1. Dezember 2016 | Gut Schierensee

„Nicht für mich, sondern für die Nachkommen"

01. Dezember 2016 von Gerhard Ulrich

Laudatio zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft des Landes Schleswig-Holstein an Professor Dr. h.c. Günther Fielmann

Sehr geehrter Herr Professor Fielmann,
Sehr geehrte Frau Ludwig, liebe Familie;
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

„Der Christenmensch ist ein freier Herr und niemand untertan;
der Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht und jedermann untertan!“

Mit diesen beiden einander scheinbar widersprechenden Sätzen beginnt Martin Luther seine „Freiheitsschrift“ von 1520 – sozusagen eine Summe der reformatorischen Theologie und Ethik. Freiheit von Gott aus dem Glauben und Verantwortung vor Gott und den Menschen gehören zusammen. Keine Freiheit ohne Bindung, keine Freiheit ohne Verantwortung.

Aus dieser Spannung speist sich das Leben eines Christenmenschen – diese Spannung bildet sich in Ihrem Leben und Wirken, sehr verehrter Herr Prof. Fielmann, ab. Freiheit aus Glauben und Bindung an Gott ist Freiheit, die zur Liebe befreit, zum Tun des Guten und Wahren.

Heute verleiht dasLand Schleswig-Holstein seine Ehrenbürgerschaftan einen herausragenden Unternehmer und Christenmenschen, der weit über dieses Bundesland hinaus bekannt ist und geschätzt wird: Günther Fielmann, eine Unternehmerpersönlichkeit, ja, ein Pionierunternehmer, dem das Wohl seiner Unternehmung am Herzen liegt. Und indem ihm seine Geschäfte wichtig sind, nimmt er Verantwortung über sie hinaus wahr: als Stifter, als Mäzen, als ökologischer Landwirt. Nicht zuletzt als Erhalter von Kulturdenkmälern. Ihnen wird die Ehrenbürgerschaft verliehen – und wir alle empfinden es als Ehre, Sie hier im Land zu wissen: den Unternehmer und Menschenfreund!

Die Ehrenbürgerschaft wird verliehen hier auf Gut Schierensee, inmitten einer von Seen und Wäldern geprägten Natur- und Kulturlandschaft. In einem Herrenhaus, das völlig zu Recht als „Perle schleswig-holsteinischer Adelskultur" bezeichnet wird. Sie, sehr verehrter Professor Fielmann, haben es so wiederhergestellt und gleichzeitig verwandelt: zu einem Ort schleswig-holsteinischer Verantwortungskultur. In der Freiheit des Unternehmers haben Sie sich von hier aus führen lassen in die Verantwortung für das Ganze der Gesellschaft – in einer Freiheit, die für Sie zugleich die eines Christenmenschen ist, eine Freiheit also, die nicht zu leben ist ohne die Verantwortung für den Nächsten in der Welt.

Der Schriftzug über dem Portal Ihres Gutshauses – seit über 200 Jahren steht er dort – ist, wie für Sie bestimmt, dort in Stein gehauen: „Non mihi, sed posteris“ – „Nicht für mich, sondern für die Nachkommen“. Und nun: nicht mehr nur für die Nachkommen der Adelsgesellschaft. Sondern für unser aller Nachkommen. Ihnen fühlen Sie sich verpflichtet. Nachhaltigkeit ist ihre Leidenschaft. Bewahrung der Schöpfung ist Ihr Ziel: Natur- und Umweltschutz; ökologischer Landbau. Der Baum ist Ihnen das Symbol des Lebens.

Tiere sind Mitgeschöpfe mit eigener Würde. Wer Sie jemals über den Eisvogel hat erzählen hören, den Sie bei sich beheimaten, weiß, wie sehr Sie die Schöpfung achten und schätzen. Die Tiere, die Sie züchten – preisgekrönt –, würdigen und achten Sie. Als Sie uns nach einem der Adventsgottesdienste, zu denen Sie in den Rinderstall einladen, einen der Zuchtbullen zeigten und sich dazu mit leuchtenden Augen zu dem mächtigen Tier in die Box begaben, um es zu streicheln und uns zu präsentieren – da haben Sie zwar Ihre Begleiter in helle Aufregung versetzt; vor allem aber ist Ihnen diese Zuneigung zu den Tieren Ihr Leben lang selbstverständlich, der Respekt vor der Schöpfung Gottes prägt Ihr Selbstverständnis. Und Sie tun vieles, damit auch die Generationen nach Ihnen und uns davon erfahren und Respekt lernen: In Trappenkamp ist das Umwelt- und Naturzentrum wesentlich Ihnen zu verdanken – das ist nur ein Beispiel.

Im Jahr des Reformationsgedenkens ist es naheliegend, auch in dieser Feierstunde den Blick auf Martin Luther zu richten. Auch in unternehmensethischen Fragen hat er Stellung bezogen – und zwar in gewohnt klarer, zum Teil drastischer Sprache. Er prangert vor allem die damals entstehende Kredit- und Zinswirtschaft der Fugger an:

„Hier müßte man wahrlich auch den Fuggern und dergleichen gesellschaften einen Zaum ins Maul legen. Wie ist's möglich, daß es göttlich und recht zugehen sollte, daß in einem Menschenleben so große, königliche Güter auf einen Haufen gebracht werden könnten?“ schreibt er 1520 in seiner Schrift an den Deutschen Adel. Seine Kritik zielt auf die großen Handelshäuser, die damals entstanden – und mit ihnen enorme soziale Verwerfungen. Das größte und berühmteste unter ihnen: der Fugger-Konzern.

Martin Luther ist alles andere als ein Sozialist. Der Reformator hatte überhaupt nichts gegen das Geldverdienen und gegen eine gute Wirtschaft. Aber als ein Mann, der aus der Bibel, aus der Mitte der Schrift lebt und denkt, gilt für ihn auch im Blick auf das unternehmerische Handeln das Prinzip der Nächstenliebe: Alles Wirtschaften muss dem Menschen dienen, seinem Wohl. Alles, was wir tun, muss eine Option für andere haben. Freiheit beschränkt sich nie nur auf Freiheit von – von falschen, auch wirtschaftlich falschen Zwängen – sondern ist stets auch Freiheit für: Ideen, Visionen, die anderen dienen. Das Doppelgebot der Liebe: Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst, gilt auch in unserem Wirtschaften. Die „wertlosen Werte“ wie Barmherzigkeit, Solidarität, Teilhabe und Gerechtigkeit sind im „freien Markt“ nicht suspendiert, sondern sollen leitend sein. Die freien Kräfte des Marktes sind nur so frei, wie sie sich binden an die Werte, die wir für wahr erachten.

Menschen wie Sie, Prof. Fielmann, sind darin Vorbild, dass sie die Freiheit für etwas und für andere leben. Dass sie den Blick nicht nur auf sich selbst richten, sondern auf die Menschen nah und fern. Und wissen: wir leben auch in unserem Wirtschaften von Voraussetzungen, die wir uns nicht selber bereiten können. Auch für das unternehmerische Handeln gilt: Wir leben aus Gnade; die Fülle, aus der wir schöpfen, ist uns anvertraut. Und wissen: Es geht um den Menschen, um jeden einzelnen Menschen in seiner unantastbaren Würde.

Es ist Günther Fielmann und mit ihm vielen anderen Unternehmerinnen und Unternehmern zu danken, dass sie nachweisen: Das Soziale im Wirtschaften treibt nicht in den Ruin, sondern ist Grundlage für Wachstum und Nachhaltigkeit.

Ihr Engagement, sehr verehrter Professor Fielmann, es ist aller Ehren wert. Mit der Ehrenbürgerschaft werden Sie ausgezeichnet als vorbildlicher Unternehmer, der mit seinem beeindruckenden Lebenswerk überzeugend darstellt: Das ökonomisch Sachgemäße können wir verbinden mit dem Menschengerechten und unser Wirtschaften so wahrhaft lebensdienlich gestalten.

Sie sind ein von Gott Gesegneter. Er, der das Leben liebt, behüte Sie und die Ihren!

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