BREKLUM, 21. JUNI 2010

Predigt anlässlich des Breklumer Jahresfestes 2010

22. Juni 2010 von Gothart Magaard

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch! Liebe Schwestern und Brüder, liebe Festgemeinde, 
der heutige Predigttext steht im 1. Buch Mose am Übergang vom 1. zum 2. Kapitel:
 „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward Abend und Morgen der sechste Tag. So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. So sind Himmel und Erde geworden, als sie geschaffen wurden.“ Nach allem, was wir heute gehört haben von Rev. Kirata aus Kiribati, und im Workshop aus Brasilien, Indien, Kenia, Papua Neuguinea frage ich mich: Ob Gott seine Schöpfung wohl noch immer als das ansieht, was sie - unmittelbar danach, am siebten Tage, sozusagen noch ganz taufrisch - in seinen Augen gewesen ist? Ob Gott noch immer sagen würde, sein Werk sei „sehr gut“, überaus gelungen, ja sogar ein gesegnetes Werk?

Ich könnte mir vorstellen, dass wir uns da inzwischen nicht mehr ganz so sicher sein können. Zwar können wir auch über die Schönheit der Schöpfung ins Staunen geraten angesichts der Sträucher und Pflanzen in ihrer Farbenpracht. Die Auswirkungen des Klimawandels sind kaum spürbar. Und doch haben wir heute davon gehört, dass in manchen Regionen der Erde der Meeresspiegel schon jetzt bedrohlich steigt, Dürrephasen wiederholt und lange anhalten und die Ölkatastrophe seit Wochen ein Meer verseucht. Seit Vollendung der Schöpfung hinterlässt das menschliche Handeln allem Anschein nach eine Schneise der Verwüstung im Paradiesgarten Gottes.

Der weltweite Klimawandel, mit dem wir uns auf diesem 134. Ökumenischen Jahresfest in Breklum beschäftigen – mit der Eröffnung der nordelbischen Klimakampagne, mit Podiumsdiskussionen, dem Weltdorf, Workshops und vielem mehr - ist dafür ein Indiz. Schon seit geraumer Zeit müssen wir nicht mehr den Menschen vor den Unbilden der Natur schützen, sondern umgekehrt die Natur vor den Untaten des Menschen, damit sie nicht auf eine solche Weise zurückschlägt, wie wir es in manchen Gegenden der Welt schon heute erleben: Mit Überschwemmungen oder – im Gegenteil – mit Dürre.

Mit der Wahl des Mottos des diesjährigen Jahresfestes der Ökumene: „Und siehe, es war sehr gut. Welt – Klima – Wandel“ und mit der Eröffnung der Klimakampagne ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Tage benannt. Die Zeit drängt bei diesem Thema, denn (anders als wir Menschen es sonst gewohnt sind) können wir es uns diesmal nicht leisten, erst aus größerem Schaden klug zu werden. Es wäre nämlich dann zu spät. Mindestens so klug wie die Schlange aus dem Paradiesgarten wären wir dann, wenn wir es schafften, noch bevor die Klimakatastrophe eintritt, Konsequenzen für unser Handeln zu ziehen, aus dem, was uns Klimaforscher prognostizieren. Wenn wir der Versuchung widerstehen würden, einfach so weiterzumachen wie bisher.

„Gott ruhte am siebten Tage von allen seinen Werken“ – so hören wir aus dem ersten Schöpfungsbericht der Bibel. Der Sabbat, das Sabbatjahr, die Unterbrechung allen Tuns gehört nach biblischem Verständnis zum Gesamtvorgang des göttlichen Schöpfungshandelns dazu. Gott werkelt also nicht erst 6 Tage und macht dann erstmal Pause, sondern der gesamte zeitliche Rahmen von 7 Tagen inklusive des Ruhens gehört zur Vollendung der Schöpfung.

Für mich heißt das: Lasst uns den Sabbat, das Atemholen, das Aufhören können mit hinein nehmen in das Verständnis dessen, was wir als menschliches Tätigsein auffassen. Die Schöpfung braucht Atempausen. Der Mensch braucht heilvolle Unterbrechungen. Es gilt, eben nicht das Letzte herauszuholen – weder aus dem Menschen noch aus der Natur.

Der Klimawandel ist ein Anlass, sich zur Besinnung rufen zu lassen. Sich zu informieren, sich auszutauschen, auch mit unseren ökumenischen Gästen, zu hören, zu überlegen: Wie kann, wie soll es weitergehen? Sich in die Schuhe des jeweils anderen zu stellen und verstehen zu lernen. Verbindungen zu ziehen: Wie es sein kann, wenn z.B. die pazifischen Inseln im Meer unterzugehen drohen. Die Menschen von der Westküste hier wissen, was das heißt.

Klimaschutz ist weiter auch eine Frage kultureller Normen und religiöser Überzeugungen. Christen haben ein besonderes Verhältnis zur Umwelt, weil sie die Erde als Schöpfung Gottes ansehen. Sie ist uns leihweise zur Verfügung gestellt und unsere Aufgabe ist es, sie zu „bebauen und zu bewahren“, wie es einige Verse weiter heißt.

In den Missionswerken, in der Partnerschaftsarbeit, im Dialog mit Christen aus anderen Kontexten und Menschen anderer Religion halte ich es für wichtig, sich gegenseitig über genau diese Themen zu unterhalten: als was wir die Welt sehen und verstehen. Welche Prioritäten wir bei den Entwicklungen unserer Regionen und Länder setzen. Eigene Befürchtungen und Hoffnungen gegenseitig offen zu legen. Über realistische Möglichkeiten und eigene Dringlichkeiten zu sprechen. Auf wessen Kosten leben wir? Welchen ökologische Fußabdruck werden wir in Gottes Garten hinterlassen haben? Sich darüber zu verständigen, wäre ein erster Schritt hin in Richtung Klimagerechtigkeit. Der Schöpfungsbericht macht ja deutlich: es ist die eine Welt Gottes, auf der alle Menschen gleichermaßen zu seinem Ebenbild geschaffen sind.

Wir dürfen aber auch nicht vergessen: der Klimawandel ist selbst in der Gefahr, zu einem Schlagwort zu verkommen. Zu einem Alibi-Etikett, um Produkte zu verkaufen und erneut Profite herauszuschlagen. „Klimawandel ist ein weltweiter Geschäftszweig“, hat ein hochrangiger Berater der Regierung Tuvalus einmal gesagt .

Kirchen werden demgegenüber darauf achten helfen, dass einerseits keine unnötige Panik geschürt wird und andererseits auch keine wertvolle Zeit vergeudet wird. Kirchen werden sich weiter dadurch von anderen unterscheiden, dass wir die Armen nicht ein weiteres Mal ausschließen, indem wir ihnen gegenüber im Namen des Klimawandels Forderungen erheben, die wir in den Industrieländern selbst zu erfüllen nicht bereit sind. Viel zu oft erschöpft sich die Debatte darin, auf andere zu zeigen. Deshalb begrüße ich es, wenn die Klimakampagne der NEK mit ihrem Ziel, ihren CO2-Ausstoß innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren um 25% zu verringern, bei sich selbst anfängt.

Um dem Klimawandel und seinen Auswirkungen wirksam zu begegnen, sind wir Menschen rund um den Globus aufgerufen, gemeinsame Lösungen zu finden und zu verbindlichen Absprachen zu kommen. Hier kann die Ökumene, das weltweite geschwisterliche Miteinander von Christinnen und Christen, wichtige Impulse geben. Die globalisierte Kirche profitiert von jahrzehntelang gewachsenen Kontakten und einer lebendigen Partnerschaft. Dafür ist Breklum mit seiner weltweiten Verbundenheit ein guter Ort, um anzufangen und um Perspektiven zu entwickeln.

Und schließlich: Die Antwort auf die Frage, wie Gott die Welt wohl heute ansieht, ob er sie wohl erneut, oder: noch immer als „sehr gut“ bezeichnen könnte und für segnenswert halten würde, beantwortet die Bibel für mich in doppelter Weise:

Zunächst noch innerhalb der Urgeschichte des Ersten Testamentes mit dem Regenbogen nach der Sintflut, dem „Knoten im göttlichen Taschentuch“, und dem Versprechen Gottes: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen… Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“
Wenn es innerhalb der biblischen Geschichte offenbar so ist, dass Gott dazu lernt: Warum sollten wir Menschen uns daran nicht ein Beispiel nehmen? „Nach uns die Sintflut“ – das gibt es für Glaubende nicht mehr, weder als zerstörerische Lebenshaltung, noch als lähmende Befürchtung. Wir leben bereits nach der Sintflut und damit in einem Verhältnis zu Gott, in dem er sich einseitig zugunsten seiner Schöpfung und des Menschen in ihr verpflichtet hat (Gen 9,17).
Der zweite Teil der Antwort ist für Christen keine Geschichte und auch kein irgendwie wahrer Satz, sondern Jesus Christus in Person. „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“ (Joh 3,16).

Man könnte also sagen: Angesichts menschlichen Versagens wendet sich Gott nicht nur nicht ab, wie man leicht annehmen könnte, sondern wendet sich – im Gegenteil – in unnachahmlicher Weise der Welt zu, indem er – in der Person Jesu - ein Teil von ihr wird. Eine Schneise der Liebe, eine Spur der Hoffnung, ein Weg des Glaubens.

Und die Freiheit, zu der uns Christus berufen hat, ist eine Befreiung vom Zwang zur Selbsterlösung auf Kosten anderer. Die Freiheit, zu der uns Christus befreit hat, ist eine Freiheit zur Selbstbegrenzung, die die Würde und die Freiheit anderer Menschen, künftiger Generationen und Bewahrung der Schöpfung zum Maßstab hat.
Amen.

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