Landesbischof Ulrich: „Verantwortlichkeit in der Seewirtschaft stark machen“
10. Februar 2016
Rostock. „Die Freiheit der Meere wird erst dann zu einem Wert, wenn sie mit Verantwortung verbunden ist“, sagte der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), Gerhard Ulrich, gestern (9. Februar) in Rostock. „Es ist an der Zeit, zu der Freiheit auch die Verantwortlichkeit in der Wirtschaft und in der Seewirtschaft stark zu machen.“
Zum dritten Mal hatte der Landesbischof gemeinsam mit dem Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Nordkirche (KDA) am Vorabend von Aschermittwoch zum traditionellen Gespräch und Begegnung von Wirtschaft, Politik und Kirche eingeladen. In der Rostocker Industrie- und Handelskammer (IHK) hatten sich zum Thema „Christliche Seefahrt - zwischen Kostendruck, Konkurrenz und Menschenrechten" rund 100 Gäste versammelt. Kooperationspartner war die Deutsche Seemannsmission e.V. Rostock, die vor 25 Jahren, am 31. Januar 1991, in der Nikolaikirche zu Rostock gegründet wurde.
In seinem geistlichen Impulsreferat erinnerte Landesbischof Ulrich an die christlich geprägten Bruderschaften der Hanse: „Mit Gewerbe und Handel brachten sie auch ihre christlich-sozialen Grundbegriffe mit: ein neues tiefes Verständnis von Solidarität und Ordnung, von Recht und Verantwortung vor Gott und den Menschen.“ Zuvor hatte Jens Rademacher, Hauptgeschäftsführer der IHK, in seinem Grußwort das Leitbild des „Ehrbaren Kaufmanns“ hervorgehoben. Dieses Leitbild habe die Hanse geprägt und bis heute nichts an Aktualität eingebüßt, so Rademacher.
Gerhard Ulrich verwies darauf, dass in einer Zeit des harten globalen Wettbewerbs Wirtschaftlichkeit zunehmend von kurzen Liegezeiten abhinge und Seeleute in einem weltweiten Konkurrenzkampf um ihre Arbeitsplätze stünden. Der Landesbischof betonte: „Die Welt der Wirtschaft ist kein verantwortungsfreier Raum. Gerade weil alles ökonomische Handeln seinen Preis hat, muss immer wieder betont werden, dass jeder Mensch einen unveräußerlichen Wert besitzt. Wirtschaft, auch Seewirtschaft soll dem Menschen dienen – nicht umgekehrt.“
Klaus Schroeter, Leiter der Bundesfachgruppe Schifffahrt bei ver.di, betonte am Rande der Begegnung: „Die deutschen Seeleute befinden sich in schwerer See.“ Zahlreiche Seeleute hätten trotz staatlicher Subventionen für die Reeder in den vergangenen drei Jahren ihre Arbeit verloren. Schroeter kritisierte eine „einseitige Interessenpolitik zu Lasten der Seeleute und des maritimen Know-how in Deutschland“.
Kapitän Rörd Braren, Reeder und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Ausbildung und Soziales im Verband Deutscher Reeder unterstrich: „Seeleute jeglicher Nationalität benötigen für ihre internationale Tätigkeit einen besonderen Schutz.“ Dafür würden in der Schifffahrtsindustrie global harmonisierte Standards für Sicherheit, Umweltschutz, Ausbildung sowie Arbeits- und Sozialbedingungen gelten und regelmäßig überprüft werden.“
Eckhardt Rehberg, Vorsitzender der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte in der Diskussion: „Der globale Wettbewerb darf nicht zu einer Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute führen.“ Er erinnerte an das 2015 geänderte Seearbeitsgesetz. „Mit diesem Gesetz verbessern wir die Arbeits-und Lebensbedingungen der Seeleute weiter und verpflichten zum Beispiel die Reeder zum Abschluss von Versicherungen. Wir schaffen damit erstmals ein effektives System der finanziellen Sicherheit.“
Ansprechpartnerin für die Seeleute in insgesamt 32 Häfen im In- und Ausland ist die Deutsche Seemannsmission e.V. Generalsekretärin Heike Proske: „Getreu unserem Leitbild ‚Seemannsmission beginnt mit der Entdeckung, dass Menschen an Bord von Schiffen arbeiten und leben‘ ist uns jeder Seemann und jede Seefrau wichtig, unabhängig vom Dienstgrad, von Nationalität, Religion oder Kultur.“ Seeleute seien weder zu „transportierendes Material“ noch Wirtschaftsgut an Bord eines Schiffes.
Bei einem Besuch im Seemannsclub „Hollfast“ der Deutschen Seemannsmission Rostock e.V. im Überseehafen würdigte Landesbischof Ulrich den Dienst der haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden der Station an den Seeleuten aller Nationen und dankte zugleich allen Unterstützern dieser Arbeit.
Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
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