Luthers Einsicht für „Jedermann“ in Theaterpredigt des Landesbischofs
29. März 2017
Schwerin/Neustrelitz. Gerhard Ulrich, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), hat heute (29. März) in seiner Theaterpredigt in Neustrelitz dazu ermutigt, sich auf ein Leben einzulassen, „das keine Sackgasse ist und nicht im Tod endet“. Im Rahmen einer Soiree im Borwinheim zu dem Theaterstück „Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ von Hugo von Hofmannsthal sagte Ulrich: „Jedermann und wir alle sollen Teil haben an der Fülle des Ewigen Lebens, wo alle bekommen, was sie wirklich brauchen: Friede und Gemeinschaft, Brot und Freiheit.“
Schauspielerinnen und Schauspieler hatten dazu Szenen aus dem Stück gespielt. Premiere hat die Inszenierung am Samstag, 8. April 2017, um 19.30 Uhr in der Stadtkirche Neustrelitz. Sie ist ein Beitrag der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg / Neustrelitz, zu der auch das Landestheater Neustrelitz gehört, zum Reformationsjubiläum 2017.
„In dem Stück erzählt der Katholik Hugo von Hofmannsthal von einem Jedermann, dem es im Angesicht seines Schöpfers und Richters widerfährt, ganz neu zu verstehen, was über Heil oder Unheil des Menschen entscheidet“, so Ulrich. „Es ist dieses Widerfahrnis, das auch Martin Luther ergriff und veränderte.“ Der Reformator habe darum gerungen, Gottes Gerechtigkeit zu verstehen: „Zunächst verstand er sie nur wie die Gerechtigkeit der Justiz, die ohne Ansehen der Person fragt, ob einer nach den geltenden Regeln gehandelt hat. Wenn nicht: dann bestraft sie.“
Luther sei klargeworden, dass kein Mensch fähig sei, vollkommen nach Gottes Gebot zu leben. Er habe begriffen: „Gott ist anders. Seine Gerechtigkeit ist keine strafende Instanz. Es ist eine schenkende Gerechtigkeit, die jede und jeden gerade so ansieht, wie er oder sie ist. Wir müssen Gott nicht erst beweisen, dass wir gut sind. In seinen Augen sind wir es bereits – als seine geliebten Kinder.“
In dem 1911 in einer Inszenierung von Max Reinhardt in Berlin uraufgeführten Stück beauftragt Gott den Tod, dem unbarmherzigen Jedermann, der ein Leben in Reichtum und ohne Gottvertrauen führt, dessen baldiges Sterben anzukündigen. Bei einem großen Gelage taucht der Tod auf, um ihn mitzunehmen. Jedermann bittet – zunächst vergeblich – um Aufschub, um jemanden zu finden, der ihm auf dem Weg vor den Schöpfer beistehen möge.
Hugo von Hofmannsthal bearbeitete für das Stück ein spätmittelalterliches Mysterienspiel und griff dazu auf einen englischen Text von 1509 sowie die Fassung von Hans Sachs aus dem Jahr 1549 zurück. Seit 1920 wird es alljährlich bei den von Reinhardt und Hofmannsthal begründeten „Salzburger Festspielen“ aufgeführt. Ab April wird es in Neustrelitz und einigen umliegenden Kirchen zu erleben sein (<link http: www.theater-und-orchester.de>www.theater-und-orchester.de).
Hintergrund:
Seit zwei Jahren widmet sich Landesbischof Ulrich unter dem Motto „Predigt am anderen Ort“ in besonderer Weise dem Dialog von Kirche und Bühne. Seine Theaterpredigten sind theologische Kommentare zu einer aktuellen Bühneninszenierung. Das Theaterstück bildet dabei den inhaltlichen Hintergrund, um über Lebensfragen und aktuelle Themen sowie Erfahrungen mit Bibel und Glauben in den Dialog zu treten. Dabei öffnen sich ungewohnte Zugänge zu biblischen Inhalten und Glauben ebenso wie zu Literatur und Theater.
Der in Hamburg geborene Gerhard Ulrich studierte zunächst Germanistik, Theaterwissenschaften und Schauspielkunst, bevor er 1974 zum Studium der Evangelischen Theologie wechselte. 2013 wurde er von der Landessynode der Nordkirche zum Landesbischof gewählt. Seine Predigtstätten sind die Dome zu Schwerin und Lübeck. Ulrich ist zugleich Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.
Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) und Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
www.nordkirche.de
www.velkd.de