Kirchenmusik kann das Gefühl vermitteln: „Wir sind alle mit dabei“
10. Januar 2023
„Kirchenmusik ist bunt“, sagt Jan Keßler, Popular-Kirchenmusiker der Nordkirche. Er wünscht sich für das Jahr 2023 unter anderem mehr Mut dazu, Neues im Gottesdienst auszuprobieren. Dazu könne auch der moderne Umgang mit alten Chorälen zählen.
Ob an der Orgel, in der Kantorei oder mit einer Jugendband, es gehe bei Kirchenmusik um „Verkündigung in unterschiedlichen Sprachformen“, so Keßler. Seit Januar 2022 ist er Teil des Teams von „St.Moment“, der kirchlichen Ritualagentur der beiden Hamburger Kirchenkreise für Taufen, Trauungen und Bestattungen.
Jazz, -Rock- und Latinklänge
Der Unterschied zwischen der klassischen Kirchenmusik und der Popularmusik sei die Stilistik der Musik, erklärt Keßler. Bach werde dann nicht traditionell gespielt, „sondern vielleicht als Latin-Version“. Weniger Renaissance und Wiener Klassik, dafür mehr Jazz, Rock und Pop, so beschreibt Keßler die Popular-Kirchenmusik.
Einen Choral einmal neu zu interpretieren, sei möglich, da dieser aus „viertel und halben Noten besteht und man viel drumherum spielen kann“. Vieles passe da erstaunlich gut zusammen, findet der Musiker.
Vom Studentenjob zum Kirchenmusiker
Jan Keßler ist durch seinen älteren Bruder zur Musik gekommen: „Der war in der Gemeindeband, also war ich in der Gemeindeband.“ Dort habe die Musik ihn dann „gepackt“, erzählt der gelernte Toningenieur.
15 Jahre hat Keßler als „Studentenjob“ am Hamburger Michel mit Jugendlichen Musik gemacht. Sein Plan sei es gewesen, dass die Kirchenmusik der Nebenberuf ist, „doch immer wenn ich dachte, ich bin Toningenieur, kam ein kirchenmusikalisches Projekt, das mich interessiert hat“. So beschloss Keßler: „Ich bin beides.“ Und machte das B-Popular-Kirchenmusiker-Studium.
Lieder, die man im Auto mitsingen kann
Ein Projekt, das neben den klassischen Klängen der Kirchenmusik neue musikalische Impulse in die Gottesdienste bringt, ist das Monatslied. Die Idee sei, „kirchlich nutzbare Musik unter den Regeln von weltlicher Popmusik zu schreiben“, sagt Keßler. Im besten Fall werden die Monatslieder sonntagsmorgens im Gottesdienst begeistert mitgesungen „und diejenigen, die es nachmittags im Autoradio hören, merken gar nicht, dass es Kirchenmusik ist“.
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Um frischen musikalischen Wind in die Gottesdienste zu bringen, könne es helfen, „die eingespielten Bahnen einmal zu verlassen“, glaubt Keßler. Er wünsche sich, dass Pastorinnen und Pastoren von Beginn an mit den Kirchenmusikerinnen und -musikern gemeinsam planen.
Mehr Mitspracherecht für Kirchenmusiker
„Ich halte wenig davon, dass es heißt: 'Das ist die Liste, die Lieder spielst Du bitte'.“ Denn es sei gerade die Profession der Kirchenmusiker zu überlegen, ob nicht auch ein neues Kirchenlied passt, sagt Keßler. Auch wenn nicht immer Zeit dafür sei, „das, was dabei rauskommt, ist viel besser“.
Auf die Frage, wie Kirchenmusik 2023 klingen könne, sagt der Musiker: „bunt“. Die Coronapandemie habe die Kirchenmusik zeitweise vom Kriterium der „Mitsingbarkeit“ befreit, sagt Keßler. Das habe die Chance geboten, einmal darauf zu hören, „was so Künstler wie Bosse, Clueso, Sarah Connor oder Adele uns zu sagen haben, das zu unseren Botschaften passt“.
Bekannte Lieder punkten
Die Herausforderung sei es jetzt, diese Chance weiter mitzunehmen, glaubt Keßler. „Mit Vortragsliedern, die im besten Fall mit der Predigt verzahnt sind, oder mit sehr bekannten Liedern, die schnell von vielen mitgesungen werden können.“
Als Popular-Kirchenmusiker bei „St.moment“ sorgt Jan Keßler dafür, dass die Musik bei allen Kasualien – also bei Taufe, Trauung oder eben Bestattung – von Anfang an mitgedacht wird. Sein aktuelles Projekt ist, ein Repertoire aus Bibelsprüchen und dazu passenden Popsongs zu erstellen, „damit man das einfach aus der Schublade ziehen kann“. Zum Beispiel zu: „Alles, was ihr tut, soll in Liebe geschehen. Da passt 'All you need is love' von den Beatles.“
Zusammen mit einer passenden Predigt und wenn die Gemeinde mitsinge, entstehe ganz einfach das Gefühl: „Wir sind alle mit dabei.“