auf dem Weg“ startete Stefanie Hoffmann aus der Stabstelle Digitalisierung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die bessere Auffindbarkeit von Kirchen im Netz ist eines der großen Themen der Stabstelle – und da konnte die Kirchenrätin schon einmal zur Freude der Nordlichter verkünden: „Ihr seid wirklich gut zu finden.“

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Influencerinnen auf Youtube

Doch das ist ja nur eines der inzwischen vielen kirchlichen Themen im Netz. Es gibt Gottesdienste direkt auf den Bildschirm zu Hause; es gibt erfolgreiche YouTube-Kanäle wie „Jana glaubt“ oder das neue „Anders Amen“ – und sogar Listen, die diese Vielfalt an Themen und Glaubensausprägungen nutzerfreundlich zusammenfassen. „Kirche gelingt es immer besser, Menschen in den sozialen Netzwerken zu erreichen“, so Hoffmann.

Es muss seelsorgesichere Räume geben

Für die Umsetzung von Projekten gibt es in der EKD den Digital-Innovationsfonds. Mehr Informationen zur Förderung

Neben neuen Apps und Netzwerken ist das Thema digitale Seelsorge eines, das groß auf der Agenda der EKD steht. „Pastorinnen und Pastoren werden tagtäglich vielfach in den sozialen Medien angefragt, doch wie wir wissen, ist das nicht datenschutzsicher“, berichtet Hoffmann. „Es muss seelsorgesichere Räume geben, in die man ausweichen kann.“

Tracking im Netz

Denn wer sich im Netz bewegt, der wird in der Regel verfolgt, „getrackt“ – und das war das Thema von Johannes Caspar, Datenschutzbeauftragter der Stadt Hamburg. 2018 kam mit dem „Cambridge Analytica“-Skandal ans Licht, dass von Nutzerinnen und Nutzern nicht nur Daten ohne deren Einwilligung gesammelt worden sind. Sondern auch, dass diese dazu verwendet wurden, den Menschen nicht nur Turnschuhe, sondern auch manipulative politische Botschaften zu verkaufen – sei es im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf oder beim Brexit.

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Mehr Datenschutz für die Demokratie

„Das hat uns gezeigt, dass Datenschutz auch entscheidend ist beim Schutz demokratischer Institutionen“, so Caspar. Dienste, die Daten von Nutzern sammeln, so wie etwa Google Analytics, Facebook oder Twitter sollten nur mit expliziter Einwilligung genutzt werden, die das Recht transparent abbildet – was derzeit nicht geschieht. Gerade öffentliche Stellen sollten hier Vorbildfunktion haben und soziale Netzwerke wie Facebook daher nicht nutzen, rät der Datenschutzbeauftragte.

Und trotzdem: Die Kirche habe ein Interesse habe in solchen Netzwerken zu sein, wendet das Publikum ein. Nämlich um zum Beispiel undemokratischen Bewegungen und Hassbotschaften entgegen zu stehen.

Offener Standpunkt vs. Hassbotschaften 

Josephine Teske als @seligkeitsdinge_ auf

Instagram 

Twitter

Um Hassbotschaften drehte sich auch der Impuls von Josephine Teske, Pastorin in der Kirchengemeinde Büdelsdorf und bekannt als @seligkeitsdinge_ auf Instagram. Sie hat die Erfahrung gemacht: Wer als Christin in den sozialen Netzwerken offen einen Standpunkt vertritt, zum Beispiel zum Thema Homosexualität, dem kann viel Hass entgegen schlagen. Sie las Nachrichten vor, in denen sie als „Braut Satans“ unter dem Deckmantel des Glaubens beschimpft wird. „Es geht darum, mit toxischen Narrativen Angst zu schüren, zu verunsichern“, sagte sie.

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"Nur die Liebe macht stark"

Auch wenn sie das Löschen von Kommentaren immer als Zensur empfand, hat sie damit angefangen, um nicht nur sich selbst, sondern auch andere Follower vor der „schlechten Stimmung“ zu schützen, die von solchen Kommentaren ausgeht. Sie plädierte dafür, Vielfalt der Meinungen und des Glaubens als Gewinn zu sehen und einander in den Netzwerken zu helfen und zu beschützen. Denn „Hass ist hässlich und macht nicht stark, nur die Liebe macht stark.“

Die "twomplet" als Türöffner

Wie stark Gemeinschaft wirken kann, zeigte auch Systemadministratorin Johanna Jerzembeck, die sich in der „twomplet“, dem abendlichen Gebet auf Twitter engagiert. Die Twomplet erreicht seit ihrer Gründung im Januar 2014 inzwischen monatlich rund 430.000 Impressions, denn das Konzept ist sehr niedrigschwellig angelegt: Jemand betet gegen 21 Uhr vor; postet Text, Bilder oder Lieder – und andere schreiben mit oder lesen auch einfach nur.

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Kontakt zur "kohlenstofflichen" Kirchengemeinde

„Viele haben so erst Kontakt zur Kirche bekommen“, berichtete Jerzembeck. Denn die „twomplet“ sei wie ein Schutzraum, in dem sowohl Menschen, die noch Berührungsängste mit Glaubensthemen haben, als auch Menschen, die sich in der „kohlenstofflichen“ Kirchengemeinde vor Ort nicht akzeptiert fühlen.

Mehr Sichtbarkeit der Gemeinde im Netz

Jonas Goebel, Pastor in der Auferstehungsgemeinde in Hamburg Lohbrügge, nutzt das Netz gerade, um seine „Schäfchen“ für Angebote in der Gemeinde vor Ort zu begeistern. „Ich probiere einfach ganz viel aus“, sagte er. Seit vergangenem April sorgte er für Angebote wie eine neue Website, Newsletter und Einträge bei nebenan.de und GoogleMyBusiness, um seine Gemeinde noch sichtbarer zu machen.

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Digitaler Klingelbeutel und Gottesdienst

Zusätzlich bringt er sich und seine Kirche regelmäßig durch ungewöhnliche Aktionen ins Gespräch: Da wird mal eine Andacht bei Ebay versteigert oder die Predigt zur Bewertung vorab per E-Mail verschickt. Seine neuesten Projekte: Der Prototyp eines digitalen Klingelbeutels und der digital erweiterte Gottesdienst – zu dem er am zweiten Hansebarcamp-Tag noch etwas erzählen wollte.

Die dunkle Seite von Social Media

Neben Aktionen in den Gemeinden kam aber auch die dunkle Seite der sozialen Medien auf dem ersten Barcamp-Tag zur Sprache – dieses Mal aber nicht in Form der Tracking-Problematik. Im Vortrag von Malte Detje, Pastor in der Hambuger Kirchengemeinde Kirchdorf und zudem Macher des Podcasts „Tischgespräch“, ging es um die Suche nach Bestätigung.

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Jesus ist dein Follower

„Ich lebe von Likes; ich twittere, also bin ich.“ Er erinnerte an Martin Luthers Worte „Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott“ – und dass zuweilen zuviel Herz an Social Media gehängt wird. Detjes Botschaft: Auch ohne Twitter und Co. sollte man sich als Christ wertgeschätzt fühlen. Denn: „Du bist wertvoll nicht wegen der Anzahl an Followern, sondern weil Jesus dir gefolgt ist.“

Digitale Seelsorge - mehr Angebote der Kirchen gefragt

Im letzten Vortrag des Tages ging es dann, wie zu Beginn, noch einmal um die digitale Seelsorge. Die wird laut Pastorin Carola Scherf im Netz so viel gesucht, aber tatsächlich noch so wenig angeboten – jedenfalls von kirchlicher Seite. Was es schon gibt, sind etwa Trauergruppen auf Facebook, Minecraft-Gedenkräume für verstorbene Menschen oder auch Online-Kondolenzbücher. „Es gibt das Bedürfnis, dem Unsagbaren, dem Schmerz mit Ritualen zu begegnen“, sagt die Pastorin aus Lübeck. Zudem sei der Wunsch nach seelsorgerlicher Begleitung sehr groß.

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Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

„Im Netz gibt es die Möglichkeit, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort zu begleiten“, sagt Scherf. Denn viele seelsorgerliche Situationen ergäben sich nicht, weil jemand direkt an der Tür klingelt und sie einfordert, sondern im Vorbeigehen, bei einem kurzen Gespräch im Supermarkt zum Beispiel. „Auch in den sozialen Medien erzählen Menschen davon, was sie bewegt“, so Scherf. Voraussetzung dafür sei, präsent zu sein, um Vertrauen aufzubauen.

Die große ganze digitale (Nord-)Kirche

Nach diesen Vorträgen stand in der anschließenden Diskussion eine Frage im Raum: Wie ist es möglich, aus diesen digitalen Einzelprojekten und –akteuren ein großes Ganzes zu schaffen? Mit Social-Media-Schulungen und Softwarelösungen für alle? Der Förderung von digitalen Projekten, die schon im Kleinen funktionieren? Mit Spiel- und Schutzräumen für Experimente? Vorlagen, die es Gemeinden vor Ort erleichtern, digital zu werden?

Die Antworten sind noch nicht da. Aber die Fragen werden weiter diskutiert. Zum Beispiel an Tag 2 des #Hansebarcamps.

 

 

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