Machtübernahme der Taliban

Kirche setzt sich für afghanische Flüchtlinge ein

In Afghanistan übernehmen die Taliban erneut die Macht. Viele Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, versuchen vor der Gewaltherrschaft zu flüchten.
In Afghanistan übernehmen die Taliban erneut die Macht. Viele Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, versuchen vor der Gewaltherrschaft zu flüchten. © AdobeStock, JLG

17. August 2021

In Afghanistan bangen tausende Zivilisten nach dem Vormarsch der Taliban und der Flucht des Präsidenten um ihr Leben. Während der Rettungseinsatz der Bundeswehr schleppend anläuft, rufen Kirchenvertreter dazu auf, den Flüchtenden in Deutschland Schutz zu bieten.

Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), sieht die Bundesrepublik in der Pflicht, Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen. "Wir haben als Land in den vergangenen Jahren Mitverantwortung in Afghanistan getragen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Jetzt handeln, um Gewalt zu verhindern

"Gerade deshalb ist es jetzt auch an uns, einen solidarischen Beitrag zur Bewältigung der Folgen zu leisten, indem wir dafür sorgen, dass Menschen, denen die Flucht aus Afghanistan gelingt, menschenwürdige Aufnahme finden." Dies gelte unabhängig davon, ob sie Helfer der Alliierten waren oder nicht.

In einer von der EKD veröffentlichter Mitteilung fordert er sofortige Hilfe für die Bevölkerung und "alle nur denkbaren diplomatischen Aktivitäten", um befürchtete Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.

Nächstenliebe ist entscheidend

Ähnlich äußerte sich die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt auf Twitter: "Ich hoffe und bete, dass wir endlich lernen, andere nicht im Stich zu lassen, dass wir Fliehenden Schutz geben und dass Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe entscheidend sind", so ihr Statement. 

Vor allem Menschen, die "sich in den letzten Jahren – auch mit Geldern der deutschen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit – für den Aufbau von Demokratie, Menschenrechten und einer kritischen Zivilgesellschaft stark gemacht haben, sind jetzt in akuter Lebensgefahr", sagte Dagmar Pruin, Präsidentin der Hilfsorganisationen Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe. "Was wir dringend brauchen, sind großzügige Schutzkontingente und die sofortige Evakuierung dieser besonders gefährdeten Personengruppen."

Schon vor der Machtübernahme der Taliban seien die Lebensumstände vieler Menschen dort verzweifelt gewesen: Elf Millionen Menschen litten unter Hunger, mindestens 390.000 Menschen wurden seit Jahresbeginn vertrieben. "Leider müssen wir davon ausgehen, dass sich die Not jetzt weiter verschärft" so Pruin und ergänzt: "Deutschland und die EU müssen den Tatsachen ins Auge blicken: Es steht angesichts des Unrechtsregimes der Taliban eine neue Fluchtbewegung bevor." 

Welche Hilfsorganisationen vor Ort und dringend auf Hilfe angewiesen sind, hat der WDR in einem Online-Artikel aufgelistet.  

Friedensgebet in Ratzeburg

In der Ratzeburger St. Petri Kirche hat es am Dienstag um 18 Uhr ein offenes Friedensgebet für Afghanistan gegeben. Dazu eingeladen haben Pastorin Wiebke Keller (St. Petri Ratzeburg) und Pastorin Elisabeth Hartmann-Runge (Flüchtlingsbeauftragte des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg). Ziel sei es, Solidarität mit den verzweifelten Menschen auszudrücken und der Klage einen Raum zu geben. Auch wenn es derzeit mehr Fragen als Antworten gäbe, sagen die beiden Pastorinnen. 

Ebenso hatte Lübecks Pröpstin Petra Kallies am gleichen Tag zu Friedensgebeten in in St. Marien und in St. Martin eingeladen, um Fürbitten für die Menschen in Afghanistan zu halten. 

Hintergrund

Nur kurze Zeit nach dem Rückzug der internationalen Truppen haben die Taliban Afghanistan wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Sie hatten das Land bis 2001 regiert. Am Sonntag hatten die militanten Islamisten die Hauptstadt Kabul eingenommen. Staatpräsident Aschraf Ghani hatte das Land zuvor verlassen. Die Bundesregierung bemüht sich derweil, Deutsche und afghanische Helfer der Bundeswehr aus dem Land zu holen. Hamburg und Schleswig-Holstein haben sich inzwischen bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. 

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