137. JAHRESFEST DER DIAKO - DIAKO-KIRCHE FLENSBURG

Predigt über Psalm 139 anlässlich des 137. Jahresfestes der DIAKO

25. September 2011 von Gerhard Ulrich

Liebe Schwestern und Brüder in Christus! I Das 137. Jahresfest feiert die DIAKO! 137 Mal wird nach innen und nach außen deutlich, welch segensreiche Einrichtung diese DIAKO ist für die Region und für das Land. Sie beweist das jeden Tag – nicht nur bei Jahresfesten: sie ist eine hoch professionelle Einrichtung, die medizinisch, pflegerisch und seelsorgerlich nahe bei den Menschen ist und kein Qualitäts-Controlling fürchten muss. Als in diesem Jahr z. B. alle von Ehec redeten, gehörte dieses Haus zu denen, in denen die so schwer Erkrankten Hilfe fanden, und da erreichte die DIAKO Anerkennung auch vom Land! Wir blicken auch zurück auf ein Jahr mit vielen Investitionen, Grundsteinlegung, Umstrukturierungen – alles, weil wir wissen: wir sind gesandt zu denen, die Hilfe brauchen, die Heil und Heilung suchen.

Vor allem wird deutlich, mit den Jahresfesten zumal, unter welchem Segen die medizinische Leistung steht, welche Heilung und welches Verständnis von Heilung in diesem Haus und den Häusern zu erwarten ist: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir“! – Das ist die Quelle des Heilens und des Heils, Gott selbst. Wir wissen: Medizin, Pflege und Seelsorge gehören zusammen; Leib und Seele sind unterschieden, aber nicht getrennt. Heute mit dem Gottesdienst unterstreichen wir noch einmal für uns selbst und für die Menschen um die DIAKO herum, wo unsere Mitte ist, von der her wir all´ unser helfendes und heilendes Handeln verstehen: Unsere helfende und heilende Mission gründet sich in der Mission Gottes selbst. Er hält seine Hand über uns, umgibt uns von allen Seiten, sagt der Psalmbeter: So wird für uns selbst und für die Menschen um die DIAKO herum deutlich und erkennbar, wo unsere Mitte ist, von der her wir all´ unser helfendes und heilendes Handeln verstehen. Unsere Mission gründet sich in der Mission Gottes selbst: Der helfende und heilende Gott ist unterwegs zu den Menschen – und darum sind auch wir helfend und heilend unterwegs. Das ist unser Auftrag in Kirche und Diakonie – auf den Weg geschickt von Gott, der uns von allen Seiten umgibt und seine Hand über uns hält. Einer hält seine Hand über uns, umgibt uns von allen Seiten: ein Schutz und ein Schirm, den wir uns nicht selber geben können; Schutz und Schirm über unserem Leben, das zerbrechlich oft ist; Schutz und Schirm über Heiles und Verletztes, Schwaches und Starkes. Bergendes um uns herum in aller Unwirtlichkeit des Lebens. Mächtiges über unserem Leben, das alle Macht überwindet. Das ist Gottes Mission mit seinen Kindern, seinen Ebenbildern auf Erden.IIIch kann dieses Psalmwort nicht hören, ohne dass in meinem Kopfkino meine eigene Geschichte abläuft. Als Schauspieler war ich 1973 beteiligt an einer Inszenierung des Ernst-Deutsch-Theaters in Hamburg: „Abaelard und Heloise“ – ein Drama über eine unglückliche Liebe zwischen dem Abt von Cluny und einer Äbtissin im Mittelalter. Verbotene Liebe. Ein Spiel von der Gefangenschaft im Klerus, der Unerbittlichkeit der Dogmen und der Kraft der Liebe. Eine der intensivsten Szene war die, in der die „Heloise“ in höchster Seelennot den 139. Psalm betet: „Von allen Seiten umgibst du mich; und hältst Deine Hand über mir… Wohin kann ich gehen vor deinem Geist, wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht...?“ – Nie habe ich diesen Psalm überzeugender dargestellt erlebt, so dass die ganze Spannung darin aus Sehnsucht nach Nähe Gottes und Angst vor der Erfüllung dieser Sehnsucht zugleich spürbar war und mich ergriff, mir zur Gotteserkenntnis verhalf! Dieser 139. Psalm gehört seitdem zu den Texten der Heiligen Schrift, die mich tragen und begleiten, mich, der ich bis dahin weder von Gott noch von der Theologie etwas wusste oder wissen wollte. Ich sehe mich da noch stehen auf der Bühne, die mir zum gottesdienstlichen Raum geworden war, wie ich diese mitreißende Szene aus dem Hintergrund der Kulisse verfolge. Für mich war das lebendige Begegnung mit Gott. Nicht weniger! Seither ist Gott für mein Leben eine „gute Adresse“: für meine Fragen und Hoffnungen, in Freude und Leid. Aus dieser Wurzel schöpfe ich Kraft. Und so verstehe ich meinen Dienst der Verkündigung: vor Gott zu bringen, was uns bewegt; sein Wort laut werden zu lassen in der Welt, die dieses Wortes so dringend bedarf – im Gottesdienst, in den Begegnungen mit Menschen, in der Diakonie, im Krankenhaus und in den Heimen und Einrichtungen der DIAKO. So lebt Gottes Mission! Und immer bin ich getragen seither von der Hoffnung und der Gewissheit, dass Gott sich zeigt – an ungeahntem Ort oft. Durch überraschende Menschen, die Gott uns an den Weg unseres Lebens stellt – wie mir damals diese Schauspiel-Kollegin, die nebenbei überzeugte Atheistin war. Gott nutzt die Hände seiner Menschenkinder, damit wir spüren, wie er selbst seine Hand über uns hält!IIIDas, liebe Schwestern und Brüder, ist unser Part, das ist unsere Rolle in Gottes Mission – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir Christenmenschen führen nicht Regie in dem Stück, das Gott selbst auf seiner „Weltbühne“ aufführt. Aber unverzichtbare Darsteller in diesem Stück, das sind wir! Jeder und jede von uns, an ihrem oder seinen Ort – in der DIAKO und auch sonst im Leben außerhalb der DIAKO. Das traut Gott uns zu. Dass etwas hindurch klingt und hindurch scheint durch uns von diesem Schöpfer-Gott! wir sind von Gott! Er hat uns geschaffen. Das ist Grund zum Staunen und zum Danken. Und das ist oft genug auch Grund der Gottesfurcht. „Herr, du erforschest mich und kennest mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne…Denn du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe. Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele…Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war…“.„Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir“. In diesem Staunen steckt aber auch die Einsicht in die Unausweichlichkeit der Nähe Gottes: „Wohin soll ich gehen vor deinem Geist, und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht? Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten“(Verse 7-10). Zu diesem Selbstbewusstsein unserer Einmaligkeit gilt es hindurch zu stoßen: mit dem Psalmbeter einzustimmen in Lob und Dank, ins Staunen. Und auch das Eingeständnis der unerreichbaren Größe Gottes gehört dazu. Denn das macht uns nicht klein. Das macht uns frei: als die, die Gott mit solcher Herrlichkeit ausstattet; die behütet und bekannt sind bei ihm – als diese müssen wir nicht selbst Gott sein, müssen nicht selbst uns groß machen. Wir müssen nicht fliehen, sondern dürfen standhalten und frei ausschreiten. Unsere Freiheit und Einmaligkeit liegt darin gegründet, dass wir Gott Gott sein lassen können. Was Gottvergessenheit oder Leugnen der Gottesgegenwart bedeutet, hat Benedikt XVI. in seiner Rede vor dem Bundestag in einem einleuchtenden Beispiel erläutert: das ist wie das Leben in einem Betonbau ohne Fenster. Darinnen sorgen wir selbst für das Licht und das Klima – und zehren doch ungeniert von Gottes Gaben! Die Fenster müssten hinein gehauen werden in das Lebenshaus, damit Himmel und Erde, Gottes ganze Schöpfung sichtbar, spürbar und gegenwärtig sein können.

IV
Das ist doch etwas, was wir in dieser Welt immer wieder erleben und uns vor Augen führen: Unser Leben geht nicht auf in dem, was wir sehen oder haben oder können. Da ist mehr als alles. Wir Christen wissen: da ist Gott, der Schöpfer, dessen Wille höher ist als unsere Vernunft. Und dessen Hand weiter reicht als unsere.
Da gibt es eine Kraft, die mehr ist, als wir selbst. Gott sei Dank ist das so.
„Von allen Seiten umgibst du mich; und hältst deine Hand über mir.“ Gott ist da, Gott ist da in der DIAKO Flensburg. ER - Rettungsschirm des Lebens. Denn Gottes Schutz und Rettungsschirm reicht weit hinaus –weiter auch als bis an die Grenzen des Lebens.
Darum, liebe Schwestern und Brüder, ist dieser Schirm nicht nur etwas Privates, für das fromme Ich sozusagen; ist nicht etwas, das nichts zu suchen hätte in der Gesellschaft. Gerade in diesen Tagen des Besuchs von Benedikt dem XVI. in Deutschland versuchen ja einige, die Religion anzugreifen und klein zu reden, sie ins Abseits des Privaten, Persönlichen abzudrängen. Nein, Gottes Anspruch führt jene, die glauben, über sich selbst hinaus, in die Tat der Liebe hinein. Die Diakonie ist der älteste Dienst der Kirche an der Gesellschaft. Und aus diesem diakonischen Dienst ist ganz wesentlich unser heutiges Sozialsystem, die Sozialordnung mit ihrem Grundgedanken der Solidarität, der Hinwendung zu den Schwachen gewachsen. Darum geht alles, was damit passiert, geht alle Bedrohung uns sehr wohl etwas an. Denn hier wird für uns sichtbar der Dienst der Liebe, der aus dem Glauben entspringt, aus dem Glauben seine Kraft bezieht. Der Glaube an Gottes Hand, daran, dass alles ausnahmslos von ihm umgeben ist, führt in die Liebe zum Nächsten. Und darum können wir nicht nachlassen, uns um jene zu sorgen, die krank sind und schwach, die Schmerzen haben und im Sterben unsere Begleitung erhoffen. Und wir tun das durch die Zeiten hindurch – an der DIAKO ist ja die segensreiche Entwicklung der Medizin und der Pflege ablesbar: wir sind auf der Höhe der Zeit und wissen, dass Glaube und Vernunft eben nicht auseinander streben, sondern zueinander gehören; Glaube und Professionalität in Medizin und Management sind keine Widersprüche. Und die wunderbaren Seelsorgerinnen und Seelsorger in der langen Geschichte der DIAKO, die Schwestern, die Diakonissen – sie gehören alle in dieses System der Liebe hinein, in das System des Heils und der Heilung – in den Schwankungen und Veränderungen der Zeiten natürlich, in denen die Rollen sich gewandelt haben.
 Aber wir wissen: auch alle Wissenschaft, alle Professionalität verdanken wir nicht uns selbst, sondern Gott. Er will, dass wir den Schwachen tun, was sie nicht selbst tun können, dass wir uns zuwenden denen, die einsam und allein sein, arm oder alt, gebrechlich und des Lebens müde. Darum können wir nicht hinnehmen, wenn in dieser Gesellschaft die Rahmenbedingungen für Krankenhäuser schlechter werden und wenn die notwendigen Reformen in der Pflege vertagt oder im politischen Spiel zerrieben werden oder wenn Krankenhausplätze nicht überall gleich viel wert sind. Wir haben unseren Mund aufzutun für ein gerechtes Gesundheitssystem. Denn: eine Gesellschaft ist nur so stark, wie sie sich stark macht für die Schwächsten! Die sind nicht Kostenfaktoren nur, sondern wertvolle Ebenbilder Gottes.
Das gilt aber auch für jene, die ihren Dienst tun in Pflege und Gesundheitswesen: sie dürfen nicht ausgebeutet werden, sie gehören gerecht und angemessen entlohnt und sie müssen wissen: sie gehören zu der Hand Gottes, die er über uns hält, an ihren Händen können Kranke und Schwache ablesen, dass Gottes Kraft in den Schwachen erst mächtig ist. Darum müssen wir auch die pflegenden Hände stärken! Weil Gott selbst sie brauchen will.
Für diese Wahrheit, liebe Schwestern und Brüder wollen wir einstehen – auch in der DIAKO. Das ist unsere Mission: Da wird seit mehr als 130 Jahren sichtbar, fühlbar, glaubbar, dass da einer ist, der seinen Schirm aufgespannt hat. Die Hand Gottes unsichtbar verschlungen mit den Händen der Diakonissen, der Pflegerinnen und Pfleger, der Ärztinnen und Ärzte. Und wer gar nicht spüren kann, dass er wieder gesunden wird, darf doch wissen: was für mich das Ende der Welt, des Lebens, der Hoffnung ist, ist nicht das Ende bei Gott: „Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten…“ Das ist unheimlich und unheimlich bergend; das ist wunderbar begeisternd, finde ich. Und heilsam für ausgebrannte Herzen und Sinne und Körper. Das geht an die Nieren und ans Herz. Und darum singe ich immer wieder neu: „Von Gott will ich nicht lassen, denn er lässt nicht von mir!“
Amen.

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Ev.-Luth. Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite