Sommerkirche

Radeln auf den Spuren des Heiligen Vicelin

© AdobeStock / Maria Sbytova

29. Juli 2020 von Thomas Morell

Man sieht es Neumünster heute nicht an, dass es im Mittelalter ein berühmter Wallfahrtsort war. Hier lagen die Gebeine von Bischof Vicelin (1090-1154). Wer mehr über den rührigen Missionar erfahren möchte, radelt auf dem "Vicelinweg" durch Holstein.

Neumünster steht auf der Liste der touristischen Highlights in Schleswig-Holstein ziemlich weit unten. Doch die Stadt hat Geschichte: Im Jahre 1136 errichtete der Slawen-Missionar und spätere Bischof Vicelin (1090-1154) hier ein Kloster. Das "Novum Monasterium" gab der Stadt ihren Namen.

Wer mehr über den rührigen Gottesmann erfahren möchte, steigt aufs Rad und erkundet auf dem "Vicelinweg" Kirchen und Klöster im Herzen Holsteins - 100 Kilometer durch Wälder und Felder, vorbei an Seen, Mooren und Pferdekoppeln. Vicelin starb 1154 in Neumünster an einem Schlaganfall, und lange Zeit war die heutige Stadt ein berühmter Wallfahrtsort. 

Entstanden ist der Vicelinweg nach heftigem Ärger: Im Mai 2007 wurde mit viel Prominenz der Mönchsweg eingeweiht, ein Radweg auf den Spuren der Christianisierung quer durch Schleswig-Holstein. Doch als die Route vorgestellt wurde, fehlten Neumünster und die umliegenden Kirchen, weil der Umweg zu groß gewesen wäre.

So machte sich Neumünsters Stadtplaner Arne Lewandowski selbst ans Werk und entwickelte eine 100-km-Strecke, die an vorhandene Radfernwege anknüpfte. Knapp 9.000 Vicelin-Karten wurden seitdem in den fünf Jahren ausgegeben. 

Alles begann um 1127

Vicelin kam 1127 auf Geheiß von Erzbischof Adalbero nach "Wippendorf im Gau Faldera", wie Neumünster damals hieß. Sein Augustiner-Chorherrenstift begann mit neun Klosterbrüdern. Die dazugehörige Bartholomäus-Kirche wird 1136 erstmals urkundlich erwähnt.

Sie hielt bis 1762, als beim Dauergeläut zum Tode von Zarin Elisabeth, Verlobte von Karl August von Schleswig-Holstein-Gottorf, die Glocke in die Kirche stürzte. Erst 1834 wurde sie als evangelisches Gotteshaus im klassizistischen Stil vom dänischen Hof-Architekten Christian Frederik Hansen neu errichtet. 

Zwei Vicelinkirchen in Neumünster

Mittlerweile hat Neumünster gleich zwei Vicelinkirchen. Die neuromanische Kirche St. Maria St Vicelin am Bahnhof wurde 1893 einst für schlesische Weber gebaut. Die neu errichtete evangelische Kirche kam lange Zeit ohne Namen aus, war sie doch weit und breit die einzige. Erst mit dem Bau der evangelischen Anscharkirche 1913 wurde die Namensgebung notwendig. 

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Hochmoor und Orgelmusik

Erste Station ist das Dorf Großharrie: Hier soll Vicelin nach seinem Tod einer armen Frau als Geist erschienen sein, um ihr einen Goldschatz zu schenken. Den Goldschatz gibt es nicht mehr. Größter Schatz von Großharrie ist heute das Dosenmoor, ein Hochmoor mit Libellen, seltenen Bienen, Torfmoosen und Wollgräsern. 

Ein weiterer Schatz wartet wenig später in der Kirche von Einfeld: Organistin Maike Zimmermann empfängt die Radler mit Orgelmusik und spielt im Sommer auf Wunsch Musik aus allen Epochen. Aus einer langen Liste darf man sich ein Stück aussuchen - oder sich von ihr überraschen lassen. 

Das kleine Dorf Mühbrook am Einfelder See hätte als Vicelin-Stätte berühmt werden können. Propst Stefan Block kennt die Anekdote:

Nach dem Tod Vicelins wurde Neumünster zum prominenten Wallfahrtsort. Doch das mächtige Kloster Bordesholm veranlasste 1330 den Umzug der Gebeine Vicelins. In Mühbrook drohte der Wagen mit den sterblichen Überresten Vicelins im Schlamm zu versinken. Erst nach einem Gelübde der mitreisenden Mönche, ein Armenhaus in Bordesholm aufzubauen, gelang es, den toten Vicelin nach Bordesholm zu bringen. 

Ein Rätsel, wo Vicelins Gebeinde geblieben sind

Die Blütezeit des idyllisch gelegenen Klosters am Bordesholmer See endete mit der Reformation. Ein Rätsel bleibt bis heute, wo die Gebeine Vicelins geblieben sind. Gerüchte besagen, sie könnten im benachbarten Brügge in einem unzugänglichen Hohlraum unter dem Altar versteckt sein. 

Die Kirchengemeinde Brügge hat derzeit allerdings andere Sorgen als die Gebeine Vicelins. Ende Juni brach ein Feuer im Holzturm aus, als nebenan ein reetgedecktes Gasthaus niederbrannte. Den Kirchturm konnte die Feuerwehr aber noch retten. Die schmucke Feldsteinkirche liegt auf einem Hügel an der Eider.

Nach der Rast in Brügge wird es anstrengend - ein Hügel reiht sich an den nächsten. 

Nächste Station: Bornhöved

Weiteres Highlight ist die Feldstein-Kirche von Bornhöved, die Vicelin 1149 errichteten ließ. Doch die Gemeinde hat richtig Pech mit ihrem Gotteshaus. Für mehr als eine Million Euro muss es saniert werden. Bei der Sanierung vor 20 Jahren wurde falsches Material gewählt, so dass das Mauerwerk aufplatzte. Pastorin Ulrike Egener hofft, dass die Kirche bis 2024 fertig wird - dann wird sie 875 Jahre alt.

Seitenansicht der Kirche, die weiß verputzt ist und ein Ziegeldach trägt.
Die Kirche St. Jakobi in Bornhöved zählt zu den ältesten Gebäuden Schleswig-Holsteins.© Jan Hendrik Hansen/CC BY-SA 3.0/WikimediaCommons

Vicelin wurde 1149 zum Bischof des holsteinischen Bistums Oldenburg geweiht, dessen Bischofssitz viele Jahre vakant war. Von hier aus gründete er unter anderem die Kirchen in Bad Segeberg, Bosau, Süsel und Bad Oldesloe.

Wer die Wege von Vicelin weiter verfolgen will, biegt hinter Börnhoved auf den Mönchsweg Richtung Oldenburg ab, ohne viel zu versäumen. Bis dahin sind es aber noch einmal rund 130 Kilometer.  

Zur Person

Die wichtigsten Stationen im Leben von Vicelin:

- geboren um 1090 in Hameln 

- Besuch der Schule in Hameln und Paderborn 

- 1118-1122 Scholastikus (Vorsteher) in Bremen 

- 1122-1126 Theologiestudium in Laon, Frankreich 

- 1126 Priesterweihe durch Norbert von Xanten in Magdeburg 

- 1126-1152 Missionar unter den Slawen in Holstein 

- 1127 Gründung Novum Monasterium (Augustiner-Chorherren-Stift "neues Münster") 

- 1135 Gründung Stift und Kirche in Bad Segeberg 

- 1149 Weihung zum Bischof vom Bistum Oldenburg 

- um 1150 Gründung der Kirchen in Preetz und Bornhöved 

- gestorben am 12. Dezember 1154 in Neumünster

Datum
29.07.2020
Quelle
epd
Von
Thomas Morell
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