Ein Jahr im Ausland

Tansania, Kamerun, Deutschland: Was bleibt nach dem Freiwilligenjahr?

Christian Doungoue ist 2016 zum Freiwilligendienst nach Kassel gezogen, lebt bis heute dort und unterstuetzt seine Familie in Kamerun.
Christian Doungoue ist 2016 zum Freiwilligendienst nach Kassel gezogen, lebt bis heute dort und unterstuetzt seine Familie in Kamerun.© epd, Christian Weinert

19. Mai 2025 von Birte Mensing

Das Freiwilligenprogramm "weltwärts" besteht seit 2008, und seit 2014 kommen auch junge Menschen aus dem Globalen Süden als Freiwillige nach Deutschland. Im Film "Was bleibt" blicken sieben von ihnen auf das Jahr zurück. Die Unterschiede sind groß.

Nairobi, Hamburg, Leipzig. Ein Jahr im Ausland prägt das Leben. Aber wie genau? Die Antwort auf diese Frage fällt sehr unterschiedlich aus - besonders wenn eine der Personen in Deutschland aufgewachsen ist und die andere in Tansania oder Kamerun.

Für junge Deutsche ist ein Freiwilligendienst im Ausland meist eine kurze Unterbrechung, eine Gelegenheit, neue Erfahrungen zu machen und die eigenen Privilegien in einem gut abgesicherten Kontext zu reflektieren. Für die Freiwilligen aus afrikanischen Ländern hingegen ist es ein Aufbruch in eine hoffentlich bessere Zukunft - zumindest erwarten das oft die Familie und Freunde.

Wann und wo läuft „Was bleibt?“

Der Film ist zu sehen:
24.5. Hamburg Abaton, 13 Uhr
25.5. Münster, Cinema Kurbelkiste, 17 Uhr
26.5. Magdeburg, Kulturzentrum Moritzhof, 19 Uhr
28.5. Berlin, Colosseum Saal 3, 19 Uhr
1.6. Köln; Filmforum NRW e.V. im Museum Ludwig, 16 Uhr
2.6. Heidelberg, GLORIA-Kino, 19.30 Uhr
3.6. Stuttgart, Kino am Bollwerk, 19.30 Uhr

In seinem Film „Was bleibt?“ lässt der Leipziger Filmemacher Christian Weinert sieben ehemalige Freiwillige mit einigen Jahren Abstand auf ihren Freiwilligendienst zurückblicken: vier sind aus Deutschland, zwei aus Tansania und einer aus Kamerun.

Weinert setzt sich seit 2014 immer wieder mit dem Thema auseinander: 2014 im Film „Blickwechsel - Sichtweisen auf deutsche Freiwillige“ und 2018 in „One year in Germany“, in dem er die Erfahrungen von Süd-Nord-Freiwilligen in Deutschland dokumentiert. In den nächsten Wochen reist er mit seinem neuen Film „Was bleibt?“ durch Deutschland.

Ökumenewerk der Nordkirche: Freiwilligendienst im Ausland

Die jungen Menschen, die er porträtiert, haben am Freiwilligendienstprogramm „weltwärts“ teilgenommen, das vom Bundesministerium für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) 2008 ins Leben gerufen wurde. Unterstützt werden Freiwilligendienste für junge Deutsche in Ländern des Globalen Südens, um zivilgesellschaftliche Strukturen zu stärken.

Seit 2014 können sich auch junge Leute aus den Einsatzländern für ein Freiwilligenjahr in Deutschland bewerben. Insgesamt 44.500 Deutsche sind nach Angaben des Programms in den vergangenen Jahren ausgereist und rund 4.000 Süd-Nord Freiwillige gekommen.

Sehr deutlich werden die Unterschiede in den Erwartungen und der Herangehensweise an das Auslandsjahr - und beim Zurückkommen. „Du warst im Ausland und kannst jetzt nicht für dich sorgen?“ wurde Agness Bweye nach ihrer Rückkehr nach Tansania gefragt. Die Mutter einer anderen Freiwilligen sagt im Film: „Ich hatte gehofft, du würdest mit Startkapital zurückkehren.“

Druck auf Süd-Nord-Freiwilligen

Dieser Moment hat bei Filmemacher Christian Weinert besonders Eindruck hinterlassen: „Die Szene macht deutlich, wie unterschiedlich ein solches Freiwilligenprogramm in Tansania im Vergleich zu Deutschland wahrgenommen wird und welcher Druck auf Süd-Nord-Freiwilligen, vor allem nach ihrer Rückkehr, lasten kann.“

Nach Angaben von „weltwärts“ sind Süd-Nord Freiwillige im Schnitt fünf Jahre älter als die Freiwilligen aus Deutschland - und damit in einer anderen Lebensphase. Für die Deutschen ist es oft ein Abenteuer mit einer sozialen Komponente, für die Süd-Nord-Freiwilligen ein Weg aus den vorgegebenen Lebenswegen des Heimatlandes.

Verständnis für ein Gap-Year

In Deutschland gibt es Verständnis für das sogenannte Gap-Year, es ist klar, dass man zurückkommt und dann entweder studiert oder arbeitet. Anders in Tansania - wer es einmal weg geschafft hat, kommt eigentlich nicht zurück. „Das Leben hier ist hart“, sagt Agness Bweye über Tansania, „der Druck war hoch“. Das hatte Folgen für ihre psychische Gesundheit.

Für die Deutschen geht das Leben meist einfach weiter, ein bisschen bereichert, mit ein bisschen mehr Farbe. Davon erzählt Jessica Patzer, die jetzt in Köln als Ärztin arbeitet. Sie hatte vor ihrem Freiwilligendienst eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester gemacht und hat danach Medizin studiert. In ihren Rückblicken geht es um „die Menschen dort“, in Peru, die wenig hatten und sie trotzdem immer herzlich willkommen geheißen haben. Sie habe Toleranz gelernt, sagt sie. Aber länger in Peru leben, das hätte sie sich nicht vorstellen können.

Der deutsche Freiwillige Johannes Krug (l) ist nach seinem Freiwilligendienst eng in Verbindung mit Ghana geblieben, hat dort Filme gedreht, seine Frau kennengelernt. Mit ihrem Kind leben sie jetzt in Deutschland.
Szene aus dem Dokumentarfilm "Was bleibt? Das Auslandsjahr in meinem Leben" von Christian Weinert. Der deutsche Freiwillige Johannes Krug (l) ist nach seinem Freiwilligendienst eng in Verbindung mit Ghana geblieben, hat dort Filme gedreht, seine Frau kennengelernt. Mit ihrem Kind leben sie jetzt in Deutschland. © epd, Christian Weinert

Der deutsche Freiwillige Johannes Krug ist nach seinem Freiwilligendienst eng in Verbindung mit Ghana geblieben, hat dort Filme gedreht, seine Frau kennengelernt. Mit ihrem Kind leben sie jetzt in Deutschland. Andere Freiwillige engagieren sich in Vereinen, die Projekte in ihrem Einsatzland unterstützen.

„Ich hatte so viele Träume - und ein anderes Bild von Deutschland“

Studie über Freiwilligendienste

Über den Film auf der Website der Produktionsfirma

Christian Doungoue ist 2016 aus Kamerun zum Freiwilligendienst nach Kassel gezogen - und lebt bis heute dort. Von Deutschland aus unterstützt er seine Familie in Kamerun. Er arbeitet als persönliche Assistenz eines älteren Mannes, der im Rollstuhl sitzt, und ist desillusioniert.

Mit Nostalgie guckt er auf die Aufnahmen, die während seines Freiwilligenjahres entstanden sind. „Ich hatte so viele Träume - und ein anderes Bild von Deutschland“, sagt er. „Die meisten Bilder waren unrealistisch.“ Denn die Leute hätten nicht nur gefragt „Wo kommst du her?“, sondern auch „Wann gehst du wieder zurück?“. Heute sagt Christian Doungoue über Deutschland: „Ich mag das Land, aber das Land mag mich nicht.“

Zum Anfang der Seite