Pfarrstellen-Premiere für Urlauberseelsorge in Mecklenburg-Vorpommern
18. August 2016
Seit August gibt es im Ostseebad Kühlungsborn eine Pfarrstelle für Urlauberseelsorge, eine Premiere. Pastor Matthias Borchert ist der erste hauptamtliche Urlauberseelsorger in Mecklenburg-Vorpommern. Für drei Jahre ist seine Arbeit gesichert.
„KISK“ hat jemand mit roter Lackfarbe auf den Strandkorb geschrieben: Fische, eine Kirche, ein Regenbogen. Der „KirchenStrandKorb" ist seit Anfang August Mittelpunkt der neuen Urlaubsseelsorge. Das bunte Sitzmöbel ist ein Geschenk, das ein Vermieter der evangelischen Kirchengemeinde in dem traditionsreichen Kur- und Badeort mit jährlich über 2,5 Millionen Übernachtungen gemacht hat.
„Man muss Zeit für die Urlauber haben“, ist der 56-jährige Theologe überzeugt. Im Urlaub könnten die Menschen mit einem Seelsorger auch anonym über Probleme reden, etwa über ihre Ehekrise, Überarbeitung und andere Belastungen des Lebens. Die Zeit dafür ist im Alltag einer Kirchengemeinde oft nicht da, weiß Borchert.
Ausgliederung aus Gemeindearbeit als Pilotprojekt für Mecklenburg
Dabei hatte er die Urlauber schon immer im Blick. Seit acht Jahren feiert Kühlungsborn am ersten Juli-Sonntag das Seebrückenfest mit rund 800 Besuchern, seit acht Jahren ist Borchert Gemeindepastor. Er hat auch schon Kinder mit Ostseewasser getauft und langjährige Urlaubsgäste getraut. Eine große Nachfrage gibt es auch für Segnungen. Anlass kann eine Verlobung oder ein Ehejubiläum sein, es kann aber auch eine überstandene Lebenskrise sein oder auch der Segen für den weiteren Lebensweg.
Mit einer halben Stelle bleibt Matthias Borchert Gemeindepastor, mit den anderen 50 Prozent wird er sich intensiv um die Urlauberseelsorge kümmern: Andachten bei Sonnenuntergang am Strand mit Wein und Käse, Andachten auf einem Segelboot - Ideen hat er einige. Es sei wichtig, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und sie zum Nachdenken über Gott und die Welt anzuregen, erzählt er. Vordringliche Aufgabe ist aber zur Zeit, ehrenamtliche Mitarbeiter zu gewinnen.
Urlauberseelsorger Borchert: „Kirche sollte Gemeinschaft ermöglichen“
Er hat derzeit zwei erfahrene Ehrenamtler aus Hessen und zwei Jugendliche aus Kühlungsborn in seinem Team. Sie erzählen die Gute-Nacht-Geschichten, gestalten den Abendsegen am Strand und organisieren in der Pfarrscheune das Bastel-Café für Familien. So gab es bereits einen Pilgerspaziergang mit den „Perlen des Glaubens“ durch den Stadtwald. Denkbar ist auch ein Projektchor, in dem Urlauber mitsingen. „Kirche sollte Gemeinschaft ermöglichen“, ist Matthias Borchert überzeugt.
Anonymität im Urlaub hilft beim Kontakt zwischen Urlauber und Kirche
Von Urlauberseelsorgern in Schleswig-Holstein wisse er, dass manche Menschen den Kontakt zur Kirche im Urlaub eher suchen als zu Hause, sagt Ulrich Schmidt vom Gemeindedienst der Nordkirche. Die Anonymität könne helfen. „Man muss sich nicht entschuldigen, wenn man nicht wieder hingeht.“ Für Kersten Koepcke vom Gemeindedienst in Rostock ist Kühlungsborn ein Pilotprojekt für Mecklenburg. In Ostseebädern wie etwa Graal-Müritz oder Rerik ist Urlauberseelsorge noch Teil der Gemeindearbeit.
Prominenten Besuch bekommt das neue Urlauberseelsorge-Projekt in Kühlungsborn bereits am Freitag (19. August). Dann will sich der Nordkirchen-Präses, Andreas Tietze, in Kühlungsborn über „Kirche am Urlaubsort“ informieren.