14. Mai 2015 | Neumünster, Klosterinsel

Wegweiser für die Landkarte des eigenen Lebens

14. Mai 2015 von Gothart Magaard

Himmelfahrt, Open-Air-Fahrradgottesdienst

Liebe Himmelfahrtsgemeinde,

ich freue mich, heute bei Ihnen hier in Neumünster auf der Klosterinsel den Gottesdienst an Himmelfahrt zu feiern - bei unserem landesweiten Fahrradgottesdienst.

Wer mit dem Fahrrad oder als Wanderer etwas länger unterwegs ist, braucht jemanden, der sich gut auskennt, oder eine Landkarte. Das haben wir gerade auch im Anspiel gesehen. Aber Landkarten allein helfen auch nicht immer, weil eine Landkarte nichts hilft, wenn man nicht weiß, wo man gerade ist und wo man hin will.

Und das kennen vielleicht alle: Über eine Karte gebeugt mit der Frage: Wo sind wir denn? Oder im Auto unterwegs, die Karte auf dem Beifahrersitz und an der Ampel ein schneller Blick hinein. Und da ist es auch nicht immer einfacher, wenn man zu mehreren unterwegs ist. Paare können davon ein Lied singen.

Früher hatte man Landkarten oft dabei. Je weiter die große Karte ausgeklappt werden musste, umso unübersichtlicher wurde es. Schnell verlor man den Durchblick und manchmal die Richtung. Deshalb wurde das Navi erfunden, es errechnet, wo wir uns auf der Landkarte befinden und leitet uns zumeist zielsicher durch das Land, durch die Stadt ans Ziel, vorbei an Staus und Umleitungen.

Doch für unsere persönliche Lebensreise, für unsere eigenen Lebenswege gibt es keine elektronische Stimme, die uns durchs Leben geleitet. Nein, diese Wege müssen wir selber finden, dafür brauchen wir Orientierung und Erfahrung und erkennen eher im Rückblick unseren Weg auf einer Landkarte als im Blick voraus.

Am Anfang unseres Lebens helfen uns andere: Die Eltern, eine Großmutter, vielleicht Paten, Lehrer und Lehrerinnen Geschwister, Freunde und Freundinnen… Als Pfadfinder habe ich in meiner Jugend gelernt, mich an Landmarken und manchmal auch an Sternen oder am Sonnenstand zu orientieren.

Nach und nach lernen wir, welche Wege uns weiterbringen, welche aber auch in die Irre führen. Wir lernen auch schwierigere Wegstrecken zu gehen und zu unterscheiden, welche uns gut tun und welche nicht. So sammeln wir Erfahrungswerte, Orientierungspunkte und ein paar Grundlinien, die für das Leben hilfreich sind.

Und wir freuen uns, wenn wir gut vorankommen. Das muss nicht unbedingt schnell sein. Und sollten möglichst unsere Kräfte und Ausdauer nicht überfordern. Und an manchen Weggabelungen müssen wir kurz innehalten und entscheiden: welcher Weg ist jetzt der richtige. Und manchmal, da gibt es auch Baustellen auf den Strecken unseres Lebens. Es kann lange dauern, bis sie aufgehoben sind: Wie oft stecken wir fest und grübeln hin und her: Abwarten, ob sich die Dinge von selbst erledigen, oder doch aktiv einen andern Weg beschreiten.

„Welcher Weg ist jetzt der richtige?“ Diese Frage stellt sich umso mehr, wenn wir nicht alleine, sondern als Gruppe unterwegs sind. Dann muss man sich auch noch untereinander verständigen.

Im Anspiel wurden die Alternativen aufgezeigt: Schotterpiste mit spitzen Steinen oder glatter Asphalt? Natur genießen oder Power Tour? - : Immer wieder stehen wir vor solchen Entscheidungen.

Der katholische Theologe und Priester Lothar Zenetti hat dies in einem Gebet sehr schön zum Ausdruck gebracht:

„Worauf sollen wir hören, sag uns worauf?

So viele Geräusche - welches ist wichtig?

So viele Beweise - welcher ist richtig?

So viele Reden - ein Wort ist wahr.

Wohin sollen wir gehen, sag uns wohin?

So viele Termine - welcher ist wichtig?

So viele Parolen - welche ist richtig?

So viele Straßen - ein Weg ist wahr.

Wofür sollen wir leben, sag uns wofür?

So viele Gedanken - welcher ist wichtig?

So viele Programme - welches ist richtig? 

So viele Fragen - die Liebe zählt.“

Texte gläubiger Zuversicht nennt der Autor das Büchlein, aus dem diese Zeilen stammen. Ja, den richtigen Gedanken, den wahren Weg, das gute Wort zu finden, das wesentliche Ziel, scheint in einer komplexen Welt immer schwieriger zu sein. Bisweilen schwirrt einem der Kopf.

Reifen, die alles unbeschadet überstehen, gibt es für das Leben - für Herz und Seele - leider nicht. Dafür aber andere Hilfen. Wer einmal auf das Einladungsplakat für diesen Gottesdienst geschaut hat, erkennt einige Zeichen und Symbole:

Fahrrad und Kompass als äußere Ausstattung für den Ausflügler, aber auch Bibel und Kreuz – quasi als innere Ausstattung.

Letztere sind für mich besonders wertvolle Schätze auf unseren Lebenswegen: sie stehen für Gemeinschaft, Trost, Liebe und Hoffnung.

Auch im Predigttext für den Himmelfahrtstag finden wir in diesem Sinne Orientierung.

„Jesus führte seine Jünger hinaus bis nach Bethanien,

und hob seine Hände auf und segnete sie.

Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.

Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.“

Unmittelbar zuvor hatten sie ihn so gut verstanden wie schon lange nicht mehr. Als er ihnen die Schrift erklärte und sagte: So steht‘s geschrieben, dass Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tag; und dass gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in Jerusalem und seid dafür Zeugen.

Der Auferstandene hatte seine Jünger darauf vorbereitet, dass sie auf der Landkarte des Lebens ohne seine physische Nähe weitergehen würden. Sein Auftrag auf Erden ist erfüllt.

Jesus traut seinen Jüngern viel zu. Aber ganz gewiss ahnt er auch, wie unsicher ihre Schritte am Anfang noch sein würden, welch bange Fragen ihnen durch den Kopf gehen:

Fragen und Ängste, von denen wir an anderer Stelle in der Bibel noch viel mehr hören als bei Lukas.

Was ist der richtige Weg? Von woher kommt uns Hilfe?

In der Psalm - Meditation am Anfang dieses Gottesdienstes haben wir von Flüchtlingsschicksalen damals und heute gehört, von Trennung und den Kämpfen des Alltags.

Woher kommt mir Hilfe? – immer wieder stellt sich diese Frage - auf den Durststrecken des Lebens.

In der Not scheint Gott manchmal so weit weg zu sein. Und manchmal spüren wir, dass er uns ganz nahe war auf einem Weg, der wie ein Umweg schien, aber doch richtig war. Ja, das Leben muss vorwärts gelebt werden und wird manchmal im Rückblick verstanden.

Die Jünger verstehen, dass sie die Aufgabe haben, die frohe Botschaft weiterzusagen, sie sollen Zeugen sein. Und sie nehmen diese Aufgabe gerne an, kehren zurück nach Jerusalem mit großer Freude. Das ist die gute Nachricht an Himmelfahrt. Jesus Christus ist der Erste, der die Grenze zwischen Himmel und Erde überwunden hat. Er hat die Trennung von Gott und Mensch aufgehoben. Er ermöglicht Vergebung und Gemeinschaft.

Darum steht Himmelfahrt nicht im Zeichen von Trauer und Abschied. Nein, es überwiegt das Leichte und Fröhliche. – An Himmelsfahrt setzt sich fort, was Ostersonntag begonnen hat.

Aus der Erschrockenheit vom Ostermorgen entwickelt sich erwachsener Glaube.

Nicht allein und überfordert, sondern ausgestattet mit der Kraft aus der Höhe, mit dem Geist Gottes.

Und so geschieht es bei diesem Abschied zum ersten Mal, dass Jesus seine Jünger segnet. Er will sie nicht ohne Wegzehrung auf die Wanderung durchs Leben schicken. Der Segen als Zeichen der Stärkung für das Unterwegs sein auf der Landkarte des Lebens.

Auch in diesem Gottesdienst wollen wir jeden, der oder die mag, segnen. Denn wir sind, wie die Jünger, beauftragt, die Botschaft Jesu in Wort und Tat zu bezeugen. Wir sind berufen, Jesu Wort als Wegweiser zu nehmen und weiterzugeben. Auf der Landkarte des eigenen Lebens und dem ganzen Erdkreis. Deshalb nehmen wir Anteil am Schicksal der Flüchtlinge und der Opfer von Krieg und Vertreibung. Denn die Landkarte des Auferstandenen reicht über die ganze Erde.

Die weltweite, sichtbare und unsichtbare Kirche ist sein zu Hause, von ihm gesegnet und beauftragt, tragen wir dazu bei, dass Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung gelebt wird. .

Wo immer sich christliche Gemeinde versammelt, ob in New York, Nairobi oder in Neumünster, ist das unsere Orientierung und Richtung. Wie die Jünger beten wir dafür und preisen Gott. Sind wir doch als Christen nicht nur für uns selbst unterwegs, sondern stets auch auf der Landkarte Gottes. Gestärkt durch die Gewissheit, dass Himmel und Erde verbunden sind.

Liebe Gemeinde, wenn wir heute zum Himmel aufschauen, dann tun wir es in der Gewissheit, dass Himmel und Erde sich in Jesus Christus berühren. „Ausgerüstet mit der Kraft aus Höhe“ dürfen wir Zeugen sein für seine Liebe. So gehen wir nach diesem Gottesdienst ermutigt nach Hause. Oder wir schwingen uns für eine kleine Tour aufs Fahrrad mit Ortskundigen!

Von Radfahrern kann man eines lernen: sie sind besonders aufmerksam für einander und hilfsbereit, sie sind ein gutes Beispiel für die christliche Gemeinde. Vertrauen wir uns alle der Führung Jesus Christi an, der Weg, Wahrheit und Leben für uns ist. Vertrauen wir den neuen Wegen, denn Gott ist uns nahe und kommt uns entgegen.

Amen

Datum
14.05.2015
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Gothart Magaard
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