Konfi-Unterricht für Eltern: Bibelarbeit bei Kaffee und Kuchen
08. Dezember 2025
Kirchengemeinden experimentieren mit neuen Angeboten, um neue Zielgruppen zu erschließen. Zum Beispiel in Bargteheide: Hier findet regelmäßig ein Konfirmandenunterricht für Eltern statt.
Die Frage ist eine harte Nuss: „Was versteht ihr unter Vergebung?“, fragt Julius Jordan und schaut in die Runde. Vor ihm sitzen acht Frauen mittleren Alters und grübeln über die Antwort. Währenddessen nimmt Jordan sich ein Stück Kuchen vom Teewagen. Eine Frau aus der Runde hat ihn gebacken und mit ins Gemeindehaus gebracht. Eigentlich war er für ihre Arbeitskollegen gedacht. „Die haben mich aber heute geärgert, deshalb bekommt ihr den Kuchen jetzt“, sagt sie.
Pastor Julius Jordan von der evangelischen Kirchengemeinde Bargteheide (Kreis Stormarn) hat zur „KonfiZeit für Eltern“ eingeladen. Heute Abend stehen „Vergebung und Reue“ auf dem Programm. Alle zwei Monate findet das Treffen statt, die Idee dazu entstand vor zwei Jahren. „Ich wollte Eltern, die offenbar Interesse an Kirche haben, weil sie ihre Kinder zur Konfirmation angemeldet haben, zu entspannten Gesprächen über Glaube und Persönlichkeit einladen“, sagt Jordan.
Pilotprojekt für neue Zielgruppe
Jedes Jahr habe die Kirchengemeinde mehr als 100 Konfirmanden und damit 200 Eltern. „Das sind ganz viele Menschen und eine Zielgruppe, die wir als Kirche ansonsten schlecht erreichen.“ Es sei ein Pilotprojekt, das Anklang finde, erklärt Jordan.
Der Beauftragten für Konfirmandenarbeit der evangelischen Nordkirche, Irmela Redhead, zufolge gibt es weitere Kirchengemeinden im Norden, die Konfi-Einheiten für Eltern anbieten. In manchen würden gemeinsam Geschenke für die Konfirmanden gestaltet. „Es gibt eine bunte Vielfalt“, sagt Redhead. Mit den Angeboten würden die Gemeinden dafür werben, dass Eltern die Konfi-Zeit ihrer Kinder selbst auch nutzen, um sich mit Lebensthemen auseinanderzusetzen.

Männer waren auch schon da
Aus dem Archiv: Podcast "Männer im Wandel"
Die Resonanz an diesem Abend im Bargteheider Gemeindehaus überrascht den Pastor. Normalerweise kämen weniger Eltern zu den Treffen, sagt Jordan. Dafür seien ein paar schon seit zwei Jahren dabei. Und ja, auch Männer seien schon dagewesen.
Die meisten Teilnehmerinnen haben Kinder, die im Frühjahr 2026 zur Konfirmation gehen. Die Frauen sind neugierig auf den Pastor und auf das, was Konfirmanden in der heutigen Zeit lernen.
Vergeben, so sind sich die Mütter einig, habe viel mit aufeinander zugehen zu tun. „Ich muss schon spüren, dass der andere weiß, dass er etwas falsch gemacht hat, damit ich ihm vergeben kann“, sagt eine Mutter. Gleichzeitig dürfe man sich auch selbst bei dem Prozess nicht zu ernst nehmen, findet eine andere. „Schließlich machen wir alle Fehler.“
Und man müsse immer auch die Umstände, das Alter und die Verfassung desjenigen berücksichtigen, der um Vergebung bittet. Pubertierenden Kindern etwa müsse man viel nachsehen. Und der älteren Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg in einem anderen Wertesystem aufwuchs, womöglich auch, sind die Frauen sich einig.
Abschlussfrage zu Bibeltext
Kurz vor Schluss stellt der Pastor noch eine klassische Konfirmanden-Aufgabe: Jordan liest einen Text aus der Bibel vor, der interpretiert werden soll. Es handelt sich um eine Stelle aus dem Lukasevangelium, in der Jesus einer reuigen Prostituierten all ihre Sünden erlässt. Die Frauenrunde diskutiert angeregt darüber, was die Vergebung bei der Frau bewirkt. Auf jeden Fall steigere sie das Selbstwertgefühl der Prostituierten und gebe ihr die Würde zurück, so das Ergebnis.
Pastor Julius Jordan nickt an diesem Abend viel, lobt, moderiert, ordnet ein, ergänzt. Die Stimmung ist gelöst, und obwohl sich nicht alle Frauen kennen, öffnen sie sich und erzählen von persönlichen Erfahrungen. Nach eineinhalb Stunden löst sich die Runde auf. Die Frage, ob die Arbeitskollegen der einen Teilnehmerin nach diesem Abend doch noch Kuchen bekommen, bleibt offen. Fest steht aber: Wenn sie um Vergebung bitten, haben sie gute Chancen.
