„Kein geistlicher Unterschied zwischen Mann und Frau“

Landesbischof Gerhard Ulrich, Leitender Bischof der VELKD, zur Abschaffung der Frauenordination in Lettland

Gerhard Ulrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), fotografiert im Juli 2014 im Greifswalder Dom. Fotograf: Marcelo Hernandez/Nordkirche
Gerhard Ulrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), fotografiert im Juli 2014 im Greifswalder Dom. Fotograf: Marcelo Hernandez/Nordkirche© Hernandez/Nordkirche

06. Juni 2016 von Gundolf Holfert

Hannover/Schwerin. Am vergangenen Freitag hat die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland (ELKL) mit einer Verfassungsänderung die Frauenordination abgeschafft. Zu diesem Beschluss hat der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Gerhard Ulrich (Schwerin), heute Stellung bezogen.

Sein Statement im Wortlaut:

„Den Beschluss der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland (ELKL), die Ordination von Frauen in das Pfarramt abzuschaffen, nehme ich mit tiefem Bedauern und – ich muss es so deutlich sagen – mit Unverständnis entgegen. Diese Entscheidung kann ich als lutherischer Landesbischof, Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und Vorsitzender des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB) nicht unkommentiert lassen.

 

Gerade für Lutheraner in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) kann es in geistlicher Hinsicht einen Unterschied zwischen Mann und Frau nicht geben. Alle Christen sind gleich und in gleicher Weise durch die Taufe zu Gliedern der Kirche und zur Priesterschaft berufen: ‚Was aus der Taufe gekrochen ist, das darf sich rühmen, dass es schon zu Priester, Bischof und Papst geweiht sei‘, so Luther in seiner Schrift ‚An den christlichen Adel deutscher Nation‘.

Die Begründung der Verfassungsänderung mit der Aussage des Apostels Paulus, wonach Frauen in der Versammlung der Gemeinde zu schweigen und sich unterzuordnen hätten (1. Korinther 14,34), vernachlässigt den Zusammenhang dieses Zitates. Paulus spricht an dieser Stelle eine offizielle Gemeindeversammlung in Korinth an. Es war ein in der damaligen Zeit verbreiteter Rechtsgrundsatz, dass Frauen in öffentlichen Versammlungen zu schweigen hatten.

Paulus folgt dieser Praxis – allerdings nicht aus theologischen Gründen, sondern mit Rücksicht auf die damals gängige kulturelle und rechtliche Ordnung. Heute würde Paulus auch aus solchen Gründen vermutlich genau für das Gegenteil eintreten. Mit der Beachtung der damaligen Rechtsordnung verbindet Paulus jedoch keine grundsätzliche oder gar theologisch begründete Geringschätzung der Frau. Im Gegenteil: Paulus selbst bezeugt, dass Frauen in Gebetsversammlungen und in der entstehenden Kirche ganz gleichberechtigt wie die Männer beten und prophetisch reden konnten und sollten. Beweis dafür sind die vielen Frauen, die Paulus in seinen Briefen als Gemeindemitglieder und Mit-Wirkende erwähnt.

Paulus schätzte Frauen als gleichwertige Verkündigerinnen an seiner Seite. In seinen Briefen werden in diesem Zusammenhang mindestens zwölf Frauen erwähnt, welche an wichtigen Positionen in Verkündigung und Gemeinde standen. Zusammenfassend schreibt Paulus: ‚Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.‘ (Galater 3,27 f.)

In einem Schreiben vom 29. Juni 2015 an Erzbischof Jānis Vanags und die Kirchenleitung der ELKL habe ich meiner Sorge über den eingeschlagenen Weg Ausdruck verliehen und auf die Belastung hingewiesen, die die Verweigerung der Frauenordination für unsere Beziehungen bedeuten würde. Nicht nur in der Nordkirche, sondern auch im LWB und in der VELKD stehen wir seit Jahrzehnten in vielfältigem Kontakt und kooperativen Bezügen.

Ich halte die Entscheidung der Synode für einen Rückschritt, der die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland zudem großer Chancen für das Amt von Wort und Sakrament beraubt. Täglich mache ich die Erfahrung: Ohne den wertvollen Dienst, den all unsere weiblichen Ordinierten leisten, wäre unsere Kirche nicht nur deutlich ärmer. Es wäre schier unmöglich, die vielen Aufgaben in den Gemeinden und Einrichtungen zu meistern, wenn wir nicht all diese engagierten und kompetenten Pastorinnen hätten. Zum anderen sehe ich in der Abschaffung der Frauenordination ein fatales Signal an die Kirchengemeinschaft im Lutherischen Weltbund und an den Weltkirchenrat (Ökumenischer Rat der Kirchen - ÖRK).

Ich möchte betonen, dass nach wie vor mein Angebot besteht, über dieses Thema in ein sachliches, geschwisterliches Gespräch mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland zu kommen. Ich sage das auch in dem Wissen, dass die Frauenordination in den Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland erst vor 25 Jahren prinzipiell und vollständig eingeführt wurde.“

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