Landesbischof Ulrich: „Von Kieler Flüchtlingskonferenz geht Signal einer humanen Gesellschaft aus“
07. Mai 2015
Schwerin/Schleswig. Gerhard Ulrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), hat den von der Landesregierung Schleswig-Holsteins und einem breiten gesellschaftlichen Bündnis geschlossenen Flüchtlingspakt begrüßt. „Von der Kieler Flüchtlingskonferenz geht ein eindeutiges Signal aus: Ihr seid uns willkommen! Das ist das einzige angemessene Signal einer humanen Gesellschaft, in der Recht und Gerechtigkeit fließen wie ein Bach“, sagte der Landesbischof heute (7. Mai) im Schleswiger Dom. Anlass war eine Andacht im Rahmen der 46. Jahrestagung der Präsidentinnen und Präsidenten der Verfassungsgerichte des Bundes und der Länder.
„Ich bin dankbar für die wachsende Zahl von Menschen und Initiativen in Gemeinden und Kommunen, die sich kümmern und sorgen um die, die zu uns kommen“, sagte Landesbischof Ulrich. „Immer mehr sind bereit und überzeugt, dass wir miteinander teilen, was wir haben, dass wir Platz machen unter dem schützenden Dach. Und sie erfahren: das macht uns nicht arm. Sondern, für manche überraschend: unser Leben wird reich durch die fremde, andere Kultur, die sich entfaltet in unserem Land.“
Für Christen sei klar: „Der Glaube ist nicht nur Sache eines Einzelnen. Oder besser: er bleibt nicht Sache des Einzelnen. Er führt immer in Beziehung, ist immer auf der Suche nach dem Du. Denn Gott selbst ist ein Gott der Beziehung.“ Der „Verfassungstext der Zehn Gebote“ beschreibe den Raum der Freiheit und ermögliche so „gutes, erfülltes und angstfreies Leben“, so Ulrich. Jesus Christus, „der sich ganz den Menschen zuwendet, an der Seite der Armen und Elenden, der Schwachen und Ausgegrenzten geht“, setze das Gesetz nicht außer Kraft, sondern mache deutlich: „Das Gesetz ist für den Menschen da, nicht umgekehrt.“
Für Gottesbezug in der Landesverfassung: „Alle Macht ist geliehene Macht“
Alles Recht sei abgeleitetes Recht, betonte der Landesbischof: „Es braucht den Bezugsrahmen, den Werterahmen, auf den die Gemeinschaft sich verständigt, braucht eine Verfassung. Denn Freiheit gibt es nicht ohne Bindung, ohne Verantwortung. Ein Freiheitsstreben, dass sich davon löst, verkehrt sich ins Gegenteil.“ Auch deshalb werde in diesen Tagen an das Ende von Gewaltherrschaft und Krieg vor 70 Jahren erinnert.
Auch vor diesem Hintergrund unterstütze die Nordkirche die Volksinitiative für einen Gottesbezug in der Landesverfassung Schleswig-Holsteins: „Nicht, weil wir als Kirchen oder Religionsgemeinschaften missionarischen Eifer auch jenen gegenüber an den Tag legen wollen, die keinen Gottesglauben haben. Sondern weil wir glauben, dass unserer Gemeinschaft die Demut gut zu Gesicht steht, die weiß, dass nicht alles in Menschenhand liegt.“
Es sei lebensnotwendig, so der Landesbischof, „dass wir wissen: Wir sind nicht selber der letzte Maßstab unseres Tuns und Lassens. Alle Macht ist geliehene Macht, ist Er-Mächtigung. Das gilt für alle Menschen gleichermaßen. Das ist ein hoher Anspruch. Aber das ist auch eine Entlastung. Und ein solcher Verweis zeigt, dass das Recht nicht eine Herrschaft von Menschen über Menschen, sondern eine Rahmen beschreibt, der uns sicher leben lassen kann.“
Hintergrund:
Vom 7. bis 9. Mai 2015 findet in Schleswig die 46. Jahrestagung der Präsidentinnen und Präsidenten der Verfassungsgerichte des Bundes und der Länder statt. Auf Einladung des Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landesverfassungsgerichts, Dr. Bernhard Flor, treffen sich der Präsident und der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts sowie die Präsidentinnen und Präsidenten der Verfassungsgerichte aller Bundesländer zum diesjährigen Erfahrungsaustausch. Schleswig-Holstein ist zum ersten Mal Gastgeber der seit 1970 stattfindenden Jahrestagung.
Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
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