Nachbarschaftshilfe

Kirche "mittenmang": das Projekt "Winterhuder TischNachbar"

An drei Tagen pro Woche teilen die "TischNachbarn" das Brot miteinander. Ab 2017 könnte ein ähnlich geartetes Wohnprojekt auf dem kircheneigenen Grundstück von St. Matthäus dazukommen
An drei Tagen pro Woche teilen die "TischNachbarn" das Brot miteinander. Ab 2017 könnte ein ähnlich geartetes Wohnprojekt auf dem kircheneigenen Grundstück von St. Matthäus dazukommen© Thomas Söllner, fotolia

24. Mai 2016 von Sabine Henning

Seit vielen Jahren wohnen sie in einem Haus. Doch miteinander gesprochen haben sie nicht. Bis zum gemeinsamen Mittagessen bei den „TischNachbarn“: Was passiert, wenn eine Hamburger Kirchengemeinde ins Quartier geht – ein Blick nach Winterhude-Uhlenhorst.

Der Tisch im Gemeindehaus der Matthäuskirche in Winterhude ist voll besetzt. Magda Neubert, 90, ist eine von den rund 20 Gästen, die an diesem Mittwoch gemeinsam essen. Am Vormittag hat sie in einem Raum nebenan Englisch gelernt. Jetzt isst sie Spargel und Schinken. Sie wohnt gegenüber, jeder Gang falle ihr schwer, sagt sie. „Da kommt das Mittagessen nach dem Unterricht genau richtig.“

Seit 15 Monaten lädt das Projekt „Winterhuder TischNachbar“ an drei Tagen pro Woche zum Essen ein. Das kostet drei Euro, Spenden sind erwünscht. Mütter mit kleinen Kindern kommen ebenso wie ältere Menschen. Das Essen wird frisch bei den „Pottkiekern“ der Stadtteilküche in Dulsberg zubereitet und angeliefert. Ein Team von insgesamt zwölf Ehrenamtlichen beteiligt sich. Immer zwei geben das Essen aus, Schülerpraktikanten unterstützen sie.

500 Meter Radius für einen hochbetagten Menschen

Initiiert hat das Angebot Miriam Krohn. Die Diplom-Pädagogin ist Quartiersentwicklerin und arbeitet seit vier Jahren für das Projekt „Q8“ der Evangelischen Stiftung Alsterdorf. Dieses hat zum Ziel, gemeinsam mit Kooperationspartnern Quartiere in Hamburg so zu entwickeln, dass Menschen so lange wie möglich selbstbestimmt und gut versorgt in ihrem Umfeld leben können. „Ein hochbetagter Mensch bewegt sich auf einem Radius von 500 Metern“, weiß sie.

Auch die Stadt und die Wohnungswirtschaft setzten immer mehr auf Nachbarschaftshilfe, planten etwa Gemeinschaftsräume bei Um- und Neubauten ein. Krohn: „Sonderwelten wie Seniorenheime sind auf Dauer nicht mehr bezahlbar.“ Kirchengemeinden hätten mit ihren Gebäuden und dem christlichen Auftrag beste Voraussetzungen, nah bei den Menschen zu sein.

Quartiersentwicklerin Krohn: "Sonderwelten wie Seniorenheime sind auf Dauer nicht bezahlbar"

Krohn erzählt von einer Frau, die durch das gemeinsame Mittagessen in der Matthäuskirche erstmals mit einer Nachbarin aus ihrem Haus ins Gespräch kam: „Jetzt unterstützen sich die beiden gegenseitig, kaufen etwa auch füreinander ein.“

Das Projekt Q8 ist in sieben Quartieren in Hamburg und Schleswig-Holstein aktiv. Bislang einzigartig ist die Kooperation mit einer Kirchengemeinde wie in Winterhude-Uhlenhorst, zu der zwei Kirchen gehören.

St. Matthäus Winterhude-Uhlenhorst bislang einzige Kirchengemeinde im Projekt Q 8

Sich in den Stadtteil einzubringen, sei schon seit vielen Jahren Teil der Arbeit, sagt Pastor Michael Ellendorff. „Doch wir haben gemerkt, dass es ohne professionelles Know-How nicht geht.“ Also bewarb sich die Gemeinde für das Projekt und bekam den Zuschlag.

Miriam Krohn hat ihr Büro in der Heilandskirche, ist aber im gesamten Stadtteil unterwegs. Sich mit den wichtigen Akteuren zu vernetzen wie etwa dem Kulturzentrum Goldbekhaus, den Bildungseinrichtungen, der evangelischen Bodelschwingh-Stiftung, gehört zu ihren Hauptaufgaben.

Ergebnis der Stadtteilanalyse: zwei Drittel Singles und jeder Fünfte ist über 65 Jahre

Am Anfang stand eine umfangreiche, wissenschaftlich begleitete Stadtteilanalyse. Diese ergab, dass zwei Drittel der 40.000 Einwohner alleine leben und jeder fünfte über 65 Jahre alt ist. „So war klar, das Thema ,Alter’ wird eins unserer Schwerpunkte sein“, sagt Krohn.

Bei Bürgerforen und Zukunftswerkstätten kristallisierte sich genauer heraus, was den Menschen im Stadtteil fehlte. Eine Antwort darauf war das „TischNachbar“-Projekt. Ein Effekt von Krohns Arbeit war auch, dass die Gemeinde ein Leitbild mit Zielen für ihre Arbeit formulierte. „Die Zusammenarbeit hat uns beflügelt“, sagt Ellendorff.

Wohnprojekt auf kircheneigenem Grundstück von St. Matthäus ab 2017 möglich

Manches wurde durch Krohns Einsatz erst möglich: Wie etwa die Aufnahme von Transit-Flüchtlingen zu Beginn des Jahres. 280 Ehrenamtliche engagierten sich bei den „Give Shelter Nights“, die sie auf die Schnelle organisiert hatte. Viele von ihnen hatten zuvor kaum Kontakt zu Kirche.

Schon länger plant die Gemeinde ein Wohnprojekt auf einem kircheneigenen Grundstück. Damit will sie Alternativen schaffen, gegen die Verdrängung von Menschen aus ihrem Umfeld – beispielsweise, weil sie sich nach dem Tod eines Partners die Miete nicht mehr leisten können. Miriam Krohn ist auch hier aktiv, erste Kooperationspartner sind gewonnen. Im kommenden Jahr könnte es losgehen.

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