8. Mai 2020 | Schwerin

Worte zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt© Marcelo Hernandez, Nordkirche

08. Mai 2020 von Kristina Kühnbaum-Schmidt

Heute sehen wir zurück auf den 8. Mai 1945.

Für Menschen in der ganzen Welt, insbesondere in Europa, die sechs Jahre eines schrecklichen Krieges mit unzähligen Toten und unfassbarem Grauen erlebt hatten, mit der Verfolgung und Ermordung von Millionen Kindern, Frauen und Männern in von Deutschen errichteten Konzentrationslagern, war der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung: der Tag der Befreiung von nationalsozialistischer Gewalt- und Terrorherrschaft.
Auch die deutsche Bevölkerung wurde damals von dem NS-System, in das viele aus Überzeugung und andere als Mitläufer zutiefst verstrickt waren, befreit - auch wenn das damals nur ein geringer Teil der Deutschen so sah. 

Wenn wir uns heute daran erinnern, uns unserer Geschichte und unserer Verantwortung stellen, dann geschieht das um der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft und ihrer Nachfahren willen. Es geschieht um der Wahrheit und der Wahrhaftigkeit willen. Und es geschieht um unserer aller Gegenwart und Zukunft willen. Damit Frieden und Versöhnung wachsen, wo einst Krieg und Hass waren. 

"Die sich des Vergangenen nicht erinnern, sind dazu verurteilt, es noch einmal zu erleben.“  (Jorge Santayana)

Erinnerung ist wichtig, weil wir sie den Opfern und ihren Hinterbliebenen schuldig sind - sie dient der Anerkenntnis und dem Gedenken dessen, was ihnen angetan wurde. Zur Erinnerung, zur wahrhaftigen Erinnerung ist aber auch jede Generation um der ihr folgenden Generationen willen verpflichtet.

Damit den Kindern nicht die Zähne stumpf werden um der sauren Trauben willen, die die Väter und Mütter gegessen haben (vgl. Ezechiel 18,2). Damit Kinder und Kindeskinder auf verschlungenen Wegen nicht immer weiter und immer wieder empfinden und erleben, was Eltern und Großeltern getan, erlitten und verschwiegen haben. Damit Verdrängtes sich nicht Bahn bricht und Vergangenheit sich nicht in beängstigender Weise wiederholt, sondern erinnert und bearbeitet wird. 

Die befreiende Erfahrung einer heilenden Erinnerung, immer neue Schritte auf dem Weg des Friedens und der Versöhnung in Europa und in der ganzen Welt wünsche ich uns - dazu segne und behüte uns Gott.

Ihn bitte ich: Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens!

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