Landessynode der Nordkirche

Synodenpräses Tietze: "Wir können als Christen nicht einfach wegschauen"

Andreas Tietze, Präses der Landessynode der Nordkirche
Andreas Tietze, Präses der Landessynode der Nordkirche© Simone Viere, AfÖ

22. September 2016 von Simone Viere

Kommende Woche tagt in Lübeck-Travemünde die Landessynode der Nordkirche (29. September bis 1. Oktober). Wir haben vorab mit Synodenpräses Andreas Tietze über ehrenamtliches Engagement, kirchlichen Widerstand gegen Rechts und die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gesprochen.

Herr Tietze, Sie waren kürzlich auf Sommertour in der Nordkirche unterwegs, um mit Menschen über das Ehrenamt zu sprechen. In der Nordkirche gibt es rund 84.500 ehrenamtlich Aktive. Sie haben als Präses der Synode selbst ein hohes Ehrenamt inne. Was haben Sie auf Ihrer Tour erlebt?

Synodenpräses Andreas Tietze: Ich wollte mich vor allem darüber informieren, wie Menschen in unserer Kirche im Ehrenamt arbeiten. Mir ging es zunächst darum, einfach mal hin zu hören und hin zu schauen, wie engagiert unsere Leute sind, wo Probleme liegen, welche Interessen es gibt. Aber auch, zu spüren und wahrzunehmen: Wie ist eigentlich die aktuelle Situation unserer ehrenamtlich Engagierten in der Nordkirche?

Wie sah ihre Reise aus?

Ich bin eine knappe Woche lang jeden Tag so zwischen acht und zehn Stunden unterwegs gewesen und habe bei ausgewählten Projekten, in Kirchengemeinden und Einrichtungen viele engagierte Leute aus allen Generationen getroffen.

Zum Beispiel im "westend" in Hamburg-Wilhelmsburg, eine Einrichtung, die sich um die medizinische Versorgung von Flüchtlingen und Migranten kümmert. Das war ein sehr beeindruckendes Team: Drei bis vier Ehrenamtliche, die dort jeden Tag arbeiten, interreligiös aufgestellt, mit einer Muslima, die unter dem Dach der Diakonie wirklich Dienst am Nächsten tun. Sie haben gezeigt, dass wir als Christen nicht einfach wegschauen und uns abwenden können, sondern dass wir mittendrin sind. Auch da, wo staatliche Institutionen versagen und Gesetze humanitäre Hilfe ausschließen. Da können wir christliche Verantwortung zeigen, ohne darauf zu schauen, ob jemand einen Taufschein hat oder nicht.

In Mecklenburg-Vorpommern haben Sie unter anderem eine Pastorin besucht, die in einem Dorf, das stark von Rechtsextremen geprägt ist, lebt und arbeitet. Was kann die Kirche im Ort in einer solchen Situation tun?

Ich habe eine Pastorin im Kirchenkreis Mecklenburg besucht. Sie lebt und arbeitet in diesem Dorf mit einem hohen Anteil von Rechten. Im Gespräch mit ihr wurde deutlich, dass Kirche in einer Situation, wo andere längst das Weite gesucht haben, am Ort bleibt und oft genug für die Dorfbewohner und das alltägliche Leben so etwas wie "Normalität" organisiert.  Die Kirche schafft damit dort so etwas wie einen Puffer und eine Grenze. Für mich ist ganz wichtig, dass dort eine Pastorin ist, die klare Worte in ihrer Predigt und Sprache findet, die hinschaut, die nicht wankt, die wie ein Leuchtturm in der Brandung steht und den Menschen im Ort Orientierung geben kann.

Diese Pastorin hat selbstverständlich auch einen Flüchtling aufgenommen in ihrem Gemeindehaus. Das zeigt für mich ein Stück Nordkirche - ein Stück Weltoffenheit in einer solchen Situation. Da ist mir noch einmal richtig klar geworden, wie wichtig es ist im ländlichen Raum unsere Kirchen zu erhalten - als ein sichtbares gesellschaftspolitisches Bollwerk gegenüber antidemokratischen Kräften und menschenunwürdigen Parolen.

Wie politisch sollte die Kirche sich Ihrer Meinung nach äußern, zum Beispiel im Wahlkampf?

Parteien, die ein menschenfeindliches Bild haben, die Konflikte schüren zwischen Geschlechtern und Generationen, sind für Christen nicht wählbar. Als Christen können wir nicht wegschauen, wir können nicht schweigen, wir müssen uns um die Schwachen und die Flüchtlinge kümmern. Was bedeutet das politisch? Das wird jeder gläubige Christ selbst entscheiden können, wenn er sich Programme und Parolen genau ansieht. Und dazu möchte ich ausdrücklich ermuntern.

Nun zu einem anderen Thema. Ende September findet die nächste Landessynode der Nordkirche statt. Ein Thema spannendes Thema ist die Abstimmung über die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Seit der Fusion zur Nordkirche gilt ja noch eine Übergangsregelung. Wie soll die Zukunft aussehen?

Wir haben lange an einer einheitlichen Regelung gearbeitet. Es ist ein Papier entstanden, dass sicherlich eine große Mehrheit in der Synode finden wird. Im Kern geht es um die Gleichstellung von Segnung und Trauung. Auch durch die Formulierung einer gottesdienstlichen Agenda und durch die Eintragung ins Kirchenbuch wollen wir die Paare, die vor den Altar treten, "auf Augenhöhe" bringen.

Der Fortschritt ist, dass die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare dann eine offizielle kirchliche Amtshandlung ist und ihre Ausrichtung gewährleistet werden muss. Mit diesem Gesetz schaffen wir zudem eine nordkirchenweite einheitliche Regelung.

Herr Tietze, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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