Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten
01. Februar 2014
Gottesdienst zur Beauftragung der Prädikantinnen und Prädikanten, Predigt zu 2. Korinther 4, 6
Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.
Liebe Festgemeinde,
liebe Prädikantinnen und Prädikanten,
nun ist es soweit: heute werden zehn Frauen und Männer mit dem Dienst als Prädikantin und Prädikant in unserer Nordkirche, im Sprengel Schleswig und Holstein, beauftragt. Und wir freuen uns und danken Ihnen, dass Sie dazu bereit sind, diesen wichtigen ehrenamtlichen Dienst in unserer Kirche zu übernehmen, in Gemeinden zwischen Flensburg und Henstedt-Rhen und zwischen Münsterdorf und Gettorf.
Gottes Wege mit uns sind so bunt wie seine vielgestaltige Gnade. Das ist auch spürbar, wenn man mit Ihnen spricht. In unserem Vorbereitungstreffen haben Sie, liebe Prädikantinnen und Prädikanten, ein wenig von sich erzählt. Von ihren ganz unterschiedlichen Lebenswegen, der Freude an Glaubensfragen und Auseinandersetzung mit biblischen Texten und Figuren, einem Paulus oder Barnabas. Auch von manchen Krisen und der Freude an der Gemeinschaft. „Ein Traum geht für mich in Erfüllung“ – auch das ein Wort, das ich hörte.
Ganz unterschiedliche Lebens- und Glaubenswege haben Sie und uns heute zusammengeführt:
Manche unter Ihnen haben die Kirche ganz neu für sich entdeckt. Für manche waren die Begegnungen mit Ihrer Kirche von vielen Fragen geprägt, als Sie sich entschieden haben, sich für diesen Dienst ausbilden zu lassen. Manche haben schon sehr lange Wege mit unserer Kirche hinter sich, haben Kirche an vielen unterschiedlichen Orten und Themen mitgestaltet. Und für alle gilt: Es waren auch ermutigende Worte aus ihren Kirchengemeinden, die ihren Entschluss reifen ließen: Nun möchte ich auch als Prädikant oder Prädikantin das Wort Gottes verkündigen.
Auch Ihre Ausbildungswege sind sehr verschieden: einige unter ihnen haben die Ausbildung des Gemeindedienstes ganz regulär durchlaufen mit viel biblischer Theologie, der Beschäftigung mit der Liturgie und der Erarbeitung von Predigten in Theorie und Praxis.
Andere sind Quereinsteiger, haben per Fernstudium oder durch andere Ausbildungen das notwendige Wissen erworben. Und nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gemeindedienstes haben Sie auf Ihren Wegen begleitet. Sie haben Pastorinnen und Pastoren in Ihren eigenen Kirchengemeinden an Ihrer Seite gehabt, die sie praktisch ausgebildet haben, dazu theologische Begleiterinnen und Berater von weiter her. Und Ihre Familien und Freunde sind mit Ihnen diesen Weg gegangen.
Ihnen allen danke ich im Namen unserer Kirche, aber auch ganz persönlich dafür, dass Sie bereit dazu waren und bereit dazu sind, unseren Prädikantinnen und Prädikanten zur Seite zu stehen, sie zu stärken, zu ermutigen, zu hinterfragen, mit ihnen zu diskutieren und mit ihnen und für sie zu beten. Wie schön, dass viele dieser Menschen Sie, liebe Prädikantinnen und Prädikanten auch heute begleiten. Dies ist für unsere ganze Kirche ein gutes Beispiel dafür wie Menschen Gaben entdecken und ausgebildet und geschwisterlich geistlich begleitet und unterstützt werden!
Liebe Festgemeinde, der Apostel Paulus schreibt in seinem 2. Brief an die Gemeinde in Korinth: Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.
Diese Worte begleiten mich, wenn ich über die Aufgabe und Verheißung des Predigtamtes in diesen Tagen der ausklingenden Epiphaniaszeit nachdenke. Wir feiern morgen den vorletzten Sonntag im Weihnachtsfestkreis, in dieser Zeit, die ganz unter dem Vorzeichen des Licht-Symbols steht.
Und Paulus knüpft einen großartigen biblischen Zusammenhang des Lichtsymbols: „Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten …“ Damit ruft Paulus das Schöpfungslicht in Erinnerung, das erste Wort Gottes in der gesamten biblischen Überlieferung: „Gott sprach: Es werde Licht!“
Und er erinnert auch an die prophetische Verheißung von Licht für die Menschen, für das Volk, das im Finstern wandelt und nur durch Hoffnung lebt. Er erinnert auch an das Licht, das als schwacher Schimmer vom Stall in Bethlehem das Dunkel durchbricht. Das Licht, das auch nach Karfreitag die Welt wieder hell macht - denn Christus ist auferstanden.
„Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.“ Wir feiern das Kirchenjahr hindurch Lichtfeste, tragen das Bethlehem-Licht und die Osterkerze in unsere Kirchen hinein und in die Welt hinaus. Ganz sichtbar sind sie für uns das Zeichen, dass Gott dieser Welt Hoffnung und Zukunft schenkt.
Der Apostel Paulus stellt darum den Dienst der Verkündigung ganz und gar in den Dienst an dieser hellmachenden Botschaft. Gott, der eine solche Lichtgeschichte unter seinen Menschen geschrieben hat, „er hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.“
Besser kann man das, was in der Verkündigung des Evangeliums geschieht, damals wie heute gar nicht in Worte fassen:
Denn am Anfang steht Passivität, kreative Passivität:
Gott gibt den hellen Schein. Er spricht uns an, durch Worte, die wir uns nicht selbst sagen können. Etwas leuchtet uns dann ein – da geht uns ein Licht auf – und mit hellem, wachem Blick lesen wir eine biblische Passage mit neuen Augen. Ja, irgendwie erleuchtet, entdecken wir Gottes Geistesgegenwart, seine geistreiche Gegenwart in den alten Worten und zwischen den Zeilen. Wir sehen und erkennen, welches Licht daraus auf unser Leben, auf unsere Gegenwart fällt.
Und so berührt Gott unser Herz. Er macht es hell in uns – und wir können nicht schweigen. Durch uns, schreibt Paulus, soll die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi entstehen. Durch uns – nicht, weil wir selbst das bewirken und schaffen können, sondern weil Gott sich unser annimmt: uns sprechen, singen und beten lässt.
Gott nimmt unsere dürren Worte und manchmal opulenten Bilder in seinen Dienst und lässt sie vor dieser Welt strahlen, in einer Weise, wie wir es selber manchmal nicht zu hoffen wagen. Durch uns, durch Ihren Dienst, liebe Prädikantinnen und Prädikanten, liebe Schwestern und Brüder, wird das Licht in diese Welt getragen, in der ganzen Fülle und Vielfalt seiner Erscheinungen.
„Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ heißt es in den Worten der Bergpredigt. Wir haben sie eben gehört.
Es gäbe Vieles zu sagen, wie dieses Licht in der Welt wirksam wird:
Wenn das verkündete Wort Salz der Erde und Licht der Welt ist, dann ist es ein prophetisches Wort. Es spricht die Dinge an. Es nennt sie beim Namen. Es hält aus, dass es Widerspruch erfährt. Es macht sich auf die Suche nach dem, was dem Leben dient.
Wenn das verkündete Wort Salz der Erde und Licht der Welt ist, dann ist es tröstendes Wort. Es ist tröstendes Wort, das auch in der Finsternis der Trauer, der Angst und der Verzweiflung nicht von der Hoffnung schweigt, aber der Seele der anderen mit Sorgfalt begegnet.
Wenn das verkündete Wort Salz der Erde und Licht der Welt ist, dann ist es ermutigendes Wort. Es stärkt Menschen auf ihrem Lebensweg. Es freut sich mit den Fröhlichen und gewährt Raum zur Entfaltung. Und es ermutigt dazu, die Widersprüche im eigenen Leben auszuhalten, weil Gott sie mit uns aushält.
Liebe Schwestern und Brüder, der Apostel Paulus predigt und schreibt in angefochtener Zeit. Er wird missverstanden und hinterfragt in seinem Auftrag. Er ringt darum, was Gottes Wille und Gedanken in seiner Zeit bedeuten. Er hat Gegner. Er ist kaum mehrheitsfähig.
Doch es gibt ein klares Kriterium, an dem sich Verkündigung ausrichten muss, damit wir uns nicht selbst verkündigen. Unsere Verkündigung geschieht: „Zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.“ Im Angesicht dieses Menschen, dem Kind im Stall, dem Prediger; dem, der mit Zöllnern isst, der sich Kranken zuwendet, der sich der Willkür ausliefert und am Kreuz getötet wird.
Im Angesicht dieses Menschen geschieht unsere Verkündigung. Auf ihn beziehen sich unsere Worte. „Was Christum treibet“ sagt Martin Luther, das ist es, was wir in dieser Welt, in unserem jeweiligen Dienst, mit unseren ganz eigenen Gaben bezeugen sollen. Es ist eine herausfordernde Aufgabe, die Freude macht und manchmal Versagensängste schürt.
Es ist eine Aufgabe, die unentbehrlich ist, von Anbeginn an. Vor allem aber ist sie verheißungsvoll für Sie, liebe Prädikantinnen und Prädikanten, für Ihre Gemeinden und für unsere gesamte Kirche. Denn mit Ihren Gaben, Ihrer Lebenserfahrung und Ihrer geistlichen Erfahrung tragen Sie zum Aufbau der Gemeinde bei!
Wenn wir Sie heute mit dem Predigtdienst beauftragen, Sie segnen und Sie in Ihre Gemeinden senden, dann tun wir das im Vertrauen auf den, der das Licht der Welt ist, der unsere Hoffnung ist im Leben und im Sterben.
So mögen die Worte des Paulus auch Sie in Ihrem Dienst begleiten:
Denn Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi. Amen.