1. April 2014 - Theologische Fakultät der Universität Rostock

1. April 2014 - Vortrag Semester-Eröffnungsfeier

01. April 2014 von Gerhard Ulrich

Heiliges Spiel – Öffentliche Theologie. Gottesdienst im Alltag der Welt

Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh' ich nun, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor!
Heiße Magister, heiße Doktor gar,
Und ziehe schon an die zehen Jahr'
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum -
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel -
Dafür ist mir auch alle Freud' entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab' ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr' und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab' ich mich der Magie ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimnis würde kund;
Daß ich nicht mehr mit sauerm Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält,
Schau' alle Wirkenskraft und Samen,
Und tu' nicht mehr in Worten kramen.

Goethes Faust, 1. Akt. Monolog des Frustrierten. Schlechter Anfang für eine Semestereröffnung, vielleicht: Die Kritik an allem Studieren; bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren. Die Menschen zu bessern und zu bekehren. Und es kann ja sein, dass man am Ende eines Semesters das Gefühl des Faust teilt: Ich bin so schlau als wie zuvor!

Ich möchte Sie nicht aufhetzen gegen Ihre Lehrenden: Ich kenne sie durchaus nicht als skrupellose, furchtlose Menschen. Im Gegenteil. Aber ich weiß natürlich schon, dass all unser Studieren niemals in die letzte Erkenntnis führt. Es macht uns immer bekannt mit unseren Grenzen. Und das ist gut so. Und ich freue mich, dass Sie mit brennenden Herzen lehren und lernen. Möchte, dass Sie sich begeistern für die Theologie, für die Geheimnisse Gottes und der Welt; möchte, dass Sie fragen nach dem, was die Welt im Innersten zusammen hält. Und dass Sie dabei vertrauen auf Glaube und Vernunft – und nicht ausweichen auf Magie.

Aber für einen wie mich ist diese Eröffnung eines Vortrags vielleicht denn doch naheliegend:

I

„Ach, Theatermann sind Sie gewesen?! - Na, da ist ja wohl auch kein großer Unterschied zwischen Pastor und Schauspieler ...“

Noch klarer und direkter formulieren schon mal meine vier Söhne: „Du kannst tun, was du willst, Vater: Du bist und bleibst auch immer ein Schauspieler.“

Solche Reaktionen höre ich immer wieder, wenn ich davon erzähle, dass ich in den frühen 1970iger Jahren Theaterwissenschaft studiert und am Theater gearbeitet habe, bevor ich zur Theologie und zum kirchlichen Dienst kam. Solche Reaktionen sind immer provozierend gemeint; und drücken zugleich jene Faszination aus, mit der viele Menschen beidem, Theater und Kirche, begegnen. Ich verstehe diese beiden biographischen Strecken meines Lebens nicht als fremd zueinander, sondern komplementär. Ich beziehe Nahrung aus den gemeinsamen Wurzeln.

Wenn meine Söhne meine Schauspielerei als Wesensmerkmal ihres Vaters identifizieren, dann höre ich nicht nur Kritik darin: Ich weiß sehr wohl – als Schauspieler wie als Pastor – dass ich nicht selbst Autor des Stückes, Autor meines Lebens oder Autor meines Dienstes bin: Ich führe auf, was mir anvertraut ist – Regie führt ein anderer, Autor gar ist ein anderer.

Meine Sehnsucht, beides – Theater und Kirche – zusammen zu betrachten, ist natürlich biografisch begründet.

Was ich zum Theater sagen will, trifft auch auf mein Bild von der Kirche, von öffentlicher Theologie zu und umgekehrt. Dabei weiß ich sehr wohl, dass ich mich davor hüten muss, das eine durch das andere zu vereinnahmen, kenne sehr wohl die Unterschiede: Der Gottesdienst z. B. ist nicht Theater; und auf dem Theater geschieht nicht Gottesdienst. Und dennoch interessieren mich die gemeinsamen Wurzeln und die Analogien. Das Wort „Theater“ hat seine Wurzel im Altgriechischen: τό θέατρον „Schaustätte“; von θεάομαι „anschauen“. Es ist die Bezeichnung für eine szenische <link http: de.wikipedia.org wiki darstellende_kunst>Darstellung eines inneren und äußeren Geschehens. Auch unsere Kirchen sind „Schaustätten“, in denen innere und äußere Geschehen dargestellt werden. Die Heilsgeschichte Gottes mit der Welt. Und die Glaubensgeschichten der Menschen, die schauen, je neu. Es soll anschaulich werden das Geheimnis des Lebens.

II

Die theatralische Kunst in der abendländischen Kultur hat ihren Ursprung im Mysterienkult – also im Gottesdienst. Die Beziehungen zwischen Göttern und den Menschen sind Gegenstand der Tragödie, die das Leiden des Menschen durch sein problematisches Verhältnis zu den Göttern  zeigt. Nach Aristoteles soll das Drama Menschen und Vorgänge nicht nur dem Auge und dem Ohr vorstellen, sondern die Tragödie soll Furcht und Mitleid und so eine Katharsis, eine Reinigung dieser Zustände bewirken; die Komödie aber eine wohltuende Freiheit und Heiterkeit des Gemüts.

Das Mittelalter  ist die Zeit, wo im christlichen Raum besonders im Zusammenhang mit den kirchlichen Feiern zu Weihnachten und Ostern sich das geistliche Spiel entwickelt. Zuerst wurde der Gottesdienst erweitert durch mimische Darstellung, später entstanden selbständige Spiele mit heilsgeschichtlichem Inhalt (z. B. Oberammergau – Passionsspiele, die Celler Ostern usw.).

Immer schon wird in Theater und Kirche nicht nur irgendein Spiel vorgeführt, sondern immer wird alles dargestellt, inszeniert: Im Drama die Welt. Im Gottesdienst, in dramatischen Bogen gefasst, das ganze Leben. Darum geht es der Kirche in ihren darstellenden Formen, dem Gottesdienst vor allem: Den Spielplan Gottes in unseren menschlichen Rollen kreativ zu gestalten, schöpferisch ins Spiel zu bringen die Verheißungen. Über einen Text aus der Bibel zu predigen, heißt auch, diesen Text zu inszenieren im Gottesdienst (Henning Luther). Es ist wesentlich Auftrag der Kirche, die Beziehung zwischen Gott und Mensch in Szene zu setzen. Der Gott, zu dem die christliche Kirche sich bekennt, ist ein Gott in Beziehungen. Und wo Beziehungen sind, entstehen dramatische Formen, übrigens auch immer Formen der Liturgie.

Es geht im Raum der Kirche darum, das Evangelium so zu kommunizieren, zu inszenieren, dass die Wahrheit nicht abstrakt „vorgeführt“ wird, sondern dass die Wahrheit sich in der konkreten Situation für konkrete Menschen als Wahrheit ereignet. Entsprechendes gilt für das Schauspiel, so meine ich. Beide, das Geschehen auf  dem Theater und in der Kirche haben ihren Sinn nicht in sich selbst, sondern haben Verweisungscharakter. Sie verweisen auf die verkündete, hinter dem Dargestellten liegende Wahrheit.

III

Neben diesem Grundsätzlichen gibt es weitere Analogien zwischen Theater und Kirche.

Da sind die Räume, in denen die Inszenierungen sich entfalten: Die auf das Zentrum des Geschehens ausgerichteten Räume mit ihren Bühnen, den nie zufällig angeordneten Auftritten und Abgängen. Auch im Gottesdienst ist Dramaturgie – nämlich Liturgie! Und Bühne, Ort der Inszenierung: Altarraum, Chorraum, Kanzel, Lesepult, die Taufe – alle sogenannten Prinzipalstücke sind niemals zufällig angeordnet. Sie folgen dem Spielplan dessen, dessen Wort für wahr befunden worden ist. Es wird auf die Bühne gebracht, was Menschen berührt; es wird in Szene gesetzt, was außergewöhnlich, von allgemeiner Bedeutung ist oder sein soll. Und wer die Bühne betritt, weiß um den besonderen Ort, weiß, dass er gesehen wird – und will das auch!

Das, was am Theater Lampenfieber genannt wird, empfinde ich bis heute vor jedem Gottesdienst. Das ist die Spannung vor jedem Auftritt, das sichere Gefühl: Jetzt musst du dich zeigen mit dem, worum es Dir geht; Du wirst angreifbar und verletzbar. Und auch der kirchliche Darsteller braucht am Schluss der Vorstellung den Applaus, die Rückmeldung, dass angekommen ist, was er ausgesandt hat. Und dann sind da die Zuschauenden. Es gelingt immer wieder unterschiedlich gut, sie zu erreichen oder einzubeziehen in das Spiel. Und was für den Gottesdienst die Kerngemeinde, ist auf dem Theater die Gemeinde der Abonnenten. Sogar das Sakristei-Gebet vor Gottesdienstbeginn hat am Theater seine heidnischen Variante: dreimal über die Schulter spucken vor der Premiere!

Also: Wer am Theater oder in der Kirche arbeiten will, braucht eine gesunde Portion Narzissmus. Du musst auf die Bühne wollen, deine Rolle spielen, du musst „Rampensau“ sein wollen – wie wir das beim Theater genannt haben. Wer eine Botschaft „rüberbringen“ will, braucht den ausgeprägten Willen, gehört und gesehen zu werden. Wer zur Identifizierung einladen will, muss selber Bürge der Wahrheit sein, die er verkündet - so drückte der Theologe Ernst Lange es aus. Die Kunst der Darstellenden hier wie dort  ist es, den Narzissmus in den Dienst zu stellen der Botschaft. Darum braucht es die Professionalität der Darstellenden hier wie dort: Narzissmus und Selbstkontrolle – beides!

Der Schauspieler / Priester muss verstehen, was er tut. Zur Identifikation mit der Rolle gehören das Wissen und das Bewusstsein, dass es sich um Darstellung handelt. Identifikation ist nicht Verschmelzung. Jede Geste bleibt Geste. Für Brechts Theorie über den Beruf des Schauspielers gehört das ins Zentrum. Wo ein Schauspieler verschmilzt mit seiner Rolle, schafft er gefährliche Illusionen, ist Unterscheidung zwischen Realität und Spiel nicht mehr möglich.

Kein wirklich guter Schauspieler erliegt der Verführung, die Distanz zur Rolle ganz aufzugeben.

Damit diese Professionalität gewährleistet ist, braucht es die gute Ausbildung, die kritische Auseinandersetzung. Textkritik, Quellenkunde, Hermeneutik. Wir brauchen als Kirche die wissenschaftliche Theologie. Ohne sie kann nicht in Form kommen das Evangelium so, dass es hörbar, glaubbar wird. Wir brauchen die wissenschaftliche Theologie für Distanz und Nähe.

Ich glaube allerdings auch, dass die wissenschaftliche Theologie die Kirche braucht. Alle Theologie will praktisch werden. Sie ist nicht Selbstzweck. Sie braucht den darstellenden Raum.

Und ich glaube, wissenschaftliche Theologie ist mehr als Ausbildungswissenschaft für kirchliche Berufe. Die Gesellschaft, diese Kultur braucht die Theologie, die Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen unseres Lebens, die wir uns nicht selber schaffen. Sie braucht den Verweis auf Erfahrungen, die alle Erfahrung überschreitet. Sie braucht die kritische Auseinandersetzung mit Quellen des Lebens, der Kultur, des Denkens der Menschen.

IV

Zurück zum Spiel:

Schon während meiner Schulzeit habe ich für mich das Theaterspielen als eine Möglichkeit zu nutzen versucht, das, was mich beeindruckte, auszudrücken. Immer, dann auch im Studium, war für mich das Theaterspiel ein Spiel mit Nähe und Distanz. Der geschützte Raum der Inszenierung bot mir die Möglichkeit, die Realität aus der Distanz zu betrachten und zu begreifen und so mein eigenes Leben ins Spiel zu bringen. Dabei lag die Lust am Spiel gerade darin, andere auf dem Weg der Erkenntnis mitzunehmen. 

Prägend waren für mich Inszenierungen in Hamburg in den frühen 70iger Jahren: Der „Vietnam-Diskurs“ von Peter Weiß; Rolf Hochhuths „Stellvertreter“. Als ich Theater studierte, war die Hoch-Zeit des politischen Theaters, das die gesellschaftliche Auseinandersetzung auf die Bühne brachte. Wir wollten etwas mit dem Theater jener Zeit: Verändern, mitreißen, aufrütteln, ent-rüsten. Wir wollten, ganz im Sinne von Bertolt Brechts Theorie des „epischen Theaters“ die Realität zur Darstellung bringen; nicht Gefühlsbewegung und Gefühlsgenuss sollte die Wirkung des Theaters sein, sondern Belehrung des Verstands, Appell an den Willen der Menschen, die bessere Zukunft zu gestalten. Es soll mit Bertolt Brecht dem Theater nicht um eine schöne Darstellung nur gehen, sondern um Konfrontation mit der Realität, die schließlich über sie hinausführt.

Theater und Theologie haben in sich eine lebensdienliche Kraft dann, wenn sie anrühren, aufrütteln, in Bewegung bringen – wenn sie den Horizont öffnen hin zu dem, was verheißen ist, aber noch nicht erschienen!

V

Ein Beispiel aus unseren Tagen, am 11. März 2014 im Landestheater Schleswig-Holstein, Spielstätte Flensburg. Gegeben wird:

Hans Magnus Enzensberger, „Der Untergang der Titanic“ (1978).

Enzensberger nutzt den Untergang der Titanic 1912 als Allegorie für die Untergänge der Menschheit: gesellschaftlich, sozial, für Einzelne.

Protagonisten seines Stückes sind Figuren, die bereits mit dem Schiff untergegangen sind: Köchin, Heizer, Kapitän, Oberkellner, ein Banker, eine Ertrinkende, eine Sirene; ein Utopist und ein Zyniker. Dazu  ein Orchester, das die ganze Zeit auf der Bühne ist und spielt.

Der Zuschauer hat keine große Mühe, sich selber in dem Stück zu finden. Das Bühnenbild ist sparsam; eine Art treibende Tonne. Keine bildliche Anspielung an das Bordleben o.ä. Es geht gleich in die Deutung. Zur Darstellung kommt unser Umgang mit Katastrophen, mit Verdrängen, Beschönigen, Fliehen, sich Ergeben – von Hysterie bis Depression erleben wir alle Aggregat-Zustände der Seele. Es ist der Zyniker, der überraschend in seinen Text einfügt aktuelle Ereignisse.

Derzeit spielt sich am Landestheater Schleswig-Holstein ein reales Drama ab: eine der zentralen Spielstätten ist seit zwei Jahren wegen Baufälligkeit und Einsturzgefahr geschlossen. Es tobt zwischen den Gesellschaftern (Städte und Kommunen) und den politischen Parteien ein Streit darüber, was geschehen soll: Neubau an alter oder ganz anderer Stelle; Nutzung anderer Gebäude? Und ganz grundsätzlich: Braucht man überhaupt noch ein Theater als Theater oder ist es nicht besser, man baut einen Vielzwecksaal, wo auch die Feuerwehren sich versammeln können? – Alle reden mit. Theater kann jeder.

Über dem Streit und die Kostenberechnungen und immer neue Auftritte immer neuer Statiker droht das gesamte Landestheater mit seinen Spielstätten unterzugehen – und es spielt weiter, auch das Orchester…!

Nun plötzlich auf der Bühne der Zyniker. Beschreibt mit Enzensberger-Text das Szenario des Untergangs der Titanic, dieses Wunderwerks einer neuen Zeit, 1912, zwei Jahre vor dem Desaster von WK I. Wie bräsig die Menschen leben, wie sie verleugnen, verschlafen, verspielen. Der Banker, der mit Geld um sich wirft, merkt nicht, dass das Wasser ihm bis zum Halse steht.

Und dann ruft er: „Aktualisierung…“ – springt aus dem Text, bleibt aber in der Bewegung der Szene und sogar im Versmaß, im Tonfall, im Bild. Und berichtet nüchtern, was die Zeitungen am Tag darauf berichten werden: „Da tagt eine Ratsversammlung und hört den Bericht des 10. Statikers, hört Zahlen, die den Untergang bedeuten: 13,5 Millionen für die Reparatur, +30% für Unerwartetes. Und sie hören, als wäre es nichts, staunen, wiegen die Köpfe. Aber es ist ja nicht die ‚Schleiperle‘ oder ‚Schöne Aussicht 2‘ (zwei für den Tourismus in der Region immens wichtige Schleidampfer, die man seit Jahren mit hohen Steuergeldern über Wasser hält)“. Und dann, nahtlos, wieder der Originaltext: „Dann gehen sie aus ihrem trockenen Raum in den anderen trockenen Raum, sitzen auf ihrem trockenen Stuhl und schreiben auf ein trockenes Blatt Papier: ‚Es ist ja nichts passiert!‘“

Schon füllt die Gegenwart den Raum. Zuschauer kennen den Streit, sind Beteiligte irgendwie oder Betroffene dieses realen Untergangs. Und doch ist die „Aktualisierung“ nicht oberflächlich: sie wird zum Bild im Bild! Die, denen das Wasser nicht bis zum Halse steht, die im Trockenen sind, sehen nicht die anderen. Und es stimmt ja, was der Dialog zwischen dem Kapitän und der Köchin ausdrückt: Kapitän: „Was gibt’s?“ Köchin: „Eisberg, genau vor uns.“ Kapitän: „Vielen Dank. Der Aufprall war federleicht.“

Und noch etwas schwingt mit im Kampf mit oder gegen den Untergang, zwischen Hoffen und Bangen. Die Ertrinkende sagt: „Am liebsten möchten alle gerettet werden / auch du. / Aber ist das nicht zu viel verlangt / von einer Idee, von einer Vision?“

Und dann erklingt das Lied von John Lennon und Yoko Ono: „You may say I’m a dreamer, but I’m not the only one / I hope some day you’ll join us / And the world will live as one.”

Und schon ist – liturgisch – dramaturgisch – „übersprungen“ der Graben zwischen Geschichte und Gegenwart. Das Besondere ist ins Allgemeine gerückt. Und das Allgemeine darf  besonders sein.

Theatertheoretisch sehen wir hier das, was Bertolt Brecht den „Verfremdungseffekt“ nennt. Unerwartetes Herausstellen, Konfrontieren mit einer anderen Wirklichkeit. So, dass der Zuschauer sich nicht entziehen kann dem Spiel mit den Brüchen, den Spannungen; so, dass er sich selbst darin entdeckt mit der eigenen Geschichte. Seine Anteile entdeckt.

Der Text spricht hinein in die Lebenswirklichkeit der Welt. Wie die Liturgie jedes Gottesdienstes es tut.

Ich wünsche mir solche (Unter)brechungen im Gottesdienst, in den Ritualen, die ja genau mit diesen Ambivalenzen, diesen Brüchen spielen.

Genau das ist es, was ich „öffentliche Theologie“ nennen möchte: die Konfrontation unserer Realität mit der Realität Gottes. Da bricht ein die Realität des Reiches Gottes in die Realität der vorfindlichen Welt. Und es ist Gottesdienst im Alltag der Welt, öffentliche Theologie, wenn wir Stellung nehmen zu Themen der Zeit, wenn wir predigen so, dass die Verheißungen Gottes und unsere persönliche Lebenswelt miteinander „versprochen“ werden, wie Ernst Lange das genannt hat. Wenn wir Vorträge halten zu Wirtschaftsethik oder zu Gedenktagen. Wenn wir Gottes Heiliges Spiel zur Darstellung bringen und singen unsere Lieder ohne Unterlass…

Mit dem Enzensbergerstück haben wir das Beispiel einer Liturgie (die auf dem Theater Dramaturgie heißt): vom Treiben vor der Kollision über das Betrachten des konkreten Ereignisses (Kollision mit dem Eisberg): vom Unbegreiflichen bis zur Erkenntnis des Unabänderlichen. Dann die Beschreibung der Reaktionen auf die Kollision und den Untergang, die Suche nach Schuldigen und Versuche der Rekonstruktion der Havarie, die vom ursprünglichen Ereignis wegführen. Diese Distanzierungen ermöglichen es den Zuschauern, die eigenen Erfahrungswelten einfließen zu lassen: Die Vergangenheit mündet unausweichlich in die Gegenwart.

Ich empfinde dies als eminent theologisch. In der Verfremdung ist es die Beschreibung dessen, was jeden Sonntag in unseren Gottesdiensten passieren sollte: Gottes Wort wird als Verheißung und Gebot bezogen auf die eigene Lebensgeschichte. Aufgezeigt werden Spuren der Hoffnung im Du Gottes und im eigenen Ich…

VI

 In seinen „Schriften zum Theater“ führt Bertolt Brecht aus: „Die heutige Welt ist den heutigen Menschen nur beschreibbar, wenn sie als eine veränderbare Welt beschrieben wird.“ Dies ist für mich seither ein Postulat auch für meine Identität als Theologe. Darum nämlich geht es auch im darstellenden Handeln der Kirche, um die Konfrontation mit der Realität der Welt und mit der Realität Gottes. Es geht darum, diese Spannung zu inszenieren und ins Spiel zu bringen, sie begehbar zu machen, in Form zu bringen. Darum empfinde ich den Satz Brechts von der Notwendigkeit, die Welt als veränderbar darzustellen, als eminent theologischen Satz. Denn die Konfrontation mit dem Wort Gottes führt nicht in die Zufriedenheit, sondern in die Unzufriedenheit mit der Welt, wie sie ist; sie beruhigt nicht, sondern schafft Unruhe. Die Kreativität dieser Unruhe ist zu inszenieren und zu gestalten. Anders ist sie nicht auszuhalten. Theater und Kirche haben ihre Berechtigung da, wo sie in Bewegung, in Veränderung führen. Ja, es geht um nichts Geringeres als um die Wende vom Tod zum Leben!

Dazu braucht Kirche die Mittel des Theaters. Dazu brauchen wir das Spiel, die Lust und den Eros als Kraft des Lebendigen. Theater und Kirche sind nicht Räume der Fremdwahrnehmung nur, sondern der Selbstwahrnehmung. Das macht die Sache so faszinierend - gefährlich. Darum braucht es die Inszenierung, den in Szene gesetzten, geschützten Raum. Es geht der Vorführung um Führung hinein in die Geheimnisse des Lebens, ums Mitnehmen. Darum brauchen Theater und Kirche gute Führung, Regie, Darstellungskunst.

VII

Der Gottesdienst ist für mich der Ort, an dem das, was für mich existentielle Bedeutung in Theater und Kirche hat, Zuspitzung erfährt und auf den Prüfstand gerät. Zugleich ist aber das, was ich zum gottesdienstlichen Geschehen sagen will, exemplarisch zu verstehen für alle Verkündigungsformen, auch in der Seelsorge, im Unterricht und in Gesprächsrunden. 

Für mich stellt sich überhaupt nicht die Frage, ob Formen der Theaterkunst im Gottesdienst ihren Platz haben dürfen. Wenn Theater ein Sammelbegriff ist für darstellende Formen, dann ist Gottesdienst selbst Theater, in Szene gesetztes Drama. Die Liturgie ist der Spielplan für die Begegnung zwischen Gott und seinen Menschen. Und diese Begegnung braucht Inszenierung. Und weil es sich bei diesem Spiel um den Ernst des Lebens handelt, sind alle Eingriffe in diesen dramatischen Bogen mit höchster Vorsicht und Professionalität zu vollziehen.

In den letzten Jahren ist in unserer Kirche die Sehnsucht nach gestalteten Formen des Gottesdienstes neu erwacht. Und wir brauchen dringend die Kunst des Theaters und die Professionalität in der darstellenden Kunst, um diese Lebensader wieder zu öffnen.

Am vergangenen Donnerstag war ich in Coventry in England. Dort ist das Ineinander von Heiligem Spiel und öffentlicher Theologie sichtbar: da ist die Ruine der Kathedrale einerseits, die erinnert an die Bombardierung durch Nazi-Truppen im Jahr 1940. Man hat sie so gelassen, wie sie nach der Zerstörung der Stadt dalag. Man hat ein Nagelkreuz errichtet, zusammengesetzt aus im Feuer erhalten gebliebenen Zimmermannsnägeln – bis heute das Symbol von Zerstörung wie für Versöhnung zugleich. Und man hat eine Inschrift angebracht unter dem Altar: „Father forgive“. Nicht: Father forgive them!

Dort, an diesem Ort, wird täglich um 12:00 Uhr eine Versöhnungslitanei gebetet – bei jedem Wetter unter freiem Himmel. Und diese Litanei erinnert nicht an die Feinde von einst, sondern an das Sünder-Sein aller und an ihre Verführbarkeit.

Neben der Ruine steht seit 1992 eine neue Kathedrale. Sie ist durch ein „schwebendes Dach“ mit der Ruine verbunden. Die Wände im Innern sind dunkel. Über dem Alter erhebt sich eine riesige Darstellung des Christus als Auferstandener Regent. Er hat das Böse besiegt. Die Apokalyptischen Kräfte (Offb. 4) erliegen seiner Power.

Das ist das liturgische Programm, das Heilige Spiel mit dem Ernst des Lebens: aus der Schuld der Gewalt und des Hasses führt der Weg zu Christus. Und dann, wenn man von der Eucharistie oder vom Gebet zurück will zu seinem Platz oder zum Ausgang, sieht man auf eine riesige Glaswand, die den Blick frei gibt wiederum auf die Ruine, die nun aber im eintretenden Licht liegt.

Ja: Wenn Du Dich umkehrst, siehst Du das Licht. Und mit dem Licht im Blick gehst Du hinaus in den Alltag. Du siehst: die Ruine ist Ruine immer noch; Gewalt ist ruinös nach wie vor. Die Schuld ist sichtbar immer noch. Aber Du gehst und siehst all das in einem anderen Licht, fremd ins Licht getaucht. Widerstrebend strahlend.

„Go, serve the Lord!“ – heißt es deshalb am Schluss der Messe.

Gesegnete handeln anders, tun den Mund auf und die Hände: segensreich. Beten und Tun des Gerechten gehören zusammen.

Wir brauchen solche Orte, solche Inszenierungen der Wirklichkeit und der Realität Gottes in ihr, damit unser Leben sich entfalten kann. Wir brauchen Bilder des Lebens, damit wir uns ein Bild machen können. Das ist nicht nur eine christliche (Deutungs-)Aufgabe. Aber die christlichen Traditionen und Überlieferungen bieten solche Räume und Inszenierungen. Übrigens mit jeder Dorfkirche haben wir ein solches Kathedral-Spiel. Und die Menschen wissen das. Und kämpfen deshalb für ihre Kirchen. Auch, wenn sie an das Programm nicht glauben: das Heilige Spiel verstehen sie.

Vielleicht lohnt es sich, sich diesen Schatz der Kirche über Theater-Gesichtspunkte neu anzueignen, von außen sozusagen. Die Agende für unsere Gottesdienste ist eine Gestaltungs-Aufgabe. Und wer sich einmal dieses Drehbuch anschaut, die Agende, wird vielleicht, auch wenn er am gottesdienstlichen Geschehen nicht so teilnimmt wie ein Abonnent, den Reichtum der kreativen Formen entdecken: die Gänge, die Bewegung, die Spannung, die aufgebaut wird im Kyrie zum Beispiel, entlastet im Gloria; Wort und Antwort, Dialoge; Abendmahl, Segen - alles Szenen, die darauf warten, vielfältig im Gestalten neu entdeckt zu werden. Es geht im Gottesdienst darum, dass das Wort eine Gestalt gewinnt und dass das Evangelium aufgeführt wird. Darum singen wir ja auch zusammen im Gottesdienst.

Dieser dramatische Bogen muss immer neu inszeniert, gestaltet werden. Im Kontakt zu Text, Thema, Rolle, Zuschauer, Situation. Das ist das klassische Rollen-Studium. Keine Szene ist zufällig. Jeder Schritt deutet.

VIII

Es mag sein, dass in der Wahrnehmung vieler Menschen die Kirche als Institution an Bedeutung verliert – die von der EKD gerade veröffentlichten Ergebnisse der V. Kirchenmitglieder-Umfrage mögen das noch einmal beweisen. Aber wenn wir in diese Analyse einfach nur einstimmen, wenn wir sie auch als Binnenüberzeugung übernehmen, dann erst erfüllt sich die Rede vom „Bedeutungsverlust“. Das ist dann allerdings einer, den wir selbst erklären, dann machen wir uns selbst bedeutungslos. Es kommt darauf an, dass wir selbst überzeugt sind, bedeutend zu sein für diese Gesellschaft, unverzichtbare Stimme in den Debatten der Zeit. Daran haben wir zu arbeiten, theologisch, seelsorgerlich, lehrend: selbst-bewusst!

Was wir brauchen, um Kirche für das Volk zu sein, ist so etwas wie eine „öffentliche Theologie“: die Theologie, die Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes in Wort und Tat nicht nur in universitären Seminaren oder gemeindeinternen Gesprächskreisen, sondern laut: „ruft es von den Dächern“, sagt Paulus.

Der Auftrag, das Wort auszurichten an alle Welt (Matthäus 28), führt in eine (womöglich riskante) Diskussion, in Auseinandersetzung mit politischen, programmatischen Entscheidungen. Fragen an das Leben, Fragen nach Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung warten auf hörbare, verstehbare, nachvollziehbare Deutung im Licht des Evangeliums. Denn diese Fragen sind der Kern des Evangeliums, das, worauf es antwortet.

Das, was die Menschen ersehnen – seit Jesu Wanderung – ist Antwort auf bedrängende Fragen der Zeit, des individuellen wie gesellschaftlichen Friedens. Dass die Welt nicht unser Eigentum ist, sondern uns anvertraut, ist unser Glaube, der die Welt verändern kann. Dass Barmherzigkeit und Liebe stärker sind als Hass und Gewalt, ist unser Glaube, der die Welt verändern kann. Dass alle Menschen Gottes Ebenbilder und darin und deshalb gleich würdig sind, ist unser Glaube, der die Welt verändern kann. Dass Menschen, die auf der Flucht sind vor Verfolgung und Krieg und Hunger, Aufnahme finden müssen, dass wir mit ihnen teilen, was wir haben, ist unser Glaube, der die Welt verändern kann. Dass das Evangelium eine besondere Option für die Armen hat, ist unser Glaube, der die Welt verändern kann. Dass wir hier nur ein Teil der einen Welt sind, ist unser Glaube, der die Welt verändern kann. Daraus folgt, dass wir als Kirche nicht nur Kirche vor Ort sind, sondern uns verstehen als „Provinz der Weltchristenheit“; daraus folgt, dass wir ökumenische Kirche sind, vernetzt in aller Welt; daraus folgt unser großes Netz an Partnern und Projekten. Darin geben wir der Welt ein Bild, dass alles Leben miteinander zusammenhängt, dass Globalisierung nicht nur eine wirtschaftliche Erscheinungsform bleiben darf, die einige Sieger und viele Verlierer kennt: die andere Globalisierung ist die Haltung, die Frieden und Gerechtigkeit, Reichtum und Wohlfahrt teilt und die weiß, dass unser Leben hier Folgen hat auf der anderen Seite der Welt.

Daraus folgt die Einmischung in innere und äußere Angelegenheiten; daraus folgt unser Engagement für die, die am Rande sind; daraus folgt, dass wir werben für eine Willkommens-Kultur; daraus folgt auch unser Engagement für Kinder, für Bildung, für Alte, junge Erwachsene und alle Generationen. Und daraus folgt, dass wir pflegen unsere Gottesdienste und sie einladend gestalten, dass wir lebendig gestalten unsere Rituale und Sakramente, dass wir feiern das Leben am Tisch des Herrn: weil darin öffentlich und spürbar wird, dass die Welt veränderbar ist, nichts bleiben muss, wie es ist. Wir als Kirche sollen sein und sind es: ein Abbild, ein Erfahrungsraum für die Welt, wie Gott sie will. Das ist Volkskirche, wie sie lebt und bleibt.

Christenmenschen und Theaterleute können von der Welt nur reden als einer veränderbaren: Das Alte ist vergangen, siehe, ich mache alles neu! Um diese Sehnsucht der Menschen und um diese großartige Verheißung geht es auf der Bühne des Lebens. Und bei uns in den Kirchen. Dazu brauchen wir ein glaubwürdiges Ensemble derer, die auf die Bühne hinaus gehen und den Mund auftun, damit die Welt das Wort Gottes hört so, dass sie es nicht überhören kann!

Ich bin froh und dankbar dafür, dass wir so ein Ensemble an unseren vier Theologischen Fakultäten in der Nordkirche finden! Kritisch, begeistert, glaubwürdig.

Ich wünsche Ihnen allen ein gutes, gesegnetes Miteinander im neuen Semester!                                                            

Datum
01.04.2014
Quelle
Stabsstelle Presse und Kommunikation
Von
Gerhard Ulrich
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